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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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zu Radio Bremen wechseln müssen? Sabine war total nett gewesen. Die hatte zum Beispiel verstanden, dass unsereins zwischendurch auf Voicemail schalten musste, um mal eine ruhige Minute zu haben.
    Kaum hatte ich das Telefon wieder auf Empfang geschaltet, klingelte es auch schon los. »Elisabeth Karg am Apparat, was kann ich für Sie tun?« Die nächsten fünf Minuten verbrachte ich mit einem Dr. Dr. Peter Seibers, der wegen seiner fulminanten Erfolge auf dem Gebiet des Taubentrainings in die Sendung eingeladen werden wollte. Seine Tauben, beteuerte Dr. Dr. Seibers, könnten zwischen den Gemälden von Picasso und Monet unterscheiden. »Herr Dr. Seibers, Sie müssen Ihren Themenvorschlag bitte schriftlich einreichen.« Das interessierte ihn überhaupt nicht. Der Mann redete und redete. »Hören Sie, wir haben heute Sendung, ich habe jetzt wirklich keine Zeit mehr, Ihnen zuzuhören, und ich habe auch gar keinen Einfluss auf die Gästeauswahl. Bitte schicken Sie uns doch einen Brief oder eine E-Mail.« – »Sie müssen mir zuhören, ich bin Gebührenzahler!«, brüllte die Stimme im Telefon. Ich legte auf. Hatte ich wirklich mal geglaubt, Redaktionssekretärin beim Fernsehen wäre ein toller Job?
    Stunden später saß ich endlich im Bus nach Hause. Gleich konnte ich die Beine hochlegen und ein schönes Glas Rotwein trinken. Vielleicht würde ich noch ein bisschen lesen. Hauptsache, ich musste mit keinem Menschen mehr reden. An den Sendetagen konnte ich mich darauf verlassen, dass Knut schon schlief, wenn ich nach Hause kam. Mit ein bisschen Glück lag er im Bett und nicht auf dem Sofa.
    So leise es ging, schloss ich die Wohnungstür auf, hängte meinen Mantel an die Garderobe, ärgerte mich kurz, aber still über Knuts schmutzige Schuhe mitten im Flur und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Nur die Katzen lagen auf dem Sofa und hoben kurz den Kopf. Kein Knut. Gut.
    »Lilli, Schatz, da bist du ja endlich!« Mein Gatte erschien in der Küchentür. Hellwach und mit leuchtend rotem Kopf. Knuts Gesicht ist immer ein bisschen rot, das kommt von seiner friesischen Herkunft und der Arbeit im Freien, aber jetzt leuchtete sein Kopf wie ein Kürbis an Halloween. Drei Biere, schätzte ich, vielleicht auch vier. Hinter ihm in der Küche polterte etwas. Da war noch jemand. »Hey, Lilli, komm her, es gibt was zu feiern!« Die Stimme von Jens, Knuts Kollegen und bestem Freund, klang schon ein bisschen verwaschen. Knut fiel mir mitsamt seiner Bierfahne um den Hals. Ich stand stocksteif da und intonierte innerlich meine Lieblingstextzeile von Ina Müller: »Bitte, bitte spring doch vom Balkon«. Nicht zum ersten Mal fand ich es sehr bedauerlich, dass unser Wohnblock nur drei Stockwerke hatte und nicht acht oder zehn. »Was ist los?«, zwang ich mich zu fragen. Freundlich klang anders. Aber Knut hätte es wahrscheinlich nicht mal gemerkt, wenn ich, statt zu sprechen, gebellt hätte. »Samara ist schwanger!« Er strahlte vor Glück.
    Um Missverständnissen gleich vorzubeugen: Samara ist nicht etwa unsere Tochter. Unsere Tochter heißt Julia und könnte bestenfalls in andere Umstände geraten, wenn Windbestäubung auch bei Menschen funktionierte. Julia macht Karriere, für so etwas Überflüssiges wie Liebe hat sie keine Zeit. Für ihre Eltern übrigens auch nicht. Nein, um Julia ging es nicht. Samara maß einen Meter zwölf, wog sechsunddreißig Kilogramm, hatte lange rote Haare und war ein pralles Orang-Utan-Weibchen. Seit Samara ins Hagenbecker Affenhaus eingezogen war, um dort mit Männchen Siam möglichst viele Nachkommen zu zeugen, kannte ich ihren Zyklus besser als meinen eigenen. Ihr Pfleger, mein Mann, redete nämlich von fast nichts anderem. Nun war Samara also schwanger. Wie schön für Knut. »Wie schön für dich«, sagte ich, winkte Jens durch die offene Küchentür kurz zu, murmelte: »Bin müde«, und ließ die stolzen Männer allein. In unserem Ehebett mit dem Charme der Achtziger las ich noch ein bisschen in der Biographie von Coco Chanel. Die hatte ein Leben!
    Am nächsten Morgen weckte mich tatsächlich die Sonne. Wir hatten keine Vorhänge, weil uns niemand ins Fenster gucken konnte. Ich liebte Licht. Sonne hatte auf mich die Wirkung einer Frischzellenkur. Deshalb war ich auch noch ziemlich guter Laune, als ich mich an den Frühstückstisch setzte und mir Kaffee einschenkte. Knut hatte den Tisch gedeckt und las jetzt in einer Zeitschrift. »Morgen.« – »Morgen.« Er guckte nicht mal hoch. »Knut?« – »Was?« Ein
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