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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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Blutdruck schwankte schlimmer als eine Hafenbarkasse bei Schlechtwetter. »Das wird sich ja zeigen. Die Ärzte werden Sie schon gründlich durchchecken. Extra gründlich, würde ich sagen, nach dem, was Ihre Bekannte uns erzählt hat. Ich messe jetzt noch mal Ihren Blutdruck.«
    Welche Bekannte? Die Frau mit den Grübchen? Ich zermarterte mir das Hirn. Worüber hatte ich mit der Frau geredet? Bücher. Richtig, endlich fiel es mir wieder ein. Wir hatten über Bücher geredet. Die andere Frau hatte in »Eat Pray Love« gelesen. Ich hatte sie angesprochen und gefragt, worum es in dem Buch gehe. Dann waren wir bei Selbstfindung und Reisen gelandet, und … o Mist. Bei Haiti. Bei meinem Einsatz für die Erdbebenopfer.
    »Sagen Sie, haben Sie dort Sean Penn getroffen, den Schauspieler?« Der blondgelockte Sanitäter schaute mich aus seinen runden blauen Augen an wie ein Fünfjähriger, der gleich ein großes Stück Schokolade bekommt. Wahrscheinlich sah er schon eine Schlagzeile in der Morgenpost vor sich: »Hamburger Sanitäter rettet Freundin von Sean Penn das Leben«. Ich schwieg. Der Helfer in Weiß nicht. »Also, ich finde es schon großartig, was der Mann da leistet. Obwohl, so als Mensch soll er ja schwierig sein, hab ich gelesen. Und, wie isser wirklich?« – »Hören Sie, ich kenne Sean Penn nicht persönlich, und ich will jetzt hier raus!« – »Damit Sie bei uns die Cholera einschleppen?« So ein Idiot. Der brachte es fertig und ließ mich unter Quarantäne stellen.
    Jetzt bloß keinen Fehler machen. Natürlich hatte ich nicht vor, dem Jüngling auf seine pickelige Nase zu binden, dass ich vorhin im Café ein bisschen geschwindelt hatte. Kam gar nicht in Frage. Ich atmete tief durch. »Zu Ihrer Orientierung: Ich bin schon seit Wochen wieder in Hamburg. Die Cholera bricht aber spätestens nach fünf Tagen aus. Und wer sie hat, geht nicht mehr Kaffee trinken.« Man kann mir einiges vorwerfen, aber nicht, dass ich mich nicht auskenne. Ich lese wirklich viel. »Das können Sie mit den Ärzten klären«, erwiderte er, »ich hab schon vorgewarnt, dass wir einen Infektionsverdacht bringen.« – »Dann funken Sie jetzt noch mal, dass der Verdacht sich erledigt hat. Ich gehe doch nicht ins Krankenhaus, bloß weil Sie das Goldene Blatt lesen!« Zu spät. Durch die Scheibe erkannte ich das schöne alte Gebäude des Krankenhauses in St. Georg. Die Notaufnahme war aber ganz neu, wie ich zwei Minuten später feststellen durfte. Jetzt sollte mir besser etwas einfallen.
    Kurz darauf guckte ich statt in die blauen Augen des Sanitäters in winzig kleine braune. Könnte schon sein, dass diese Augen normalerweise größer waren, aber im Augenblick hingen die Lider schwer, und es hätte mich nicht gewundert, wenn der Arzt vor mir gleich eingeschlafen wäre. Er schaute auf sein Klemmbrett. »Sie sind der angebliche Choleraverdacht?« Das klang doch schon schön skeptisch. Wahrscheinlich wusste dieser Arzt, dass heutzutage unerfahrene Kindsköpfe im Rettungswagen unterwegs waren. Er selbst sah übrigens auch aus, als könnte er mein Sohn sein. Ich lächelte so strahlend, wie ich konnte. »Das ist alles ein Missverständnis.« Eine Krankenschwester schob hektisch eine Trage an uns vorbei, der Mann darauf blutete fürchterlich. Schnell schaute ich weg. Mir wurde immer schlecht, wenn ich Blut sah. »Hören Sie, ich bin völlig in Ordnung, der Rettungssanitäter hat da was falsch verstanden.« – »Waren Sie denn nun auf Haiti, oder nicht?« »Ähm, nein, das ist ja das Missverständnis – ich war auf Tahiti, nicht auf Haiti.« Also, wenn mir da jetzt nicht die perfekte Lösung eingefallen war, dann wusste ich auch nicht. »Und jetzt lassen Sie mich bitte gehen, es gibt hier weiß Gott Menschen, die Sie dringender brauchen.« – »Dachte ich mir doch, dass das Quatsch ist. Und Sie meinen wirklich, dass Sie in Ordnung sind?« – »Absolut!« Er guckte wieder auf sein Brett. »Der Blutdruck ist ja offenbar wieder stabil. Na gut. Aber gehen Sie in nächster Zeit besser mal zum Kardiologen.« – »Versprochen.« Ich unterschrieb ein Formular, dann durfte ich gehen. In der nächsten Besuchertoilette wischte ich mir das Blut aus dem Gesicht.
    Kaum stand ich draußen vor der Notaufnahme und hielt die Nase in die Sonne, holte ich reflexartig das Handy aus meiner Handtasche. Tina würde sich totlachen, wenn ich ihr die Cholera-Nummer erzählte. Gerade wollte ich den grünen Knopf für die Verbindung drücken, da fiel es mir wieder ein:
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