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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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mache ich mein Nickerchen gern zu Hause auf meinem Sofa.« Sie holte Luft und brüllte im Stakkato: »Und. Nicht. Etwa. Im. Regieraum. Während. Meiner. Sendung!«
    Zugegeben, die Journalistin mit dem Gartenbuch war ein bisschen dröge gewesen, aber musste die Berger Anette deshalb gleich so fertigmachen? Mitarbeitermotivation ging garantiert anders. Anette sah aus, als stünde sie kurz vor einem Sprung aus dem Fenster. Endlich ließ die Hexe von ihr ab und wandte sich wieder an alle. Unversehens umspielte ein Lächeln die zinnoberroten Lippen. »So, dann lasst mal hören, was ihr für die neue Sendung habt. Michael?« Ich hatte den Kollegen noch nie zuvor stottern hören. Er nannte zwei Schauspieler. Zu aller Erleichterung fand einer die Gnade der Chefin. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Anette hektisch auf ihrem Block herumstrich. Sie guckte die Berger nicht an, als sie endlich den Namen Ute Lemper in die Runde hauchte. Die Lemper war mit achtundvierzig noch mal Mutter geworden und redete offenbar gern darüber. Anette erntete ein gnädiges Nicken.
    Nach einer halben Stunde Quälerei war die grobe Auswahl der Gäste für die nächste Sendung geschafft. Jetzt fehlte nur noch der Normalo. Also jemand, der eine interessante Geschichte zu erzählen hatte, aber nicht prominent sein musste. Oder jemand, der noch ganz am Beginn seiner Karriere stand. Ich hatte schon oft gute Gäste für diese Rubrik entdeckt. Ich sage nur: Sarah Connor. Das ist natürlich schon ein paar Jahre her. Jetzt sagte ich: »Anna Depenbusch. Also, ich weiß nicht, ob ihr die kennt, ich bin da durch Zufall draufgestoßen, die hat gerade eine CD rausgebracht und die hat auch eine total interessante …« Weiter kam ich nicht. »Frau Karg. Wenn wir mit dieser Sendung an dem Punkt ankommen, an dem die Sekretärinnen die Gäste aussuchen, werde ich es Sie umgehend wissen lassen. Mir ist ohnehin nicht klar, warum Sie an dieser Konferenz teilnehmen. Also, in Zukunft nutzen Sie diese Zeit bitte sinnvoller.«
    Warum tat sich der Boden nicht auf? Warum stülpte mir niemand gnädig eine große Mütze über meinen glühend roten Kopf? Und warum fingen wir mit dem Meucheln nicht gleich jetzt an? Ich rannte aus dem Konferenzraum in mein Büro, raffte meine Sachen zusammen und floh aus dem Sender.
    Ja, ich benahm mich wie ein Kleinkind. Aber das war doch irgendwie passend, oder nicht? Genauso fühlte ich mich, wie ein abgekanzeltes Kleinkind. Wie ein sehr wütendes abgekanzeltes Kleinkind. So wütend, dass ich am Pförtner vorbei vom Gelände rannte, ohne – wie sonst – ein paar Worte mit ihm zu wechseln. So wütend, dass ich nicht den Bus nahm, sondern die knapp sechs Kilometer bis nach Hause lief, ohne stehen zu bleiben. Vor dem Hauseingang stand mal wieder ein Kinderfahrrad im Weg, ich trat dagegen und es donnerte gegen die Mülltonnen. Wirklich, ungeheuer erwachsen. Ich suchte in meiner Tasche nach dem Hausschlüssel und ließ ihn fallen, kaum dass ich ihn in den Fingern hatte. Endlich steckte er im Schloss. Aber noch bevor ich ihn drehen konnte, ging die Tür auf, und ich hatte eine Erscheinung. Da stand der blondgelockte Sanitäter mit den babyblauen Augen und sagte: »Hi, ich bin Lars Meine, der neue Nachbar. Kenn ich Sie nicht von irgendwoher?« – »Nein, tut mir leid, sicher nicht«, brachte ich hervor und floh die Treppe hinauf. Er war es wirklich und er war der Nachmieter von Helen und Thomas. Sein Name stand auf ihrem Klingelschild. Das hatte mir noch gefehlt.
    Oben in der Wohnung rollte ich mich auf dem ollen Sofa zusammen und heulte unseren Katzen Paul und Paula die Felle nass. Als Paula mir die Nase leckte, ging es mir ein bisschen besser. Dann fiel mir endlich ein, was sechsundvierzigjährige Frauen normalerweise tun, wenn es ihnen schlechtgeht. Was eigentlich alle Frauen tun, sobald sie körperlich dazu in der Lage sind, einen Telefonhörer zu halten. Genau. Sie telefonieren. Stundenlang. Vorzugsweise mit einer anderen Frau.
    Tina ging nicht ans Telefon. Hätte ich mir denken können. Helen auch nicht. Ich wählte die Nummer von Julia. Meine Tochter nahm tatsächlich ab. »Meine Güte, Lilli, wegen so etwas rufst du mich an?« Seit sie zehn war, sagte sie nicht mehr Mama oder Papa. »Sei bloß froh, dass du nicht in der freien Wirtschaft arbeitest, da kann man sich solche Empfindlichkeiten nämlich nicht leisten. Außerdem weiß ich wirklich nicht, was dein Problem ist. Du bist nun mal Sekretärin und nicht Redakteurin, da hat deine Chefin
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