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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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Orang-Utan zierte das Cover des Magazins, in dem er las – nicht wirklich überraschend. Wie lange sollte ich das noch aushalten? Ich wollte ein affenfreies Wochenende. Oder wenigstens ein affenfreies Frühstück. Knut angelte nach seiner Kaffeetasse. Ich sah von ihm nur den Arm und sein leicht schütteres Haupthaar. Noch war das meiste davon rotblond, aber die ersten grauen Strähnen waren nicht zu übersehen. Ich wartete, ob noch etwas kam. Nein. Sah so aus, als müsste ich mich zum Affen machen, um die Aufmerksamkeit meines Gatten zu erregen. Als ich mit den Fäusten auf meinen Brustkorb trommelte und brüllte, sah Knut mich tatsächlich an. »Sag mal, Lilli, bist du irre?« – »Fahren wir nachher zu Ikea?« – »Was willst du denn da?« Statt des geplanten Stöhnens entfuhr meiner Kehle eine Art Grollen. »Knut, seit Wochen sage ich dir, dass wir ein neues Sofa brauchen.« – »Für mich ist das alte noch bestens.« Knut hasste Veränderungen. »Außerdem ist Samstag, da werden wir bei Ikea totgetreten.« Knut hasste auch Ikea. Und alle anderen Möbelhäuser. »Wann sonst?« Aber für Knut war das Gespräch beendet.
    Eine Stunde später war mein Mann an seinem freien Wochenende in den Zoo gefahren, ich hatte den Frühstückstisch abgeräumt, das Bad geputzt, das Wohnzimmer mit dem schäbigen Sofa gesaugt und stand vor dem Kleiderschrank. Also gut, Knut, dachte ich, vergessen wir Ikea, du hast es so gewollt.
    In einem Karton mit der Aufschrift »Hochzeitsschuhe« auf dem Boden des Schrankes lag glänzend meine blonde Zweitfrisur. Ich zog auch den hellen Hosenanzug aus seinem Versteck hinter den Wintermänteln. Ach, dieser feine Stoff! Ich strich mit der Hand über die superzart gewebte und edel schimmernde Schurwolle. Der Anzug war elegant, aber nicht extravagant. Genau richtig. Ich hatte ihn im Ausverkauf bei Strenesse gefunden. Leider hatte er immer noch mehr gekostet als unser Flachbildfernseher, aber das musste ja niemand wissen. Wozu besaß eine Frau denn sonst ein eigenes Konto? Die passende schokoladenbraune Bluse war aber wirklich ein Schnäppchen gewesen. Jetzt noch die dunkelbraunen Pumps, dann das dezente Make-up und dazu der Lippenstift. »Brown Sugar« hieß die Farbe. Ich fand, sie passte perfekt zu dem Blond und dem hellen Blazer. Fertig.
    Die graue Maus Lilli Karg war verschwunden. Vor mir im Spiegel stand Lillian Reich, die elegante und erfolgreiche Ärztin. Ich prüfte noch, ob ich den Spendenaufruf für »Ärzte ohne Grenzen« in der Tasche hatte, dann machte ich mich auf den Weg in die City.

2
    D as grelle Licht im Auge war unangenehm. Ich blinzelte und wischte den Finger, der mein Augenlid anhob, aus dem Gesicht. »Na also, da sind Sie ja wieder.« Die Männerstimme war so fremd wie der stechende Geruch, der meine Nase reizte. »So, junge Frau, schön ruhig liegen bleiben. Wir bringen Sie jetzt ins Krankenhaus.« Was? Ich drehte den Kopf, und mein Blick fiel auf einen kleinen hellen Blutfleck am Saum eines weißen Kittels. Weißer Kittel, weiße Hose. Sanitäter. Rettungswagen. Wie zum Teufel kam ich hierher? Jemand schloss von außen die Türen des Wagens. Der Motor sprang an.
    Eben hatte ich doch noch Kaffee getrunken. Genau. Einen großen Milchkaffee, ich schmeckte ihn noch auf der Zunge. Streng dich an, Lilli, was war noch? Langsam kristallisierte sich ein Bild. Ich sah mich in meinem Lillian-Outfit im Stehcafé an der Ecke vom Rathausmarkt, mir gegenüber am Tisch eine Frau mit kurzen braunen Haaren und Grübchen. Was hatte ich der Frau erzählt? Fiel mir jetzt nicht ein. Nur, dass mir plötzlich schummrig geworden war. Danach war alles weg.
    »Da sind Sie aber wirklich unglücklich gestürzt, das war eine ganz schöne Sauerei da in dem Laden.« – »Hm?« Der Sanitäter lachte. Er sah aus wie siebzehneinhalb, so sehr lange konnte der diesen Job noch nicht machen. »Sie sind auf die Nase gefallen und haben denen im Café ihren weißen Marmorboden vollgeblutet, das sah echt beeindruckend aus. Ihre Jacke hat auch was abgekriegt.« Erst jetzt sah ich den großen Blutfleck an meinem Ärmel. Er sagte: »Lassen Sie mal sehen.« Sein Interesse galt selbstredend nicht dem Fleck auf meiner Jacke, er drückte an meiner Nase herum. »Ich glaub nicht, dass die gebrochen ist. Die Blutung hat auch aufgehört.« Ich wollte mich aufsetzen, war aber festgeschnallt. »Hören Sie, ich muss nicht ins Krankenhaus, das war nur eine kleine Kreislaufschwäche, passiert mir manchmal.« Das stimmte, mein
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