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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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ich ihm so ziemlich alles zu. Der Mann war seit neuestem ein wandelnder Knalleffekt. »Es gibt gar kein Buch.« Was? »Das haben wir uns ausgedacht, damit du Urlaub nimmst und wir zwei ein paar Monate wegbleiben können.« – »Willst du mir sagen, ihr habt mich belogen? Alle beide?« Ich konnte es einfach nicht glauben. Er nickte kleinlaut. »Ging ja nicht anders, damit die Überraschung klappt. Tina meinte, unter bestimmten Umständen wäre so eine kleine Mogelei zu rechtfertigen, du würdest das schon verstehen. Sie hatte da so ein Fachwort dafür, pro…« – »Prosozial«, ergänzte ich tonlos. Dieses Aas!
    »Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel«, meinte Tina leichthin, als ich am nächsten Abend wutschnaubend wie einst Jeanne d’Arc in ihre Wohnung stürmte. »Und so wie ich Knut am Telefon verstanden habe, ist genau das passiert, was wir uns erhofft hatten. Vor allem natürlich er. Also: Zweck erfüllt. Komm, reg dich ab, ich mach einen Prosecco auf.« Ausgerechnet. Mit dem Zeug hatte diese Geschichte schließlich angefangen. »Außerdem«, sagte Tina, »ich finde, eine Weltreise entschädigt für einiges.«
    »Aber ich hab dir jedes Wort geglaubt!« – »Darf ich aus einem Artikel zitieren, den auch du kennst? ›Erfolgreiche Betrüger studieren ihre Opfer genau, um herauszufinden, an welchen Punkten diese anfällig sind für Schmeicheleien. Kühl analysieren sie das Selbstbild oder das Wunschbild ihres Gegenübers.‹ Zitat Ende.« Der Prosecco floss perlend in die Gläser. Ich mochte ihn nicht trinken. »Du glaubst also nicht, dass ich schreiben könnte.« Dieser Gedanke war der schmerzlichste. Ich selbst hatte gerade angefangen zu glauben, dass ich es könnte. – »Falsch, meine liebe Lilli. Das glaube ich sehr wohl. Aber schreib Geschichten. Von mir aus auch deine eigene. In Romanform. Ein weiteres Sachbuch zum Thema Lüge, das kann selbst ich nicht verkaufen. Und nun stoß schon an. Du machst eine Weltreise – ich beneide dich!«
    Wer weiß, vielleicht werde ich wirklich versuchen, einen Roman zu schreiben, wenn ich wieder da bin. Als Protagonistin sehe ich eine international erfolgreiche Trickbetrügerin. Am Anfang der Geschichte ist sie eine kleine Bankangestellte in Südfrankreich. Unscheinbar, eine graue Maus, mit einem kleinen Alkoholproblem. Eines Tages steht ein Mann vor ihr am Schalter, und … »Lilli, wo bleibst du? Das Taxi kommt gleich.«
    Kurz darauf schließe ich die Tür zu unserer Wohnung ab. Knut hat die größeren Koffer schon nach unten getragen und kommt noch einmal hoch, um mir mit dem Handgepäck zu helfen. Ich trage meinen geliebten hellen Hosenanzug mit der braunen Bluse. Heute fliegen wir erst einmal nach Venedig und von dort aus dann vier Tage später für eine Woche nach London. Nächste Station: Island. Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir diese Reise wirklich machen. Selbst Lillian wäre aufgeregt gewesen.
    Los geht’s. Gerade zerre ich den kleinen Rollkoffer die Treppe runter und versuche zu verhindern, dass mir die Gucci vom Arm rutscht, da höre ich eine Stimme rufen: »Jetzt weiß ich’s!« Ich sehe auf und darf mich am Anblick strahlender babyblauer Augen erfreuen, die mir direkt ins Gesicht schauen. »Sie sind diese Schauspielerin! Warten Sie – den Namen hab ich gleich – Katja Flint! Ich wusste, ich würde draufkommen.« Knut sieht aus wie ein lebendes Fragezeichen, als ich den Finger an den Mund lege und dem Sanitäter zuflüstere: »Aber das bleibt unter uns!«

Epilog
    M ein Körper ist ein Sieb. Alles Wasser, das ich oben in mich hineinschütte, kommt sofort aus tausend Poren wieder raus. Nie in meinem Leben habe ich so geschwitzt. Vor mir hackt ein Träger in Badelatschen mit einem großen Messer einen Weg durch den Urwald. Es geht schon wieder bergauf. Auch Knut ist schweißnass und atmet schwer. Ich will jetzt mal nicht von den Moskitos reden, die uns umschwärmen. Die sind zu ertragen. Aber in jeder Pause muss ich meine Trekkingschuhe ausziehen, und Blutegel von meinen Füßen abziehen. Die Prozedur läuft folgendermaßen ab: sich von einem der Raucher in unserer Gruppe eine Zigarette leihen, sie anzünden, die Glut auf den Egel drücken und dann das eklige Vieh vorsichtig entfernen. Danach die Wunde mit Asche einreiben. Ich muss sagen: London hat mir besser gefallen, Sydney auch. Von New York ganz zu schweigen.
    »Ich habe noch eine Überraschung für dich«, hat Knut mir vor drei Tagen in Singapur ins Ohr gesäuselt. »Wir fliegen nach
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