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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes
Autoren: Heather Terrell
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ist er? Wo ist Michael?«, fragte ich. Ich gab mir alle Mühe, stark und unbeugsam zu klingen, obwohl es in meinem Innern weiß Gott anders aussah.
    »Er ist hier, Ellspeth. Und er ist wohlauf.«
    »Warum sollte ich dir glauben?«
    Semjaza machte – allen Ernstes! – ein gekränktes Gesicht. »Ich würde ihm niemals etwas antun. Genau, wie ich dir niemals etwas antun würde. Ich weiß, wie viel Michael dir bedeutet, und ich würde dich niemals dem Schmerz eines solchen Verlustes aussetzen.«
    Er klang aufrichtig. Ich glaubte, dass er mir nichts Böses wollte. Ob es an meiner Rolle als Auserwählte lag oder daran, dass ich seine Tochter war, wusste ich nicht. Und in jedem Fall bezweifelte ich, dass dasselbe auch für Michael galt.
    »Hast du deswegen diesen letzten Spielzug angeordnet – obwohl du ganz genau wusstest, dass er sich dabei verletzen würde? Sag mir, wo er ist!«
    »Ellspeth, ich habe den Spielzug angeordnet, weil das die einzige Möglichkeit war, in der knappen Zeit, die uns noch verbleibt, diese Begegnung herbeizuführen«, erwiderte er ruhig. Und dann lächelte er. Er sah aus wie ein geduldiger Vater, der abwartete, bis der Trotzanfall seines Kindes vorbei war, damit er ihm in aller Ruhe etwas erklären konnte.
    In diesem Augenblick kam Michael aus der Dunkelheit auf uns zu.
    »Ich bin hier, Ellie. Semjaza hat recht, mir geht es gut.«
    Michael trat auf mich zu, als wolle er beweisen, dass ihm nichts fehlte. Tatsächlich konnte ich keinerlei Anzeichen der Verletzung mehr erkennen, die er auf dem Spielfeld doch ohne jeden Zweifel gehabt hatte. Ich wollte ihn gerade an Hand nehmen, damit wir gemeinsam den letzten der Gefallenen töten konnten, als mir ein sehr beunruhigender Gedanke kam. Michael hatte ihn Semjaza genannt. Wenn er wusste, wer er war – warum stand er dann tatenlos herum?
    Michael machte noch einen Schritt auf mich zu und legte mir die Hände an die Wangen. »Ellie, es ist Zeit.«
    Zeit wofür? Langsam verstand ich gar nichts mehr. Aber nach all den Problemen, die wir gehabt hatten – die Eifersucht und die Streitereien und Rafe und Football –, fühlte sich seine Berührung so wundervoll an. So beruhigend. Fast hätte ich meine Verwirrung vergessen und jeden Widerstand aufgegeben.
    Aber nur fast. Erinnerungen an Ezekiel schossen mir durch den Kopf. War Michael zu Semjazas willenlosem Automat geworden? Versuchte er jetzt, mich ebenfalls einzuwickeln?
    »Michael, nein!« Entsetzt wich ich vor ihm zurück. »Du hast es mir versprochen! Du hast mir versprochen, dass so was nie wieder passiert!«
    »Schau mich an, Ellie. Es ist nicht so wie bei Ezekiel.«
    Ich musterte ihn eingehend. Er hatte recht. Keine glasigen Augen, keine Bewegungen wie unter Drogen. Im Gegenteil, er strotzte förmlich vor Gesundheit und Energie. Trotzdem war irgendetwas an ihm anders. Ich konnte nur nicht genau sagen, was.
    »Was hast du mit ihm gemacht?« Ich wirbelte zu Semjaza herum.
    »Ellspeth, mein allerliebster Schatz. Ich habe ihm nichts angetan. Ich habe Michael lediglich erklärt, wer er ist, das ist alles.«
    Auch das klang auf unheimliche Art und Weise wie ein Echo unseres Gesprächs mit Ezekiel. »Wir wissen, wer wir sind. Wir sind die Nephilim, und unsere Aufgabe ist es, die Gefallenen zu vernichten«, antwortete ich, dann fügte ich noch hinzu: »Das schließt dich mit ein.«
    »Mein geliebtes Kind. Ihr seid so viel mehr als nur die Nephilim. Du und Michael, ihr seid –«, begann Semjaza, aber Michael fiel ihm ins Wort.
    »Ellie, es gibt einen ganz bestimmten Grund, weshalb in der Prophezeiung von zwei Nephilim die Rede ist.« Sein fester, fast gebieterischer Tonfall machte endgültig klar, dass er nicht unter Semjazas Einfluss stand. Aber was zum Kuckuck ging dann hier vor?
    »Wir haben beide eine besondere Aufgabe zu erfüllen.«
    »Ellspeth, mein Schatz«, fuhr Semjaza an Michaels Stelle fort. »Du bist die Auserwählte, wie du weißt. Du wirst, sobald das siebte Siegel geöffnet ist, über alle Wesen der Erde richten. Und nachdem du dies getan hast – nachdem du alle Wesen auf der Erde gerecht beurteilt haben wirst, so, wie ich es mir erhoffe –, wird Michael seinen Platz an der Spitze einer neuen Weltordnung einnehmen.«
    Jetzt endlich machte es klick – und mir rutschte das Herz in die Hose. Das siebte Siegel. Das Erscheinen eines neuen Herrschers nach der Apokalypse. Eines Anti-Messias, wie einige Experten behaupteten.
    Und wenn es nach Semjaza ging, sollte Michael dieser Anti-Messias
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