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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)
Autoren: Charlotte Brontë
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glücklich – glücklicher als Worte es beschreiben können, weil ich meinem Gatten ebenso teuer bin, ebenso unentbehrlich, wie er es mir ist. Keine Frau stand ihrem Gatten jemals näher als ich dem meinen: Ich bin Blut von seinem Blute, Fleisch von seinem Fleisch. Edwards Gesellschaft ermüdet mich niemals; er ist keine Stunde ohne mich; der Pulsschlag seines Herzens ist der meine, mein Pulsschlag ist der seine. Beieinandersein bedeutet für uns, so froh zu sein wie in großer Gesellschaft und so frei zu sein wie in absoluter Einsamkeit. Ich glaube, wir sprechen den ganzen Tag miteinander, denn zu reden ist nur eine hörbare und lebhaftere Art des Denkens. Er besitzt mein ganzes Vertrauen und er hat mir vollständig das seine geschenkt. Da unsere Charaktere in jeder Beziehung zueinander passen, ist das Resultat eine vollkommene Übereinstimmung.
    Während der ersten zwei Jahre nach unserer Heirat blieb Mr. Rochester blind, und vielleicht war es gerade dieser Umstand, der uns so fest aneinanderkettete und uns so unauflöslich verband. Damals war ich sein Augenlicht, wie ich noch heute seine rechte Hand bin. Ich war, wie er mich so oft nannte, buchstäblich sein Augapfel. Er sah die Welt und alle Bücher durch mich, und ich wurde es niemals müde, mich ihm zuliebe umzuschauen und die Eindrücke in Worte zu kleiden, welche die Landschaft vor uns, welche Felder,Bäume, Stadt, Strom, Wolken und Sonnenstrahlen, Wind und Wetter auf mich machten, und durch Laute seinem Ohr das verständlich zu machen, was sein Auge nicht mehr in sich aufnehmen konnte. Niemals wurde ich es müde, ihm vorzulesen, niemals wurde ich es müde, ihn hinzuführen, wohin er geleitet sein wollte, für ihn zu tun, was er getan haben wollte.
    Und diese Dienstleistungen machten mir eine zwar traurige, aber doch außerordentliche Freude, weil er sie ohne quälende Scham, ohne bedrückende Demütigung von mir verlangte. Er liebte mich so wahrhaft, dass er niemals zauderte, meine Hilfeleistungen in Anspruch zu nehmen; er fühlte, dass ich ihn so zärtlich liebte, ihm so blind und innig ergeben war, dass es mein größtes Glück war, ihm diese Pflege angedeihen zu lassen.
    Am Ende jener zwei Jahre, als ich eines Morgens bei ihm saß und einen Brief nach seinem Diktat schrieb, kam er zu mir und beugte sich über mich. Nach einigen Augenblicken sagte er:
    »Jane, trägst du einen blitzenden Schmuck um den Hals?«
    Ich trug eine goldene Uhrkette und antworte: »Ja.«
    »Und hast du ein mattblaues Kleid an?«
    Auch dies war der Fall. Nun teilte er mir mit, dass es ihm schon seit einiger Zeit schien, als ob die Dunkelheit, welche das eine Auge bedeckte, weniger dicht und undurchdringlich sei – jetzt aber wäre er dessen gewiss.
    Wir reisten zusammen nach London. Er fragte einen hervorragenden Augenarzt um Rat, und in der Tat erlangte er die Sehkraft des einen Auges wieder. Er vermag zwar noch nicht ganz deutlich zu sehen, und er darf weder viel lesen noch schreiben, aber er findet den Weg, ohne an der Hand geführt zu werden. Der Himmel ist keine farblose Fläche mehr für ihn und die Erde kein leerer Raum.
    Als man ihm seinen Erstgeborenen in die Arme legte, konnte er sehen, dass der Knabe seine Augen geerbt hatte,wie sie einst gewesen waren: groß, glänzend und schwarz. Und bei dieser Gelegenheit erkannte er noch einmal an, dass der allmächtige Gott inmitten der Strafe Gnade habe walten lassen.
    Edward Rochester und ich sind also glücklich, und das umso mehr, weil alle jene, welche wir lieben, ebenfalls glücklich sind. Diana und Mary Rivers sind beide verheiratet; abwechselnd kommt eine von beiden jedes Jahr, um uns zu besuchen, und ebenso reisen wir zu ihnen. Dianas Gatte ist ein Kapitän der Marine, ein tapferer Offizier und ein guter Mann. Marys Gemahl ist ein Geistlicher, ein Studienfreund ihres Bruders. Seine Grundsätze und seine Vorzüge machen ihn seiner vortrefflichen Gattin durchaus würdig. Kapitän Fitzjames und Mr. Wharton lieben ihre Frauen und werden von ihnen geliebt.
    Was St. John Rivers anbetrifft, so verließ er England und ging nach Indien. Er betrat den Weg, welchen er selbst sich vorgezeichnet hatte, und noch heute wandelt er auf demselben. Niemals hat ein unermüdlicherer, entschlossenerer Pionier zwischen Felsen und Gefahren gewirkt. Fest, treu und ergeben, voll Energie, Eifer und Wahrheit – so arbeitet er für das Menschengeschlecht; mit Mühe und Anstrengung macht er ihm den schweren Weg zum Heil frei; wie ein Riese
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