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Intruder 1

Intruder 1

Titel: Intruder 1
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Brille«, erklärte Frank. »Strasssteine. Rhinestones auf Amerikanisch. Die meisten zweitklassigen Übersetzer machen Rheinkiesel daraus. Kannst du dir eine Brille vorstellen, die mit Rheinkieseln besetzt ist?«
    »Kommt ganz darauf an, wer sie trägt.« Stefan lachte und sah auf die Uhr. »Leute, allmählich werde ich müde. Es wird Zeit, dass wir ins Bett kommen.«
    Endlich fuhren sie weiter. Es konnte jetzt nicht mehr weit bis zum Hotel sein, aber Mike hatte hart zu kämpfen, um auf den letzten Meilen nicht doch noch einzuschlafen. Schließlich rollte die Limousine die Zufahrt eines Hotels hinauf, das weitaus größer war, als Mike insgeheim befürchtet hatte. Mit nur noch mühsam koordinierten Bewegungen öffnete er die Tür, fiel mehr aus dem Wagen, als er hinausstieg, und schlurfte mit hängenden Schultern die Treppe hinauf und auf die Rezeption zu. Das junge Ding dahinter hätte er normalerweise als attraktiv empfunden; jetzt fiel ihm nur auf, dass sie ziemlich geschmacklos gekleidet war - und auf seine Hose starrte.
    Mike schenkte ihr das eisigste Lächeln, das er zustande brachte, griff wortlos in die Tasche und legte ebenso wortlos das Heft mit den Hotelcoupons auf die Theke, das er im Reisebüro bekommen hatte. Das Mädchen sagte irgendetwas, das er nicht verstand und auch gar nicht verstehen wollte, und Mike drehte sich wieder herum und ging nach draußen. Stefan mühte sich mit ihren Gepäckrollen und den beiden übergroßen Nylontaschen ab, die Frank zusätzlich mitschleppte - wie Mike ihn kannte, hatte er wahrscheinlich einen Wintermantel, drei Paar pelzgefütterte Handschuhe und mindestens ein halbes Dutzend Wollpullover eingepackt, obwohl sie im schon recht heißen Mai mitten durch die Wüsten von Arizona, Utah und Nevada fahren würden! Frank selbst schien einen kleineren Disput mit dem Chauffeur der überdimensionierten Limousine auszufechten. Mike hatte eine ungefähre Vorstellung, worum es dabei ging.
    Er wollte gerade zurückgehen und seinem Freund in schlechtem Englisch beispringen, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm: Ein schwarzer, schon ziemlich betagter Van rollte auf den Parkplatz, und als die Türen aufgingen, hatte er den endgültigen Beweis, dass sie in Nordamerika waren.
    Indianer. Es waren richtige, echte Indianer: ein Mann, eine Frau, eine zweite, sehr viel ältere Frau und ein vielleicht fünfjähriger Junge; offensichtlich eine ganze Familie. Sie trugen weder Mokassins noch Federschmuck im Haar, sondern ganz normale Freizeitkleidung, Jeans, Hemden und Straßenschuhe, aber es waren eindeutig Indianer, und etwas Seltsames geschah: Mike kam sich eindeutig albern vor, aber er fühlte sich plötzlich wie ein Kind, das leibhaftigen Helden aus seinen Abenteuergeschichten gegenübersteht. Natürlich war das Blödsinn. Die vier sahen weder besonders gut noch irgendwie edel aus.
    Die Frau war alles andere als eine Schönheit, der Mann wirkte eher wie ein alkoholkranker Reservatsindianer als wie Winnetous großer Bruder, und der Junge machte einen verhaltensgestörten, beinahe schwachsinnigen Eindruck.
    Trotzdem waren es Indianer - Navajos, vermutete Mike, jedenfalls nach allem, was er sich in der Vorbereitung auf diesen Trip über Arizona und Utah angelesen hatte -, und Mike starrte sie mit unverhohlener Faszination an.
    Offensichtlich fiel dies nicht nur Stefan auf, der kurz und irritiert zu ihm hochsah, sondern auch den Indianern selbst. Der Mann sah ihn kühl und fast feindselig an und sagte dann etwas zu der älteren Frau, was sie mit einem Achselzucken und einer wenig freundlichen Geste quittierte. Der Junge aber blieb stehen, legte den Kopf auf die Seite und blickte Mike aus schmalen, zu Schlitzen verengten Augen an. Dann hob er die Hand, deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf Mike und sagte ein einzelnes Wort, das nicht amerikanisch klang.
    Sein Vater antwortete mit einem rauen Lachen darauf, sah wieder in Mikes Richtung und schlug sich dann mit der flachen Hand auf den Schritt.
    Mike drehte sich abrupt zur Seite und ballte in einer Aufwallung sinnlosen Zorns so heftig die Fäuste, dass seine Gelenke krachten. Er musste sich beherrschen, um nicht etwas Unhöfliches zu sagen, etwas, das sogar die vier Rothäute begriffen hätten. Es war schließlich nicht ihre Schuld. Der Junge war ein Kind, verdammt noch mal, und Kinder waren nun einmal per Definition brutale kleine Monster. Was erwartete er eigentlich, wenn er in einer Hose herumlief, die aussah, als
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