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Intruder 1

Intruder 1

Titel: Intruder 1
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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weit verfehlt und stattdessen Mikes Schoß in einen braunen See verwandelt.
    Frank war in schallendes Gelächter ausgebrochen, während Stefan eine wenig originelle Bemerkung gemacht hatte, die irgendetwas mit der Kombination aus weißen Jeans und Trans-kontinentalflügen zu tun hatte. Angesichts des deutlich sichtbaren gelbbraunen Flecks auf dem Schoß seiner weißen Jeans hatte es Mike für den Rest des Fluges nicht mehr gewagt, von seinem Platz aufzustehen.
    Und das war nur eine von Dutzenden kleinerer und größerer Gehässigkeiten gewesen, die das Schicksal für sie auf dem Flug von Düsseldorf nach Phoenix bereitgehalten hatte. Wenn er zurück war, dachte er, würde er ein Buch darüber schreiben.
    Oder vielleicht auch nicht. Glauben würde ihm diese Anhäufung gottgewollter Bosheiten sowieso niemand.
    »Mike!«
    Er drehte sich erschrocken herum und blinzelte in die Runde.
    Im ersten Moment sah er nichts außer einer Ansammlung ausnahmslos schlecht gelaunter Fluggäste, die wie er darauf warteten, dass ihr Gepäck endlich auftauchte. Die Stimme, die seinen Namen gerufen hatte, gehörte Frank - glaubte er wenigstens. Und es hatte so geklungen, als riefe er nicht zum ersten Mal nach ihm. Mike spürte einen völlig sinnlosen, aber heftigen Ärger. Was erwarteten die beiden Schwachköpfe denn von ihm? Dass er das Gepäck aus dem festgefressenen Transportband herausprügelte?
    Der erste der beiden »Schwachköpfe« tauchte in diesem Moment am anderen Ende der Halle auf, winkte ihm fröhlich zu und deutete mit dem anderen Arm zum Ausgang. Als Mike hinübersah, entdeckte er Stefan, der einen Gepäckwagen mit ihren drei Reisetaschen vor sich herschob. Mike machte sich kopfschüttelnd auf den Weg. Er wollte gar nicht wissen, wie es den beiden gelungen war, ihr Gepäck aus dem Flieger zu bekommen.
    Er wollte einfach nur schlechte Laune haben!
    Natürlich entblödete sich Frank nicht, ihm seinen Erfolg auch noch genüsslich unter die Nase zu reiben: »Jetzt erzähl mir noch einmal, dass man niemals lügen sollte«, stichelte er grinsend, während sie Stefan durch die automatisch aufgleitenden Türen folgten. Das Sonnenlicht war so grell, dass Mike instinktiv den Kopf senkte und die linke Hand über die Augen hob. Ihm fiel erst jetzt auf, dass die Fenster des Ankunftsgebäudes offenbar abgedunkelt waren. »Ich habe ganz dreist gelogen und behauptet, dass eine Gruppe von dreißig Leuten auf uns wartet und wir den Anschluss verpassen, wenn wir hier noch länger rumhängen. Ein netter junger Mann von der TWA hat nach unseren Gepäcknummern gefragt und die Taschen höchstpersönlich aus dem Laderaum geholt.«
    »Spannend«, murrte Mike. Er konnte kaum noch etwas sehen.
    Es war nicht einmal außergewöhnlich heiß, aber das Sonnenlicht war fast unerträglich hell. Seine Augen brannten nicht mehr, sie taten, regelrecht weh.
    »Ist wohl wahr, was man über die Amis sagt«, plapperte Frank so fröhlich weiter, als wolle er mit Smalltalk einen Interviewpartner locker quatschen - eine Angewohnheit, die er aus seiner Zeit als Journalist beibehalten hatte. »Sie sind wirklich sehr freundlich. Kannst du dir vorstellen, was ein Mitarbeiter einer deutschen Fluggesellschaft machen würde, wenn du ihn bittest, dein Gepäck aus dem Flugzeug zu holen?
    Wahrscheinlich würde er dafür sorgen, dass es ganz besonders tief vergraben wird.
    »Bei euch in Bayern vielleicht«, murmelte Mike.
    Frank zog die linke Augenbraue hoch und maß ihn mit einem leicht verstörten Blick, beließ es aber ansonsten bei einem Achselzucken und beschleunigte seine Schritte ein wenig; gerade genug, dass Mike das neu angeschlagene Tempo als unangenehm empfand.
    Allmählich begann er sich selbst albern vorzukommen. Gut, er war hundemüde, weil er auf die grandiose Idee gekommen war, die Nacht vor dem Abflug durchzumachen, um den achtstündigen Flug zu verschlafen - überflüssig zu erwähnen, dass er kein Auge zugetan, Frank und Stefan aber rechts und links von ihm um die Wette geschnarcht hatten - und die Reise war eine glatte Katastrophe gewesen, aber sie waren im Urlaub, verdammt noch mal! Und es war nicht irgendein Urlaub, sondern eine Tour, auf die sie sich seit zwei Jahren gefreut und gründlich vorbereitet hatten - warum also tat er sein Möglichstes, um sich selbst den ersten Tag nach Kräften zu vermiesen?
    Weil er hoffnungslos übermüdet war, weil er in einer Hose herumlief, die aussah, als hätte er mindestens zweimal hineingepinkelt, und weil er seit
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