Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Intruder 1

Intruder 1

Titel: Intruder 1
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Frank machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das passiert uns allen mal. Vergiss es einfach.«
    Das tat Mike nur zu gerne. Und es war auch gewiss nicht der richtige Moment, Frank zu erzählen, dass ihm da noch etwas
    »passiert« war, etwas mit ihren Motorrädern. In zwanzig Minuten würden sie es sowieso erfahren.
    »Hauen wir ab, bevor Stefan sich vor lauter Ungeduld die Fingernägel bis auf die Knöchel abkaut«, sagte Frank grinsend.
    »Und ich mich so voll fresse, dass ich nicht mehr auf die Maschine passe.«
    Mike stand auf und wandte sich zum Ausgang. Als er sich umdrehte, streifte sein Blick den Tisch am anderen Ende des Patios, und er verhielt automatisch einen Moment in der Bewegung. An dem achteckigen Pinienholz saß die
    Indianerfamilie von gestern Abend. Sie trugen noch immer die gleichen Kleider wie gestern, nur dass sie jetzt so aussahen, als hätten sie darin geschlafen. Und alle starrten ihn an.
    Einen Moment lang erwiderte Mike ihren Blick ausdruckslos und höchstens mit leiser Verwirrung, dann verspürte er plötzlich das - eigentlich grundlose - Bedürfnis, sich für den gestrigen Abend entschuldigen zu müssen. Er lächelte dem Jungen freundlich zu, hob die Hand und winkte, und der Junge lächelte zurück. Wenigstens kam ihm das im ersten Moment so vor.
    Dann erkannte er seinen Irrtum.
    Der Junge lächelte nicht. Er grinste. Er grinste auf eine ganz außergewöhnliche, schmutzige Art, die einem Kind seines Alters nun weiß Gott nicht zukam. Dann sagte er etwas in seiner guttural klingenden Muttersprache, worauf sein Vater und seine Mutter mit dem gleichen schmutzigen Gelächter wie am vergangenen Abend reagierten. Einem sehr lauten Gelächter, sodass einige der Gäste an den anderen Tischen überrascht und neugierig zu ihnen herübersahen. Auch Frank hatte den Kopf gedreht und sah ihn stirnrunzelnd an. Der Indianer lachte noch einmal und machte eine spöttische Bemerkung, diesmal im breiten Westernslang und in einer Lautstärke, die keinen Zweifel daran ließ, dass die Worte nicht nur für seine Familie bestimmt waren. Die meisten Gäste reagierten gar nicht - und wenn, dann höchstens mit peinlichem Schweigen, aber einige sahen doch in Mikes Richtung, und zumindest an einem Tisch klang ein kurzes, spöttisches Gelächter auf.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Mike. Nicht, dass diese Frage nötig gewesen wäre. Er hatte die Worte tatsächlich nicht verstanden, aber das brauchte er auch gar nicht, um zu wissen, was der Kerl gemeint hatte. Einen Moment lang musterte Mike den Indianer auf jene ganz bestimmte Art, die normalerweise einer tätlichen Auseinandersetzung vorausging. Mike schätzte ihn auf ungefähr dreißig, allerhöchstens fünfunddreißig Jahre, also mindestens zehn Jahre jünger als er selbst. Ungefähr seine Größe, und auch ungefähr sein Gewicht, aber eindeutig besser in Form.
    Als hätte er seine Gedanken gelesen, sagte Frank: »Das lohnt sich nicht. Vergiss ihn einfach. Er ist ein Idiot.«
    Irgendetwas an dem anzüglichen Grinsen des Indianers ...
    veränderte sich. Seine Augen wurden schmal, und Mike dachte voller Unbehagen daran, dass das Wort »Idiot« im Englischen auch nicht viel anders klang als auf Deutsch. Dann verscheuchte er den Gedanken. Der Bursche konnte Frank unmöglich verstanden haben. Der Tisch, an dem er saß, war mindestens fünfzehn Meter weit weg. Außerdem hatte Frank vollkommen Recht: Es lohnte sich nicht. Sollte dieser Blödmann doch noch seinen Urenkeln am Lagerfeuer von der großen Schlacht am Frühstücksbüfett des Best Western erzählen, in der er den weißen Trottel in die Pfanne gehauen hatte!
    Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und folgte Frank, der bereits mit schnellen Schritten dem Ausgang zustrebte.
    Zehn Minuten später saßen sie im Taxi und waren unterwegs, um ihre Maschinen abzuholen.
    »Intruder?« Frank betonte das Wort auf eine Weise, die jede weitere Erklärung im Grunde überflüssig machte. »Was soll das bedeuten?«
    »Es heißt in etwa so viel wie Eindringling«, begann Mike,
    »oder auch ...«
    Frank drehte sich auf dem Absatz um und fuhr ihn in derart scharfem Ton an, dass Mike den Rest seiner Erklärung sicherheitshalber hinunterschluckte.
    »Ich weiß was es bedeutet, verdammt noch mal«, schnappte er. »Ich weiß nur nicht, was es auf diesem Mietvertrag zu suchen hat. Als ich das Ding das letzte Mal gesehen habe, stand Harley-Davidson drauf.«
    Das war nicht ganz korrekt. Genau genommen hatte Frank seinen Mietvertrag noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher