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Intruder 1

Intruder 1

Titel: Intruder 1
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Aber für einen 3000-Kilometer-Trip durch Wüste, Sand und Staub ist sie eine so krasse Fehlbesetzung - das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
    »Genau«, pflichtete ihm Frank bei. »Um es mal auf den Punkt zu bringen, Mike: Die VL 800 ist nur halb so groß wie ein Fat Boy, sieht nur ein Viertel so gut aus und bringt bei niedrigen Drehzahlen höchstens ein Achtel der Leistung auf die Straße.«
    »In diesem Satz waren jetzt mindestens drei gram-matikalische Fehler«, sagte Mike.
    Frank starrte ihn nur finster an.
    »Sehen wir sie uns wenigstens an«, schlug Stefan vor. »Wir müssen sie ja nehmen, ob wir wollen oder nicht. Also kommt.
    Machen wir das Beste draus.«
    »Meinetwegen«, sagte Frank übellaunig. »Aber die Sache hat ein Nachspiel, das verspreche ich euch. Sobald wir zu Hause sind, drehe ich diesem Blödmann im Reisebüro den Schreibtisch auf links, mein Wort darauf.«
    Das klang nicht gut. Mike kannte Frank fast so lange, wie er sich zurückerinnern konnte, und in all dieser Zeit hat Frank seines Wissens nach niemals eine leere Drohung ausgestoßen.
    Er würde sich etwas einfallen lassen müssen, um den beiden möglichst schonend die Wahrheit beizubringen, und zwar, bevor sie wieder nach Hause flogen.
    Sie betraten die große, pedantisch aufgeräumte Garage, deren hinteres Drittel zugleich als Werkstatt diente. Sie bot gut und gerne Platz für fünfzig Motorräder, war aber im Moment fast leer. Die drei dunkelroten Suzuki Intruder wirkten tatsächlich winzig und irgendwie verloren. Natürlich waren sie es nicht.
    Mit 800 ccm Hubraum, fünfzig PS und fast zweihundertfünfzig Kilogramm Leergewicht waren es ausgewachsene Motorräder, die Mike in kritischen Situationen durchaus Kopfzerbrechen bereiten konnten.
    »Na ja«, maulte Frank, der immer noch kurz davor stand, aus der Haut zu fahren. »Da bleibt uns ja wohl nichts anderes übrig.«
    Der Vermieter - ein hoch gewachsener, dünner Bursche undefinierbaren Alters, der Cowboykleidung und den dazu passenden Hut trug und bisher schweigend neben ihnen gestanden hatte, richtete ein paar Worte auf Amerikanisch an ihn, die Frank ebenso rüde wie knapp beantwortete, hob dann die Schultern und trollte sich in einen winzigen Verschlag, der an die Werkstatt grenzte und mit Office gekennzeichnet war.
    »Was hat er gesagt?«, wollte Mike wissen.
    »Irgendwas von einer Einweisung.« Frank zog eine Grimasse.
    »Ich kann Motorrad fahren.«
    »Auch so eine Reisschüssel?«, grinste Stefan.
    Frank würdigte ihn nicht einmal eines Blickes als Antwort, sondern stiefelte mit finsterem Gesichtsausdruck zum Büro.
    Stefan schaltete sein Grinsen ab und schloss sich ihm an. Mike atmete innerlich auf. Er kannte die beiden gut genug, um zu spüren, dass der gefährlichste Moment vorbei war. Frank würde noch eine Weile vor sich hin muffeln und sich dann in das ohnehin Unausweichliche fügen, und Stefans Maxime war es ohnehin, immer das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen, statt lange über verpasste Chancen zu jammern.
    Bevor er den beiden und ihrem stetsonbewehrten Führer folgte, warf er noch einen Blick über die Schulter. Auf der Straße, an der der Motorradverleih lag, herrschte nur wenig Verkehr, was er mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis nahm. Auf diese Weise blieb ihm noch eine kleine Gnadenfrist, bis er sich mit einem bis zum Zusammenbrechen voll geladenen Motorrad in den Berufsverkehr von Phoenix stürzen musste.
    Ein schwarzer Van älteren Baujahres fuhr vorbei, und Mike fuhr wie elektrisiert zusammen. Sein Herz begann zu pochen.
    Die Scheiben des Wagens waren schwarz, sodass er nicht erkennen konnte, wie viele oder gar welche Personen sich im Van befanden, aber für einen winzigen Moment, vielleicht nur den Bruchteil einer Sekunde, war er hundertprozentig sicher, einen Mann, ein Kind und zwei Frauen unterschiedlichen Alters darin zu erblicken, die höhnisch zu ihm herüberstarrten.
    Unsinn!
    Natürlich war es Unsinn. Es war nicht derselbe Van. Es musste Tausende Wagen dieser Bauart und Farbe in den USA geben, wahrscheinlich Hunderte allein hier in Arizona und Dutzende in Phoenix. Der Van rollte an der Auffahrt vorbei, ohne auch nur langsamer zu werden, und die Scheiben wurden auch nicht heruntergefahren. Niemand warf ihm böse Blicke zu, und es gab auch keine Indianerkinder, die ihn hämisch auslachten.
    Was war nur mit ihm los? Die Geschichte war vorbei, endgültig und vollkommen vergessen von allen Beteiligten, abgesehen natürlich von ihm
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