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Inspiration – Du sollst mein sein!

Inspiration – Du sollst mein sein!

Titel: Inspiration – Du sollst mein sein!
Autoren: Heike Wolter
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die Räume ständig, sondern – wie auch Bellinda selbst – eher sporadisch. Die einzige Ausnahme bildete der Mittwoch, wenn sie und alle anderen Skriptschreiber ihren Abgabetermin hatten. Die meisten Drehbuchautoren bei Norden Productions arbeiteten den Rest der Zeit lieber zu Hause, was höchstwahrscheinlich auch der Grund dafür war, dass sie alle in ziemlich abgewirtschafteten und winzig kleinen Räumen untergebracht waren.
    Wie immer schaltete Bellinda zuerst ihren Computer ein, dessen Monitor und der dazugehörige Drucker fast zwei Drittel des Schreibtisches einnahmen. Den mageren Rest der Tischplatte teilte sich ein immer leicht staubig wirkendes schwarzes Telefon mit dem büroüblichen Sammelsurium aus Stiften, Papier und Notizblöcken. Mit einem durchdringenden Piepen kündigte der Computer an, dass er nun »arbeitsbereit« war.
    Seufzend stand sie noch einmal auf, griff nach ihrem großen Kaffeebecher und holte sich ihren morgendlichen Muntermacher aus der kleinen Küche, die gleich gegenüber eingerichtet war. Wie von Zauberhand war jeden Morgen eine gefüllte Kanne mit dem heißen braunen Gebräu vorhanden, ehe die Autoren in ihren Büros verschwanden. Irgendein guter Geist schien das Aufsetzen von starkem Kaffee als seine erste Aufgabe des Tages anzusehen. Bellinda hatte Milton im Verdacht, sicher wusste sie es jedoch nicht. Eigentlich war es ihr auch egal. Hauptsache, der Kaffee war heiß und stark und immer reichlich vorhanden.
    Wieder zurück an ihrem Arbeitsplatz, blies sie in den dampfenden Kaffeetopf und nahm einen ersten vorsichtigen Schluck, bevor sie sich den Umschlag von allen Seiten betrachtete.
    Kein Absender, keine Adresse, nur ihr Name stand in großen Buchstaben auf der Vorderseite des weißen Kuverts. Mit einem lauten Ratsch riss sie es auf. Ein einzelnes Blatt Papier lag sauber gefaltet darin, eng beschrieben mit einer energischen, sehr männlich wirkenden Schrift.
    Bellinda schob ihre Lesebrille auf die Nase und las.
    Meine Liebste, meine Göttin …Dich zu sehen versetzt mich in eine andere Dimension. Dich nicht fühlen zu können versetzt mir den Todesstoß.
    Deine Anmut, deine Schönheit, dein wunderbares Wesen, die Art, wie du dich bewegst und redest, das ist mein Universum.
    Ich liebe deine Hände, die wundervolle Worte zu Papier bringen.
    Ich bewundere deine Kreativität, mit der du deine Werke vollbringst. Die Kühnheit jener herrlichen Wunder, die sich in ihrem Bild und ihrem Ausdruck zu einem perfekten Ganzen fügen, ohne das Finale zu verraten.
    Ich stelle mir vor, dass du diese Werke vor so langer Zeit nur für mich geschaffen hast … nur für mich allein und in dem Wissen, dass ich sie als dein Zeichen erkennen werde.
    Und ich werde dir huldigen, indem ich sie verwirkliche, vervollkommne, zu Ende bringe. Stück für Stück. Ein grandioses Feuerwerk deiner und meiner Fähigkeiten.
    Ich liebe und ehre dich unendlich!
    Dein Bewunderer
    Bellinda schüttelte ungläubig den Kopf. Das musste ein schlechter Scherz sein, anders konnte sie sich diese übertriebene Ausdrucksweise nicht erklären. Entweder das, oder der Verfasser war nicht ganz dicht. Das sollte also ihre erste und vermutlich einzige Fanpost sein? Na toll! Darauf hätte sie wirklich verzichten können.
    Bellinda stopfte den Brief zurück in den halb zerrissenen Umschlag und warf ihn achtlos auf den Schreibtisch, wo er schließlich zwischen Drucker und Telefon liegen blieb. Die Informationen, die zwischen den schwülstigen Zeilen versteckt lagen, beachtete sie nicht weiter. Wäre Bellinda empfindsamer gewesen, hätte sie sich vielleicht von der angedeuteten Nähe bedroht gefühlt. Doch da sie mit beiden Beinen fest auf der Erde stand, hatte sie den Brief in dem Moment schon fast vergessen, als sie ihn auf den Schreibtisch warf.
    * * *
    Aufgeregt lehnte er sich in seinem Sessel nach vorn und beobachtete wie gebannt den Bildschirm. Ja, jetzt … sie öffnete seinen Brief, zog das Papier aus der Hülle.
    Er verfolgte ihr Mienenspiel, fixierte ihr wunderschönes Gesicht, registrierte es, wie sie in völligem Unverständnis den Kopf schüttelte, den Brief zurück in das Kuvert steckte und ihn auf den Schreibtisch warf.
    Zutiefst enttäuscht ließ er sich in die Lehne zurückfallen. Und tröstete sich Sekunden später selbst mit dem Gedanken »Was hast du eigentlich erwartet? Freudensprünge? Luftküsse? Sie weiß nicht einmal, wer du bist!«

2
    FADE IN:
    AUSSEN – KOLOSSEUM – ROM, 10 n. Chr. – MITTAG
    Das Kolosseum
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