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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim
Autoren: Peter Robinson
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an Begebenheiten im eigenen Leben, die man vergessen hat. Jerry Singer erlebte, wie sein Großvater seinen Vater die Treppe hinunterstieß, ihm war aber nicht bewusst, je in Swainsdale gewesen zu sein, wie also sollte er sich an den Unfall erinnern können? Als er sich der New-Age-Bewegung anschloss, kamen ihm die Erinnerungen, von denen er nichts geahnt hatte, mehr und mehr wie ein Beweis für seine Wiedergeburt vor.«
      Manchmal, dachte Banks, mischt man sich besser nicht ein. Der Gedanke überraschte ihn, er widersprach sowohl seiner Arbeit als auch seiner angeborenen Neugier. Doch was hatte es genützt, dass Jerry Singer vor drei Tagen auf dem Revier aufgetaucht war? Gar nichts. Vielleicht war das einzig Positive an der ganzen Geschichte, dass Betty Atherton sanft und friedlich mit Hilfe ihrer Tabletten entschlafen war, so wie sie es sich gewünscht hatte. Jetzt hatte ihr Leiden ein Ende. Und wenn es einen Gott gibt, dachte Banks, dann ist er bestimmt nicht so gemein, Betty auch im nächsten Leben leiden zu lassen.
      »Sir?«
      »'tschuldigung, Susan, ich war ganz woanders.«
      »Ich habe gefragt, wer es ihm sagen soll. Sie oder ich?«
      »Ich mache das«, entgegnete Banks seufzend. »Es bringt ja nichts, es ihm noch länger zu verheimlichen. Aber zuerst brauche ich noch ein Bier. Ich hole was.«
      Er stand auf und ging zur Theke. In dem Moment öffnete sich die Tür, und Jerry Singer kam herein. Sofort entdeckte er die Polizisten und steuerte auf sie zu. Er hatte wieder diesen naiven, eindringlichen Blick. Instinktiv griff Banks nach seinen Zigaretten.
      »Man hat mir gesagt, ich könnte Sie hier finden«, sagte Singer verlegen und wies durch die Tür auf das Polizeirevier im Tudor-Haus gegenüber. »Ich fliege morgen zurück und wollte nur mal fragen, ob Sie schon was herausbekommen haben.«
     
     

* Fanpost
     
    Der Brief kam an einem sonnigen Donnerstagmorgen im August, zusammen mit einer Kreditkartenrechnung und einem Honorarscheck. Dennis Quilley nahm die Post mit nach draußen auf die Dachterrasse seines Hauses im Stadtteil Beaches in Toronto und schenkte sich auf dem Weg dorthin einen Gin Tonic ein. Er hatte an diesem Tag bereits drei Stunden ohne Unterbrechung geschrieben und fand, er habe sich einen Drink redlich verdient.
      Zunächst sah er nach, wie hoch der Honorarscheck war, dann legte er die Kreditkartenrechnung beiseite und griff mit spitzen Fingern nach dem Brief, als wäre er Gerichtsgutachter und würde ihn auf Fingerabdrücke untersuchen. Der Brief war vor vier Tagen in Toronto abgestempelt worden; die Adresse war in gedrängten, gleichmäßigen Buchstaben geschrieben, wie mit einer sehr feinen Kalligraphiefeder. Doch die Postleitzahl sah anders aus, sie war eilig mit Kugelschreiber eingefügt worden. Der Absender hatte Quilleys Adresse wahrscheinlich aus dem Telefonbuch und die Postleitzahl erst kurz vor Abschicken des Briefes auf dem Postamt nachgeschlagen.
      Mit seinen Schlussfolgerungen zufrieden, riss Quilley den Briefumschlag auf. In der gleichen sauberen, ordentlichen Handschrift stand da:
     
    Sehr geehrter Mister Quilley,
      bitte entschuldigen Sie, dass ich mich privat an Sie wende. Ich weiß, dass Sie ein vielbeschäftigter Mann sind. Es ist unverzeihlich von mir, Ihnen etwas von Ihrer wertvollen Zeit stehlen zu wollen. Doch glauben Sie mir bitte, dass ich niemals zu derartigen Mitteln greifen würde, wenn ich einen anderen Ausweg wüsste.
      Ich bin schon seit vielen Jahren ein großer Bewunderer Ihrer Arbeit. Da ich außerdem Kriminalromane sammle, besitze ich Erstausgaben all Ihrer Bücher. Durch meine Lektüre weiß ich, dass Sie ein kluger Mann sind und deshalb hoffentlich genau der Richtige, um mir bei meinem Problem zu helfen. Seit zwanzig Jahren macht mir meine Frau das Leben zur Hölle. Den Kindern zuliebe habe ich es ertragen, doch jetzt sind alle ausgezogen und leben ihr eigenes Leben. Ich habe meine Frau um die Scheidung gebeten, doch sie hat mich nur ausgelacht. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der einzige Ausweg darin besteht, sie umzubringen, und deshalb benötige ich Ihren Rat.
      Sie denken nun sicher, dass ich verrückt bin, insbesondere, da ich so etwas in einem Brief schreibe, doch das beweist lediglich, wie verzweifelt ich bin. Ich könnte verstehen, wenn Sie sofort zur Polizei gingen, und ich bin sicher, dass man mich finden und bestrafen würde. Glauben Sie mir, das habe ich bedacht. Doch das wäre mir noch lieber als
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