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Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Titel: Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine
Autoren: Andrea Camilleri
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Eins
    Mit diesem Tag war überhaupt nichts anzufangen, das wusste der Commissario sofort, als er die Fensterläden des Schlafzimmers öffnete. Es war dunkel, bis zum Morgengrauen dauerte es mindestens noch eine Stunde, doch war die Dunkelheit nicht mehr ganz so undurchdringlich, immerhin war schon, voller dicker Regenwolken, der Himmel zu erkennen und jenseits des hellen Sandstrands das Meer, das aussah wie ein Pekinese. Seit ihn einmal ein winziges, mit Schleifchen verziertes Exemplar dieser Hunderasse nach einem wütenden, als Bellen ausgegebenen geifernden Krächzen schmerzhaft in die Wade gebissen hatte, nannte Montalbano das Meer so, wenn es von kurzen, kalten Windstößen aufgewühlt wurde und auf den unzähligen kleinen Wellen lächerliche Schaumbüschel saßen.
    Und da er an diesem Vormittag etwas Unangenehmes zu tun hatte, wurde seine Laune noch schlechter. Er musste nämlich auf eine Beerdigung.
    Am Abend zuvor hatte er im Kühlschrank von seiner Haushälterin gekaufte frische Sardinen vorgefunden, sie als Salat mit viel Zitronensaft, Olivenöl und frisch gemahlenem Pfeffer zubereitet und mit großem Appetit verdrückt.
    Er hatte es sich so richtig schmecken lassen, aber dann hatte ein Telefonanruf ihm alles verdorben.
    »Pronti, Dottori? Dottori, sind Sie's wirklich selber?«
    »Ich bin's wirklich selber, Catare. Was gibt's denn?«
    Im Kommissariat hatten sie Catarella, in der irrigen Annahme, er werde dort weniger Schaden anrichten als anderswo, in die Telefonvermittlung verbannt. Nach einigen saftigen Wutanfällen hatte Montalbano begriffen, dass die einzige Chance, mit Catarella ein Gespräch zu führen, ohne an den Rand des Deliriums zu geraten, darin bestand, sich derselben Redeweise zu bedienen.
    »Domando pirdonanza e compressione, dottori.«
    Oje. Er bat um Verzeihung und Verständnis. Montalbano spitzte die Ohren - wenn Catarellas so genanntes Italienisch förmlich und gespreizt daherkam, konnte es sich nur um ein größeres Problem handeln.
    »Sag nur, was los ist, Catare.«
    »Vor drei Tagen, da wollte jemand Sie ganz persönlich sprechen, Dottori, aber Sie waren gar nicht da, und ich hab vergessen, es Ihnen auszurichten.«
    »Woher kam der Anruf?«
    »Aus Florida, Dottori.«
    Montalbano erstarrte vor Schreck. Augenblicklich sah er sich selbst im Jogginganzug auf Trimmpfaden trainieren, zusammen mit athletisch gebauten, strammen amerikanischen Beamten von der Drogenbekämpfung, mit denen er in einem komplizierten Fall von Rauschgifthandel ermittelte.
    »Sag mal, Catare, wie habt ihr denn miteinander geredet?«
    »Wie wir geredet haben? In italiano, Dottori, italienisch.«
    »Hat der Anrufer dir gesagt, was er wollte?«
    »Klar, alles hat er mir gesagt. Er hat gesagt, dass die Frau vom Vicequestore Tamburrano gestorben ist.«
    Montalbano konnte einen Seufzer der Erleichterung nicht zurückhalten. Der Anruf war nicht aus Florida, sondern aus dem Kommissariat von Floridia bei Syrakus gekommen.
    Caterina Tamburrano war schon seit langem schwer krank gewesen, und die Nachricht kam nicht überraschend.
    »Dottori, sind Sie immer noch dran, Sie selber?«
    »Ich bin immer noch dran, Catare, ich bin kein anderer geworden.«
    »Der Anrufer hat noch gesagt, dass die Beerdigung Donnerstagmorgen um neun ist.«
    »Donnerstag? Morgen früh also?«
    »Sissi, Dottori.«
    Montalbano war mit Michele Tamburrano zu eng befreundet, als dass er der Beerdigung hätte fernbleiben können; so konnte er auch wieder gutmachen, dass er nicht mal bei ihm angerufen hatte. Von Vigàta nach Floridia brauchte man mit dem Auto mindestens dreieinhalb Stunden.
    »Hör zu, Catare, mein Auto ist in der Werkstatt. Ich brauch morgen früh pünktlich um fünf einen Streifenwagen hier bei mir in Marinella. Sag Dottor Augello Bescheid, dass ich nicht ins Büro komm und erst am frühen Nachmittag zurück bin. Hast du alles richtig verstanden?«
    Als er aus der Dusche kam, war seine Haut rot wie eine Languste: Um das Frösteln wettzumachen, das er beim Anblick des Meeres gespürt hatte, hatte er zu lange zu heiß geduscht. Er fing gerade an, sich zu rasieren, als er den Streifenwagen kommen hörte. Dessen Ankunft war im Umkreis von zehn Kilometern auch kaum zu überhören.
    Mit Überschallgeschwindigkeit schoss er daher, bremste kreischend, wobei er Salven von Kies abfeuerte, der in alle Richtungen spritzte, dann hörte man das verzweifelte Geheul eines überdrehten Motors, gequältes Gangschalten, schrilles Reifengequietsche und noch mal
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