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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim
Autoren: Peter Robinson
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auf einen sauberen weißen Sandstrand schäumten. Das Meer und der Himmel waren strahlend blau; hohe Palmen wiegten sich in der leichten Brise. Das Dorf am steilen Hang sah aus wie eine kubistische Collage.
      »Entschuldigen Sie die Störung, Chef«, sagte Susan, »aber ich glaube, wir haben da was.«
      Banks rieb sich die Augen. Er hatte das Gefühl, von ganz weit her zu kommen. »Schon gut«, sagte er. »Die Statistik geht mir sowieso auf den Geist.« Er warf den Ordner auf den Schreibtisch und verschränkte die Hände hinterm Kopf. »Was denn?«
      Susan trat ein. »Das ist etwas schwer zu erklären, Sir.«
      »Versuchen Sie's einfach!«
      Susan berichtete Banks von Jerry Singer. Banks' blaue Augen funkelten vor Belustigung und Neugier. Als Susan fertig war, dachte er kurz nach, richtete sich dann auf und stellte die Musik ab. »Warum nicht?«, meinte er. »Diese Woche ist noch nicht viel passiert. Lassen wir uns mal überraschen! Bringen Sie ihn herein!« Banks schloss den obersten Knopf seines Hemdes und rückte die Krawatte zurecht.
      Kurz daraufkehrte Susan mit Jerry Singer im Schlepptau zurück. Nervös sah sich der junge Mann im Büro um und nahm Banks gegenüber Platz. Sie stellten sich einander vor. Banks lehnte sich zurück und zündete sich eine Zigarette an. Er fand es herrlich, wenn sich die Gerüche von Sommerregen und Qualm vermischten.
      »Vielleicht fangen Sie am besten noch mal ganz von vorne an«, sagte er.
      »Gut«, erwiderte Singer und schnupperte den blauen Dunst. »Ich beschäftige mich nun schon seit ein paar Jahren mit Rückführung, ich gehe zurück in frühere Leben, teils durch Hypnose. Es ist eine faszinierende Erfahrung, ich habe dabei sehr viel über mich gelernt.« Singer beugte sich vor und legte die Hände auf den Schreibtisch. Er hatte kurze, schmale Finger. »Beispielsweise war ich im fünfzehnten Jahrhundert die Frau eines venezianischen Kaufmanns. Ich hatte sieben Kinder und starb bei der Geburt des achten, mit nur neunundzwanzig Jahren. In meinem nächsten Leben war ich Schauspieler in einer elisabethanischen Truppe, den Lord Chamberlain's Men. Ich kann mich  erinnern, 1599 den Bardolph in Heinrich V. gespielt zu haben. Danach war ich -«
      »Ich verstehe«, unterbrach ihn Banks. »Ich möchte nicht unhöflich sein, Mr Singer, aber könnten wir vielleicht ins zwanzigste Jahrhundert springen?«
      Singer dachte nach und sah Banks stirnrunzelnd an. »Sorry. Also, wie ich Detective Constable Gay schon erklärt habe, ist mir dieses Leben am wenigsten klar. Ich war ein Hippie. Glaube ich zumindest. Ich hatte lange Haare und lief in Kaftan und Schlaghosen herum. Als ich gestern Nachmittag durch Swainsdale fuhr, hatte ich ein wirklich überwältigendes Déja-vu.«
      »Wo genau war das?«
      »Kurz vor Fortford. Ich kam von Helmthorpe hoch, da wohne ich. Am Fluss erhebt sich ein kleiner Hügel. Die Bäume daraufsind ganz schief vom Wind. Kennen Sie den vielleicht?«
      Banks nickte. Er kannte die Stelle. Der Hügel war eigentlich ein Drumlin, eine Art Grundmoränenbuckel, den die letzte Eiszeit zurückgelassen hatte. Darauf standen sechs Bäume, vom starken Nordwestwind leicht nach Südosten geneigt. Der Hügel befand sich ungefähr zwei Meilen westlich von Fortford.
      »Ist das alles?«, fragte Banks.
      »Ob das alles ist?«
      »Ja?« Banks beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Sie wissen doch bestimmt, dass es verschiedene Erklärungen für Déja-vus gibt, Mr Singer, oder? Vielleicht waren Sie schon mal an einem ähnlichen Ort, und der Drumlin erinnert Sie daran?«
      Singer schüttelte den Kopf. »Ich kann verstehen, dass Sie mir nicht glauben«, sagte er. »Ich kann Ihnen auch keine konkreten Beweise vorlegen, aber dieses Gefühl ist unmissverständlich. Ich bin da schon mal gewesen, in einem früheren Leben. Das weiß ich genau. Und das ist noch nicht alles. Es gibt ja auch noch diesen Traum.«
      »Was für einen Traum?«
      »Es ist immer derselbe. Ich fahre durch eine Landschaft, die sehr stark der von Swainsdale ähnelt, und es regnet, so wie heute. Ich komme zu einem sehr alten Haus aus Ziegelsteinen. Da sind Menschen, sie sprechen laut, aber ich weiß nicht, ob sie sich freuen oder streiten. Ich fühle mich eingesperrt und habe das Gefühl zu ersticken. Irgendwo weint ein Baby, es hört einfach nicht auf. Ich gehe eine knarrende Treppe hoch. Oben finde ich eine Tür und öffne sie. Dann habe ich das
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