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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim
Autoren: Peter Robinson
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zusammengearbeitet hatte.
      »Gute Idee«, gab Gristhorpe zurück. »In Ordnung. Also, nehmen wir einfach mal an, es stimmt, was er sagt. Er ist überzeugt, ein Hippie gewesen zu sein, der im Sommer 1966 in Swainsdale ermordet wurde, verstehe ich das richtig?«
      Banks nickte.
      »Weil er nämlich an Wiedergeburt glaubt, ein Deja-vu-Erlebnis und immer wieder denselben Traum hatte?«
      »Genau.«
      »Hm«, machte Gristhorpe. »Wenn wir mal beiseitelassen, ob Sie oder ich an Wiedergeburt glauben oder ob es so etwas überhaupt gibt - eine philosophische Spekulation, die man eh nicht bei Tee und Scones klären könnte -, gibt er uns nicht gerade viele Anhaltspunkte, oder?«
      »Das ist das Problem. Ich dachte, Sie würden sich vielleicht an etwas erinnern.«
      Seufzend rutschte Gristhorpe in seinem Sessel herum. Das abgewetzte Leder knarzte. »1966 war ich Sergeant, dreißig Jahre alt und hockte hier in der Einöde. Genau genommen bildeten wir damals nur eine Unterabteilung, aber ich trug die Verantwortung. Meistens untersuchte ich Einbrüche, hin und wieder einen Schafdiebstahl oder die Fälle von Marktschreiern, die mit Hehlerware handelten.« Gristhorpe trank einen Schluck Tee. »Wir hatten ein, zwei Mordfälle - ich erzähle Ihnen irgendwann mal davon, sie waren wirklich interessant -, aber nicht viel. Was ich damit sagen will, Alan, ist, dass ich mich an einen ermordeten Hippie erinnern würde, auch wenn mein Gedächtnis noch so schlecht ist.«
      »Passt denn nichts ins Muster?«
      »Nein. Ich will nicht sagen, dass es hier nicht den einen oder anderen Hippie gab, aber von denen wurde keiner umgebracht. Ich denke, Ihr Mr Singer hat sich geirrt.«
      Banks stellte seinen Becher auf den Tisch und erhob sich. »Dann setze ich mich mal lieber wieder an die Kriminalitätsstatistik«, sagte er.
      Gristhorpe grinste. »Ach so, deshalb interessieren Sie sich für dieses Ammenmärchen! Kann ich irgendwie verstehen. Tut mir leid, dass ich keine Hilfe bin. Aber Moment mal«, sagte er auf dem Weg zur Tür. »Da war natürlich der Sohn von Bert Atherton. Ich würde sagen, das war ungefähr zu der Zeit, die Sie meinen, plus/ minus zwei Jahre.«
      Banks blieb an der Tür stehen. »Atherton?«
      »Ja, genau. Hat einen Hof zwischen Lyndgarth und Helmthorpe. Hatte er jedenfalls. Ist längst tot. Ich meine nur, weil Athertons Sohn Joseph Hippie war.«
      »Was passierte damals?«
      »Er fiel die Treppe runter und brach sich das Genick. Die Familie ist nie drüber weggekommen. Wie gesagt, der alte Atherton ist vor ein paar Jahren gestorben, aber seine Frau wohnt immer noch da oben.«
      »Gab es keine Verdachtsmomente?«
      Gristhorpe schüttelte den Kopf. »Nein. Die Athertons waren ein anständiges Ehepaar, arbeiteten schwer. Der Sohn stattete ihnen offenbar auf dem Weg nach Schottland einen Besuch ab, wollte da oben in einer Kommune leben oder so. Er fiel die Treppe runter. Der Hof ist ziemlich abgelegen. Als der Krankenwagen eintraf, war es längst zu spät. Die nächste Telefonzelle war ja eine Meile weiter die Landstraße runter. Die Athertons waren völlig erschüttert. Er war ihr einziges Kind.«
      »Wieso stürzte er?«
      »Er wurde nicht gestoßen, falls Sie das meinen. Auf der Treppe lag kein Teppich, die Stufen waren ein wenig glatt. Der alte Atherton sagte, Joseph sei ohne Hausschuhe rumgelaufen und auf den Socken ausgerutscht.«
      »Und Sie hatten keinen Grund, an seiner Aussage zu zweifeln?«
      »Nein. Aber damals hatte ich durchaus einen Verdacht.«
      »Nämlich?«
      »Die Leichenschau ergab, dass Joseph Atherton heroinsüchtig war, auch wenn zum Zeitpunkt des Todes keine Drogen in seinem Blut nachzuweisen waren. Ich vermutete, dass er in seinem Zimmer Marihuana geraucht hatte oder so. Und dass er deshalb etwas wacklig auf den Beinen war.«
      »Haben Sie das Haus durchsucht?«
      Gristhorpe schnaubte verächtlich. »Ach was, Alan! Warum sollten wir den Eltern noch mehr Kummer bereiten? Was wäre gewesen, wenn wir etwas gefunden hätten? Hätten wir ihnen Drogenbesitz zur Last legen sollen?«
      »Verstehe.« Banks öffnete die Tür und stellte seinen Kragen hoch. »Ich seh mir vielleicht trotzdem mal die Akte an«, rief er auf dem Weg zum Auto. »Viel Spaß noch mit den restlichen Urlaubstagen!«
      Gristhorpes Fluch ging im Geräusch des aufheulenden Motors und im donnernden Finale von Mussorgskis Das große Tor von Kiew auf Classic FM unter.
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