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Inkarnationen

Inkarnationen

Titel: Inkarnationen
Autoren: Vampira VA
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er dieses »Glück« nicht länger strapazieren durfte. Er mußte endlich fort von hier!
    Einen kurzen Moment nahm er sich noch, um sich zu orientieren. Gehetzten Blickes suchte er nach einem Weg, auf dem der Boden zumindest noch stabil genug schien, um sein Gewicht zu tragen.
    Dann rannte er los, entlang einer Schneise, die bislang halbwegs unberührt geblieben war von der ungeheuren Zerstörungskraft, die allerorten wütete.
    Mochte der Mann sich auch seit seinem Erwachen verlassen und gefangen in völliger Einsamkeit vorgekommen sein, jetzt schien etwas auf den Plan getreten zu sein, das seine schützende Hand unsichtbar über ihn hielt. Unbeschadet hastete er durch felsige Korridore und steinerne Treppen, immer die aufwärts führenden wählend. Wie von einem heimlichen Instinkt geleitet schlug er Haken und schaffte es, herabstürzenden Gesteinsbrocken und Balken ein ums andere Mal auszuweichen. Soweit wenigstens, daß sie ihn allenfalls streiften, ohne ihn nennenswert zu verletzen oder gar aufzuhalten.
    Endlich gelangte er ins Freie, ohne unterwegs auf eine Menschenseele gestoßen zu sein. Der Ort schien verlassen. Vielleicht hatten seine Bewohner sich noch retten können, vielleicht waren sie längst alle umgekommen in dem Chaos.
    Erst inmitten eines weitläufigen Hofes, der an drei Seiten von vergehenden Bauten gesäumt wurde, blieb er schließlich stehen. Während hinter den Gebäuden steiler Fels aufragte, sah der Mann an der vierten Seite der Hoffläche eine Mauer, nicht minder zerstört. Dorthin lief er nun, schob sich durch eine Kluft im Mauerwerk, in der Hoffnung, dahinter möge ein Weg liegen, auf dem er seine Flucht fortsetzen konnte - Er schrie auf!
    Denn unter ihm fiel die Flanke eines Berges lotrecht ab, in eine Tiefe, die zu ermessen sein Blick nicht reichte.
    Knirschend löste sich Gestein unter seinen Füßen. Die Kante, an der er eben noch mit Mühe hatte stoppen können, bröckelte - und brach!
    Für einen endlosen Moment fühlte der Mann sich fast schwerelos, wie über dem Nichts schwebend, zwischen Himmel und Erde. Wie von einem Sog fühlte er sich von der Schwärze dort unten gepackt. Als wollte ein lichtloser Schlund ihn verschlingen, wurde er hinab -gerissen.
    Ums Haar -!
    Irgendwie schaffte er die unmögliche Bewegung, sich haltlos nach hinten zu werfen. Hart schlug er mit dem Kreuz gegen die Felskante, drehte sich trotz des Schmerzes, der sein Rückgrat in pure Glut verwandelte, um und griff mit den Händen um sich. Die Finger seiner Rechten klammerten sich um ein faustgroßes Mauerfragment. Seine Nägel splitterten mit hörbarem Geräusch, als er abzurutschen drohte.
    Seine linke Hand fand festeren Halt. Mit Brust und Schultern auf trügerischem Grund, tastete er weiter über den Felsabbruch hinweg. Zentimeterweise gelang es ihm, sich hochzuzerren.
    Nur die Nachwirkung des Schreckens ließ ihn sekundenlang schweratmend liegenbleiben. An Kraft mangelte es ihm nicht. Die waghalsige Selbstrettung schien nicht im geringsten an seinen Reserven gezehrt zu haben.
    Im Aufstehen entdeckte er einen kleinen Bau, der zur Hälfte über die Felskante hinausragte. Ein Verdacht, was sich darin befinden könnte, keimte in ihm; Verzweiflung nährte ihn zur Hoffnung.
    Als er die verzogene Tür der steinernen Klause aufriß und durch die niedrige Öffnung trat, entfuhr dem Mann ein keuchender Laut -halb Schrecken, halb Erleichterung.
    Schrecken deshalb, weil direkt vor seinen Füßen ein Mönch lag, tot, den Schädel zertrümmert von einem herabgestürzten Balken.
    Und Erleichterung, als er die Seilwinde sah! Und daran hängend ein Korb, über einer Luke im Boden, unter der sich der Abgrund auftat.
    Rasch erkannte der Mann, daß er hier auf den einzigen Ausweg gestoßen war. Mit dieser Vorrichtung konnte man sich selbst im Korb sitzend abseilen. Zuvor aber besann er sich seiner Nacktheit, streifte dem toten Mönch hastig die Kutte ab und warf sie in den Korb. Sie konnte ihm auf seinem weiteren Weg - so er dies hier überlebte - nützlich sein. Ohne Kleidung würde er rasch aufgefallen und wahrscheinlich bald auf einer Polizeistation enden, wo man ihm Fragen stellen würde, die er nicht beantworten konnte.
    Den Korb zu besteigen war nicht ganz einfach. Für einen Moment hing der Mann wie im Spagat über dem Nichts. Die Hände schon am Seil, zog er sich mit einem Ruck endlich ganz in den hin und her schwankenden Korb. Dann schienen seine Fäuste schier zu fliegen, als er den Korb in Bewegung setzte. Doch er
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