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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
Autoren: Susanna Ernst
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Als das Klackern ihrer Schritte auf der Treppe immer leiser wurde und schließlich verhallte, schloss ich die Zimmertür hinter mir und ging zum Fenster.
    Verzweifelt versuchte ich nicht zu denken und setzte mich auf das tiefe Fenstersims. Ich lehnte meine Stirn gegen die kühle Scheibe, erhoffte mir Erleichterung. Frustriert pochte ich immer wieder mit dem Kopf gegen das Glas. Es dauerte etwa eine Minute, dann erschien sie auf dem Parkplatz vor unserem Haus, lief zu den beiden anderen Mädchen – meiner Schwester und einer gemeinsamen Freundin – und verabschiedete sich.
    Mein Herz schlug ruhig, doch es schmerzte bei ihrem Anblick so sehr, dass sich meine rechte Hand wie von selbst zur Faust ballte und gegen meinen Brustkorb presste. Es gab keinen Zweifel, dass sie es war, auf die ich so lange gewartet hatte. Wut kroch in mir empor.
    Warum ausgerechnet sie?
    „Michael!“, rief ich ungeduldig und viel zu laut. Mir blieb nicht viel Zeit.
    „Ist sie es, Michael?“ Ich wusste, dass er da war – er war immer da.
    Ein Klatschen ertönte. Er stand hinter mir, lässig gegen mein Bücherregal gelehnt, und lächelte selbstgefällig. Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Platz für weitere Spekulationen. Ich lag also richtig, sie war es.
    „Oh nein!“
    Bevor ich mehr sagen konnte, tat er es. „Glückwunsch, Noah. Du hast deinen Schützling erkannt.“
    „Verdammt, sei still!“, rief ich und hielt mir wie ein Vierjähriger die Ohren zu. Vergeblich.
    „Ah, ah, vergiss nicht, mit wem du redest, mein Junge“, sprach er in meinem Kopf unbeirrt weiter.
    Mit einem schweren Seufzer gab ich meine Ohren wieder frei und blickte zu ihm auf. Sein Gesichtsausdruck wirkte streng, doch das Funkeln seiner gütigen Augen entlarvte ihn. Er war mir nicht böse. Er konnte mich verstehen. Natürlich.
    Michael wirkte seltsam fehlplatziert in meinem Zimmer. Er gehörte nicht in einen Raum mit Bett, Schrank und Schreibtisch. Er gehörte an jenen magischen Ort, an dem man all das weder benötigte noch besaß.
    „Warum Emily?“, fragte ich bebend vor Wut.
    Mein Herz hätte vor Zorn rasen müssen, doch es schlug weiter in seinem monotonen, ruhigen Rhythmus. Das Schlagen meines Herzens verwirrte mich immer wieder. Es war so falsch – in vielerlei Hinsicht.
    „ Sie ist so ... zerbrechlich. Ich will nicht, dass ihr Leben von mir abhängt. Das kannst auch du nicht wollen.“
    „Was? Du traust es dir nicht zu?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
    Obwohl ich tief in meinem Inneren wusste, dass seine Verwunderung geheuchelt war, wirkte die Mimik so echt, so menschlich, dass er es für einen Moment schaffte, mich zu täuschen. Sein unbeirrbares Lächeln kehrte jedoch zurück und zerstörte die Illusion binnen eines Wimpernschlages.
    Ich biss die Zähne aufeinander, senkte meinen Blick und schwieg trotzig. Aber wer war Michael, dass er meine Worte benötigte? Er las in meinen Gedanken, wie in einem offenen Buch.
    „Hab Vertrauen, Noah. Du wirst alles richtig machen.“
    „Und wenn ich es richtig gemacht habe und es schaffe sie vor ... was auch immer zu bewahren, dann ...“
    „... wird deine Mission hier beendet sein, ja.“ Seine Stimme war so weich wie nie zuvor. Und in Michaels Fall sollte das etwas heißen, denn er hatte die sanfteste Stimme, die ich je gehört hatte. Verglichen damit, klang jedes noch so liebliche Glockenspiel wie ein blechernes Monstrum. Nein, könnte der Wind sprechen – nicht der raue, der peitschend ein Unwetter ankündigt, sondern der laue, warme, der einem Sommerschauer folgt oder am frühen Morgen über die Küste streift und das Versprechen eines herrliches Sonnentages mit sich trägt –, dann würde er mit Michaels Stimme sprechen, dessen war ich mir sicher.
    In diesem Moment jedoch ließ mich der zarte Klang völlig unbeeindruckt, denn mit seinen sorgsam gewählten Worten hatte er nichts weiter getan , als mein Todesurteil zu verkünden.
    Dummerweise sehnte ich jedoch ausgerechnet an diesem Morgen zum ersten Mal seit langer, langer Zeit mein Ableben nicht herbei. Und das lag nur an ihr, an Emily.
    „Verdammter Mist!“, rief ich und schlug mit der Faust gegen mein CD-Regal. Es schwankte so stark, dass einige herausfielen.
    Michael reagierte auf mein Fluchen lediglich mit einem leichten Schulterzucken.
    „Ich bitte dich, ausgerechnet Emily?“ Es war ein Flehen, auch wenn es wie ein Vorwurf klang. Im Grunde meines stoischen Herzens bat ich Michael um jemand anderen. Ihr so nah zu sein, jeden Tag, mit
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