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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
Autoren: Susanna Ernst
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nostalgische Puppenhaus meiner Oma, mit dem ich als Kind nie hatte spielen dürfen.
    „Nur ansehen, nicht anfassen!“, hörte ich ihre lange schon verstummte Stimme noch einmal, während Sam die Limousine über hellgraue Straßen lenkte. Ja, genauso wirkten diese Häuser auf mich. Bloß nicht anfassen!
    Und so ging es weiter: die riesigen HOLLYWOOD-Buchstaben, die Palmen in der Mitte der Straße, die getrimmten Laubbäume auf den Gehwegen, die Brücken, die in der Realität noch viel gewaltiger wirkten als auf dem Fernsehbildschirm. Hier war rein gar nichts vertraut. Bestimmt lebten zu 99,9 Prozent Snobs in diesen protzigen Häusern, und ich würde mich mit Händen und Füßen dagegen wehren, eines Tages zu ihnen zu gehören, so viel stand fest.
    Ich musste einfach nur die Highschool hinter mich bringen, dann konnte ich fürs Studium zurück nach England gehen.
    Jason dagegen flippte neben mir vollkommen aus. Mein Bruder – laut Ausweis zwei volle Jahre älter als ich – klebte förmlich an dem getönten Seitenfenster der Limousine und wusste vor lauter Begeisterung gar nicht mehr wohin mit sich.
    Nach einer knappen Stunde Fahrtzeit fuhr Sam durch ein schmiedeeisernes Tor, dessen Flügel er per Knopfdruck öffnete. Weiße Steinchen der gigantischen Auffahrt knirschten unter den Reifen, bevor der Wagen endlich hielt und Jay beim Anblick unseres neuen Hauses aufjubelte. Genervt hievte ich mich aus dem Ledersitz und warf die Tür hinter mir zu. Keine Sekunde länger hätte ich es neben diesem Spinner ausgehalten.
     
    Das Haus war genial, zugegeben, aber weder der riesige Garten mit Pool, noch mein 25 qm großes Zimmer mit eigenem Bad konnten mich lange trösten. Wie gerne hätte ich diesen Raum mit all seinen hellen Möbeln gegen mein deutlich kleineres, schlichtes Zimmer in Manchester zurückgetauscht. Dad gegenüber tat ich so, als wäre alles wunderbar. Ich versuchte wirklich jedes Detail zu würdigen: die cremefarbenen Vorhänge, die dezente Bettwäsche und die weißgebeizten Holzmöbel. Groß, hell, freundlich, einladend. Es war wirklich perfekt und absolut nach meinem Geschmack. Eigentlich.
    Langsam legte sich ein Lächeln über das Gesicht meines Vaters, doch es war eines der traurigen Art. „Emily, es ist nicht für immer, versprochen.“
    Seine Worte klangen so entschuldigend, dass ich nicht wagte ihn anzusehen, aus Angst sofort loszuheulen. Also starrte ich auf meinen wohlbestückten Schreibtisch und wartete darauf, dass das Brennen hinter meinen Lidern nachließ.
    „ Ich hab doch gar nichts gesagt“, antwortete ich leise, sobald ich meiner Stimme wieder traute.
    „Ich weiß.“ Er nickte und presste die Lippen zusammen. „Das brauchst du auch nicht. Ich sehe dir doch an, wie schwer es dir fällt. Und wie sehr du dich bemühst, es mich nicht spüren zu lassen.“
    „Dad, es…“
    Er winkte ab. „Nein, du musst dich nicht entschuldigen, Emmy. Ich kann dich ja verstehen.“ Mit einem Seufzer ließ er sich auf meine Bettkante fallen. Er sah abgespannt aus, als er mit den Handballen über seine geschlossenen Augen rieb und mich dann wieder ansah.
    „Mir wird Manchester auch fehlen”, gestand er. „Vielleicht verstehst du das nicht. Vielleicht denkst du, dass ich doch sowieso andauernd unterwegs bin, aber Manchester war immer mein Anker, weißt du? Meine Heimat eben. Unser Haus wartet auf uns, wir gehen wieder zurück, versprochen. Aber ... für die kommende Zeit ... lass uns zumindest versuchen hier zurechtzukommen, okay?“
    „Ja, sicher“, erwiderte ich schnell. Es tat mir weh, ihn so zu sehen, und ich verfluchte mein nicht vorhandenes Schauspieltalent.
    In diesem Moment stürmte Jason in mein Zimmer. Ohne anzuklopfen, natürlich. Doch dieses Mal ärgerte ich mich nicht über ihn; sein polterndes Erscheinen löste sogar eine kleine Erleichterung aus. Manche Dinge würden sich wohl nie ändern, ganz egal, wo wir gerade lebten.
    „Das Haus ist der Hammer, Dad!“, schrie Jay in seiner Aufregung. „Riesig und cool. Voll Hollywood. Der Billardtisch ist der Wahnsinn, wirklich. Und…“
    Moment mal, bitte was?
    „Wir haben einen Billardtisch?“, entfuhr es mir voller Entsetzen.
    Verdammt, wir waren bereits Snobs.
     
    Am nächsten Morgen – ohne jede Schonfrist und mitten im laufenden Schuljahr – begann mein neuer Alltag.
    Die Schule war mittelgroß, es gab zirka fünfhundert Schüler. Endlich mal etwas, das nicht größer und formidabler war, als ich es von zu Hause aus kannte. Wäre die
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