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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
Autoren: Susanna Ernst
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glänzte der Lack in der warmen Morgensonne. Ich liebte dieses Auto, es war mein ganzer Stolz. Mein Dad hatte es mir zum Geburtstag geschenkt. Oder zum bestandenen Führerschein, wie auch immer. Denn den hatte ich in Rekordzeit gemacht und die Prüfung direkt an meinem siebzehnten Geburtstag absolviert. Überglücklich hatte ich die kleine Karte entgegengenommen. Der große Schriftzug in der Kopfzeile, CALIFORNIA , störte mich ein wenig, aber Himmel, es war ein Führerschein. Nein, nicht irgendeiner. Mein Führerschein.
    Summend fuhr ich die breite, palmengesäumte Straße entlang. Unser Leben hier kam mir immer noch wie ein zu lang geratener Urlaub vor, und meine Sehnsucht nach England war mitunter unerträglich groß. Doch an diesem Morgen hatte ich keine Muße für Heimweh. Dafür war ich viel zu gut gelaunt.
    Kathy wartete schon vor der Schule auf mich. Die Arme um ihre Bücher geschlungen, hüpfte sie freudig auf und ab, als ich um die Ecke bog.
    „Emily, hallo!“, rief sie und lief mir entgegen. Mitten auf dem Parkplatz fielen wir uns in die Arme.
    „Mann, es war ʼne verdammt lange Zeit ohne dich“, gestand ich und drückte sie an mich.
    „Ja, zu lang“, erwiderte Kathy mit einem Nicken. „Aber es ist auch viel passie rt. Ich war doch in diesem Camp, und anfangs dachte ich, es würde furchtbar langweilig werden, aber dann ...“ Und schon hatte sie sich bei mir untergehakt und versank mit jedem Schritt tiefer in ihrem ausgiebigen Ferienreport.
    Seite an Seite überquerten wir den Pausenhof. Ich liebte Kathys unbeschwerte Art. Sie war eigentlich immer gut gelaunt und der Gesprächsstoff ging ihr niemals aus; dennoch verfügte sie über ausreichend Einfühlungsvermögen, um nicht nervig zu werden. Und sie war eine geduldige Zuhörerin. Nur ihr hatte ich erzählt, wie sehr ich England wirklich vermisste und nur sie hatte mich schon in unserem neuen Haus besucht. Jason schenkte ihr nicht mal die leiseste Beachtung und Kathy ließ das völlig kalt. Wie bereits erwähnt: seeehr sympathisch, das Mädel.
    Als ich nun ihren fröhlichen Schilderungen lauschte, bemerkte ich, wie sehr ich sie wirklich vermisst hatte und war dankbar dafür, in meiner kurzen Zeit hier schon eine so gute Freundin gefunden zu haben. Wir besuchten fast alle Kurse zusammen und auch unsere Spinde standen nahe beieinander.
    Ins Gespräch vertieft, schlossen wir unsere Taschen mit den nicht benötigten Bücher n ein und machten uns anschließend auf den Weg zu unserer Geschichtsklasse, als Tom plötzlich laut rufend auf uns zustürmte. Während er mich anhob und sich mit mir im Arm um seine eigene Achse drehte, überkam mich – nebst Schwindelanfall – eine Erkenntnis, die mich unerwartet tief traf: Sie haben mich tatsächlich vermisst.
    Im Klassenraum herrschte ein noch heftigeres Chaos als sonst. Ausgelassene Wiedersehensfreude und der eindeutig zu hohe Testosteronspiegel der Jungs prallten aufeinander und sorgten für ohrenbetäubenden Lärm, bis Mr Sheppard die Klasse betrat und lautstark um Ruhe bat. Gewohnt nüchtern begann er das neue Schuljahr, indem er noch einmal seinen Namen an die Tafel schrieb und direkt darunter das Thema, das wir in den kommenden Wochen behandeln würden. Französische Revolution. Na super, schon wieder.
    Geräuschvoll pustete ich mir die Haare aus der Stirn. Das fing ja echt gut an. Dieses Thema war in England schon grottenlangweilig gewesen. Die Vorstellung, dass Mr Sheppard – mit seiner ohnehin schon einschläfernden Art – ausgerechnet diesen zermürbenden Stoff behandeln würde, war schlichtweg grausam. Ich seufzte schwer und ließ meinen Blick durch den Klassenraum wandern. Enttäuscht fiel mir auf, dass kein einziges neues Gesicht zu sehen war. Mist! Doch gerade als meine positive Laune wie ein Kartenhaus zusammenzufallen drohte, klopfte es an der Tür. Im nächsten Moment wurde sie geöffnet und ein Mädchen trat ein. Na ja, trat ein traf es nicht so ganz. Eigentlich sprang sie eher herein, mit weit ausgebreiteten Armen, in einer sich selbst präsentierenden Geste.
    Sie war klein und zierlich, hatte riesige dunkle Augen und ebenso dunkle, schulterlange Korkenzieherlocken, die ihre fein geschnittenen Gesichtszüge umrahmten.
    Ihre Bewegungen waren grazil und anmutig ... und wirkten völlig fehlplatziert, als sie mit einem eleganten Satz über die Schwelle des Klassenraums sprang und mit hochgerissenen Armen direkt vor Mr Sheppards Pult zum Stehen kam. Ihr Auftritt wirkte wie der einer Ballerina,
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