Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
014 - Die Insel der wandelnden Toten

014 - Die Insel der wandelnden Toten

Titel: 014 - Die Insel der wandelnden Toten
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
Das zehn Meter lange Motorboot trieb scheinbar verlassen und führungslos in der Strömung der Sizilianischen Straße. Es strahlte etwas Unheimliches aus, das spürte Alfredo Cammero sofort.
    »Los, werft den Motor an«, trug er deshalb seinen beiden Söhnen auf. »Wir machen, daß wir von hier fortkommen. Wir tun so, als hätten wir überhaupt nichts bemerkt.«
    »Es handelt sich um eine der Jachten von Don Chiusa, Vater«, rief da sein älterer Sohn Umberto. »Ich kann es jetzt ganz deutlich erkennen.«
    »Dann sollten wir erst recht einen Bogen darum machen«, erklärte Alfredo. »Ich möchte mit Don Chiusa nichts zu schaffen haben. Es genügt, wenn er sich von jedem unserer Fischfänge seinen Anteil holt.«
    »Ahoi!« rief sein jüngerer Sohn Franko mit lauter Stimme über das Wasser und winkte mit beiden Händen.
    Sein Vater stürzte sich auf ihn und riß ihn zurück. »Bist du verrückt?« herrschte er Franko an. »Ich habe doch wohl deutlich genug gesagt, daß ich nichts mit dem Schiff und den Leuten, die dazugehören, zu tun haben möchte.«
    »Aber an Bord scheint irgend etwas nicht in Ordnung zu sein, Vater«, wandte sein jüngerer Sohn ein. »Nichts rührt sich, und auf meinen Ruf hat niemand geantwortet.«
    »Wahrscheinlich haben sie heiße Fracht an Bord«, sagte Alfredo.
    »Eben«, erwiderte sein älterer Sohn Umberto. »Die Jacht kommt sicher von Tunis. Es muß irgend etwas passiert sein, sonst würde sie nicht ohne Fahrt dahintreiben. Vielleicht können wir der Besatzung noch helfen, und du weißt, Vater, daß sich Don Chiusa nicht lumpen läßt, wenn man ihm einen Dienst erweist.«
    »Ich pfeife auf seine Almosen«, sagte Alfredo abfällig, und Bitternis schwang in seiner Stimme mit. »Es handelt sich sowieso um Geld, das er aus uns armen Fischern herauspreßt.«
    »Du bräuchtest nicht arm zu sein, wenn du für Don Chiusa fahren würdest«, warf ihm Umberto vor. »Aber wenn du schon nicht auf eine Belohnung aus bist, solltest du wenigstens Don Chiusas Zorn fürchten. Wenn ihm zu Ohren kommt, daß du eines seiner Schiffe auf hoher See im Stich gelassen hast, dann …«
    Das gab für Alfredo Cammero den Ausschlag. Er war bisher standhaft gewesen und hatte es verstanden, sich aus den Geschäften der Cosa Nostra herauszuhalten – was auf Sizilien eine Leistung besonderer Art war –, aber so weit ging seine Courage auch wieder nicht, daß er sein Leben riskierte.
    Der Fischer näherte sich der dahintreibenden Jacht mit tuckerndem Motor und legte an ihrer Seite an. Noch immer rührte sich nichts an Bord.
    »Ist da jemand?« rief Alfredo mit unsicherer Stimme. »Hallo, warum meldet sich niemand? Wenn wir an Bord kommen sollen, dann gebt uns ein Zeichen!«
    Die drei Männer lauschten angestrengt, aber außer dem Geräusch, das die gegen die Bordwände der beiden Schiffe schlagenden Wellen erzeugten, war nichts zu hören. Plötzlich war Alfredo jedoch, als würde jemand stöhnen. Seine Söhne und er sahen einander an. Umberto wollte aufs andere Schiff hinüberspringen. Sein Vater konnte ihn gerade noch zurückhalten. Sie erstarrten alle drei, als sie wieder ein Stöhnen hörten und gleichzeitig schlurfende Schritte. Die Geräusche kamen aus der Kajüte. Alfredo erwartete, jeden Augenblick einen übel zugerichteten Mann auftauchen zu sehen. Er wußte, daß Don Chiusa auch Mädchenhandel betrieb und die Polizei von Tunis nicht zimperlich im Gebrauch mit Waffen war, wenn sie einen Mädchentransport abfing.
    Was Alfredo dann aber zu sehen bekam, übertraf seine schrecklichsten Erwartungen.
    »Mama mia!« entfuhr es ihm, als das unheimliche Wesen hinter den Deckaufbauten auftauchte.
    »Helft … uns!« sagte der Unheimliche krächzend und stockend. Dann torkelte er gegen die Reling.
    Umberto wollte neuerlich auf die Jacht hinüberspringen, doch diesmal war es der Verstümmelte selbst, der ihn davon abhielt.
    »Nein!« rief er abwehrend, und hob den Kopf.
    Alfredo konnte jetzt deutlich in sein Gesicht sehen. Der Anblick krampfte ihm die Eingeweide zusammen. Was er vor sich sah, mußte einmal ein Mann gewesen sein. Jetzt war das Gesicht wie von der Pest zerfressen. Die Haut – sofern noch vorhanden – war schwarz verfärbt; über die Augen hingen Muskelstränge, an denen noch die Haare der Brauen klebten. Da sie seine Sicht behinderten, riß das Wesen sich die Fleischfetzen einfach ab. Als es zwinkerte, fiel ein Auge aus der Höhle.
    »Kommt mir nicht zu nahe«, wimmerte es. »Sonst … ergeht es euch ebenso.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher