Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0366 - Das Todeslied der Testpiloten

0366 - Das Todeslied der Testpiloten

Titel: 0366 - Das Todeslied der Testpiloten
Autoren: Das Todeslied der Testpiloten
Vom Netzwerk:
Jim Corbett hatte noch neun Minuten zu leben.
    Die Luft dröhnte, als sei die Hölle aus dem Betonboden des Flugplatzes gebrochen. Der Lärm ließ nach, je weiter Jim Corbett seine schneeweiße Testmaschine zur Startpiste wegrollte.
    Mit quietschenden Reifen raste ein roter Buick um die Ecke der sich lang hinziehenden Flugzeughalle. Das Wildcat-Kabriolett schoß wie ein rubinroter Funke genau auf uns zu.
    Am Steuer saß eine Frau.
    Mit einem Arm gab ich Stoppsignal.
    Eine schlanke Frau mit rotgetönten Haaren, schwarzen Slacks und jadegrüner Bluse sprang heraus.
    »Wo ist Jim?« Die Goldreifen an den nackten Armen klirrten. »Sagen Sie mir, wo ist Jim?«
    Ich erkannte Mrs. Corbett, die Frau des Testpiloten, der drüben am Start stand und auf den Abruf vom Turm wartete.
    »Am Start«, antwortete ich.
    Ihre weißen Zähne gruben sich in die kleine Faust. Mit einer Hand schlug sie verzweifelt auf den Jeep, in dem Phil und ich saßen.
    »Er darf nicht starten!« schrie sie.
    »Was ist denn passiert?« fragte Phil.
    Sie hob den Kopf. Tränen liefen über die pfirsichfarbenen Wangen. »Er hat angerufen!«
    »Wer?«
    »Er!« schrie sie voller Angst in mein Gesicht. Ich spürte ihren Atem, ihre Perlmuttfingernägel grüben sich wie spitze Nägel in meinen Arm. »Mr. Cotton«, schluchzte sie, »Jim darf nicht fliegen!«
    »Sagen Sie uns endlich, was passiert ist!«
    »Jim wird sterben! Glauben Sie mir, Jim wird sterben!«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Er hat es gesagt!« Sie weinte, ihr Körper vibrierte.
    »Nervenkollaps!« hauchte Phil in mein Ohr. Nina Corbett konnte ihn nicht verstehen. »Das macht diese verrückte Wüste und der Job wohl auch.«
    »Helfen Sie mir doch«, wimmerte Nina Corbett neben uns. Plötzlich richtete sie sich auf. »Wo ist Glenn Kittler?«
    Ihre Augen glänzten fiebrig.
    »Er ist zum Turm gefahren!«
    Ihre gelackten Krallen lösten sich von meinem Arm. Sie lief zu ihrem Wagen zurück, dessen acht Zylinder im Leerlauf leise sangen.
    Der Schlag knallte zu. Der Rückwärtsgang ratschte wie eine Raspel über Eisen. Sie stieß den Wagen mit Schwung zurück, drehte das Lenkrad und raste über die graue Betonfläche davon.
    »Da stimmt etwas nicht«, sagte ich und riß das Steuer herum, um hinter Nina Corbetts Wildcat herzufahren. Wir schossen an den kilometerlangen weißen Hallen vorbei.
    »Glaubst du, was Sie von ihrem Mann gesagt hat?« fragte Phil.
    »Daß er sterben wird?«
    »Ja.«
    »Keine Ahnung. Aber um so etwas zu verhüten, sind wir ja schließlich hier in Muroc«, erwiderte ich.
    ***
    Ich stoppte vor dem Eingang zum Turm, auf dessen flachem Dach eine Radarantenne rotierte.
    Nina Corbett verschwand gerade in der offenstehenden Tür. Neben uns fauchte Jim Corbetts Testmaschine über die lange Startbahn.
    Phil und ich hetzten die Treppen hinauf, Nina nach.
    Sie riß die weißgestrichene Eisentür zum Turmraum auf und sah auf die fünf Männer, die in weißen Hemden an den Kontroll- und Überwachungsgeräten saßen.
    Glenn Kittler stand am aufgeklappten Fenster und beobachtete durch ein Fernglas den Start der Testmaschine. Neben Kittler stand Robin Todd, der Direktor des Flugplatzes Muroc.
    Nina lief auf Kittler zu. »Glenn, rufen Sie Jim zurück!«
    Unwillig drehte sich der Graukopf herum.
    »Er wird sterben, Glenn, ich weiß es!«
    »Mrs. Corbett, Sie wissen, daß Sie hier nichts zu suchen haben«, sagte Glenn Kittler ruhig. »Bitte, gehen Sie hinaus. Sie stören den Versuch.« Er machte ein Gesicht, als sei er gewohnt, Ölsardinen zu essen, ohne die Dose aufzumachen. Glenn Kittler war ein umgänglicher Mann, aber wenn es um seine Testgruppe ging, konnte er hart wie ein Diamant und bissig wie ein ausgehungerter Straßenköter sein.
    »Sie müssen ihn zurückrufen!« Nina Corbett bebte am ganzen Körper.
    »Das werde ich nicht tun. Er hebt gerade ab.«
    Kilometerweit von uns entfernt stieg Jims weiße Raketenzigarre wie eine Daune im Aufwind in den wolkenlosen Himmel.
    »Alles in Ordnung«, kratzte Jim Corbetts Stimme in einen Lautsprecher.
    »Jim«, sprach Glenn Kittler in das Mikrofon, »geh auf Gegenkurs, komm am Turm vorbei. Dann hinauf. Laß den Vogel rennen. Heute soll er zeigen, daß er seine 3000 Sachen macht.«
    »Verstanden, Glenn«, tönte es scheppernd aus dem Lautsprecher.
    Nina Corbett wollte sich auf das Mikrofon stürzen.
    »Jerry, bringen Sie Mrs. Corbett hinaus«, zischte Glenn Kittler.
    Ich faßte Ninas Arm. Sie preßte das Gesicht in ein Taschentuch und weinte still vor sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher