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0877 - Raubvampire!

0877 - Raubvampire!

Titel: 0877 - Raubvampire!
Autoren: Volker Krämer
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Irgendetwas traf Hassaf hart im Nacken - etwas metallisch-kaltes.
    »Nun bring ihn nicht gleich um, Colbra. Erst muss er noch reden, dann kannst du deinen Spaß mit ihm haben.«
    Die Angesprochene fing den Alten spielerisch auf, dessen hagererer Körper in sich zusammensackte. »Er muss reden - du nicht. Also halte mir lieber die Menschen vom Hals. Wir treffen uns am vereinbarten Ort.« Sie warf den Bewusstlosen über ihre Schulter und verschwand. Das Zusatzgewicht schien ihr nichts auszumachen.
    Die dritte der Frauen trat aus dem Schatten hervor, versperrte so gemeinsam mit der ersten den Ausgang. Die Männer, die ihre Gebete in aller Stille hatten sprechen wollen, erwachten nun aus ihrer Starre. Niemand kannte den Entführten, doch er war ein Gläubiger wie sie. Also mussten sie ihm beistehen.
    Wie hingewünscht lagen in den Händen der beiden schwarzgekleideten Frauen sichelartige Waffen, Doppelsicheln, die rasiermesserscharf geschliffen waren. Der Ansturm der Männer stockte, doch zwei von ihnen wollten der weiblichen Gewalt nicht weichen.
    Blut spritzte an die mit Teppich verkleideten Wände…
    Männerblut…
    ***
    Er war doch nur ein alter Mann, dessen einziges Streben die Deckung seines täglichen Alkoholbedarfs war… und die eine oder andere Haschpfeife.
    Mehr wollte er nicht mehr vom Leben, einem Leben, das aus Kampf bestanden hatte. Dem Kampf um das Überleben in der Kasba.
    Hier in Algier war er geboren worden. Zumindest hatte man ihm das so erzählt, und nur äußerst selten hatte er die Stadt überhaupt verlassen. Wozu auch? Ein Kind der Kasba, das gelernt hatte hier zu bestehen, fühlte sich auch nur hier sicher und geborgen. Wobei das wie Hohn klang, wenn man von einem Stadtteil sprach, in dem Raub und Mord zum Tagesgeschäft gehörte.
    Die Polizei Algiers hatte es längst aufgegeben, die Kasba zu säubern - es war eher schon so, dass die Beamten hier kräftig mitmischten… und mitkassierten.
    Ja, er war nur ein alter Mann, dessen Erinnerung oft lediglich von einem Tag zum folgenden reichte. Rasches Vergessen zählte hier zu den vorteilhaften Eigenschaften.
    Und nun quälten sie ihn - wollten, dass er sich an einen bestimmten Tag erinnerte, an ein ganz bestimmtes Geschäft, das er getätigt hatte. Hassaf schrie auf, als sich die nadelfeine Klinge des Stiletts in seinen Oberschenkel bohrte. Die Schmerzen explodierten in seinem Kopf, wollten ihm eine gnädige Ohmacht schicken, doch ein Schwall stinkenden Wassers verhinderte diese Flucht vor seinen Peinigerinnen.
    Sie… drei junge Frauen, komplett in schwarzes Leder gewandet. Hassaf hatte viele Jahre lang keine Frau mehr gehabt, denn die Drogen und der billige Fusel hatten ihn abstumpfen lassen, doch für jede der drei hätte er früher ein Vermögen bezahlt, um sie auch nur eine Nacht bei sich haben zu können. Schönheiten, wie man sie in der Kasba ganz einfach nicht fand. Nicht einmal die teuerste Hure hätte da mithalten können.
    Doch die Augen der drei Frauen blickten so kalt, so abweisend, dass wohl ein jeder Mann mit Furcht im Herzen das Weite gesucht hätte. Es waren die Blicke von Toten!
    Langsam, scheinbar mit großer Freude, zog die aktivste dieser Folterhexen die feine Klinge wieder aus Hassafs Körper. Die Klinge war so fein, dass die Wunde nur einen einzigen Blutstropfen ausspie. Der jedoch reichte aus, um die kalten Augen der Frau aufblitzen zu lassen; sie öffnete beinahe lasziv ihre Lippen… und Hassaf sah die kleine Zunge, die blitzschnell erschien und wieder verschwand. Die Furcht in dem Alten stieg ins Unermessliche - das waren Vampire, daran konnte er nun nicht mehr zweifeln.
    Eine von ihnen - die, die ihre rötliche Haarpracht streng nach hinten gekämmt trug, kniete sich neben Hassaf. Der alte Dieb konnte seine Blicke nicht von ihrem Mund wenden. Die Frau machte sich nicht die Mühe, ihre spitzen Eckzähne zu verbergen.
    »Du hast die Wahl, Alter. Sage uns, was wir wissen wollen - dann stirbst du leicht. Sage es nicht - dann ziehen wir dir die Haut in feinen Streifen vom Leib. Sterben wirst du auf jeden Fall.« Sie machte mit dem Kopf eine Bewegung hin zu ihren Begleiterinnen. »Sie sind durstig. Je länger sie auf das Stillen ihrer Begierde warten müssen, um so schlimmer wird es für dich werden. Sag uns, was wir wissen wollen.«
    Hassaf fühlte, wie etwas schon jetzt in ihm starb. So sollte er also enden. Er hatte gehofft, irgendwann einmal nicht mehr aus einem Rausch aufzuwachen. Das war der Tod, den er sich gewünscht
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