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Coelho,Paul

Coelho,Paul

Titel: Coelho,Paul
Autoren: Schutzengel
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Paulo Coelho
     
    Schutzengel
     
    Roman
     
    Aus dem
Brasilianischen von Maralde Meyer-Minnemann
     
    Für den Namen,
der am 12. Oktober 1988 in den Glorieta Canyon
geschrieben wurde.
     
    Und siehe, des
Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie.
    Lukas, 2:9
     
     
    Prolog
     
    J. und ich hatten uns am Strand
von Copacabana zum Abendessen getroffen. Mit der Freude und Begeisterung eines
Autors, der gerade sein zweites Buch veröffentlicht hatte, übergab ich ihm ein
Exemplar von Der Alchimist. Ich sagte ihm dazu, dass das Buch
als Dank für alles, was ich in den sechs vergangenen Jahren von ihm gelernt
hatte, ihm gewidmet sei.
    Zwei Tage später begleitete ich
ihn zum Flughafen. Während wir warteten, dass sein Flug aufgerufen wurde,
sagte er zu mir: »Alles, was einmal passiert, passiert möglicherweise nicht
noch einmal. Falls es aber zweimal passiert, wird es bestimmt ein drittes Mal
passieren.« Ich fragte, was er damit sagen wolle. Er erklärte mir, dass ich
schon zwei Chancen, meinen Traum zu leben, ungenutzt hätte verstreichen lassen,
und zitierte dann aus einem Gedicht von Oscar Wilde:
     
    Doch jeder mordet, was er liebt,
    sei jeder dess belehrt,
    Mit schmeichelndem Wort, mit
bittrem Blick,
    nach jedes Art und Wert;
    Der Feige mordet mit einem Kuss,
    der Tapfre mit einem Schwert!
     
    »Der Fluch muss gebrochen werden«,
meinte J. und schlug mir vor, an einem einsamen Ort die »Geistlichen Übungen«
des heiligen Ignatius von Loyola zu machen. Erfolg erfülle
den Menschen mit Freude, löse aber zugleich Schuldgefühle aus. Die Übungen
könnten mich auf das vorbereiten, was die Zukunft für mich bereithalte.
    Als ich ihm daraufhin erzählte, es
sei schon immer mein Traum gewesen, vierzig Tage in einer Wüste zu verbringen,
schlug er mir vor, in die Mojave in den Vereinigten
Staaten zu fahren, wo er jemanden kenne, der mir helfen könnte, das zu
akzeptieren, was ich liebe - meine Arbeit.
    Das Ergebnis dieser Erfahrung
findet sich in diesem Buch. Die Ereignisse, von denen Schutzengel erzählt, haben sich zwischen dem 5. September und dem 17. Oktober 1988
zugetragen. Manchmal habe ich die Abfolge der Ereignisse ein wenig verändert
und mich zweimal zum besseren Verständnis des Lesers der Mittel der Fiktion
bedient, doch alle wesentlichen Fakten sind wahr. Der im Nachwort des Buches
zitierte Brief ist im Notariat für Titel und Dokumente von Rio de Janeiro unter
der Nummer 478038 hinterlegt.
     
    Paulo Coelho
     
     
    S ie waren
jetzt schon sechs Stunden unterwegs. Zum hundertsten Mal fragte er seine Frau,
die auf dem Beifahrersitz saß, ob dies auch wirklich der richtige Weg sei.
    Zum hundertsten Mal schaute sie
auf die Karte. Ja, es war der richtige Weg. Obwohl durch die grüne Landschaft
ein schöner Bach floss und die Straße von Bäumen gesäumt war.
    »Lass uns an einer Tankstelle
anhalten und fragen«, schlug sie vor.
    Schweigend fuhren sie weiter und
hörten dabei einen Sender, der Oldies spielte. Chris wusste, dass es nicht
notwendig war, an der Tankstelle zu halten, da sie auf dem richtigen Weg
waren, auch wenn die Umgebung ganz anders aussah als erwartet. Aber sie kannte
ihren Mann - Paulo war argwöhnisch, traute ihr nicht zu, die Karte richtig zu
lesen. Er würde sich erst beruhigen, wenn sie jemanden fragten.
    »Wir sind hier, damit du mit
deinem Schutzengel redest«, sagte sie nach einer Weile. »Aber wie wäre es, wenn
du einstweilen mit mir reden würdest?«
    Er schwieg weiter, den Blick starr
geradeaus auf die Straße gerichtet. >Es bringt nichts, darauf zu
bestehen<, dachte sie. Wenn doch bloß schnell eine Tankstelle auftauchte!
Sie waren direkt vom Flughafen von Los Angeles losgefahren - und Chris hatte
Angst, dass Paulo zu müde sein und am Steuer einschlafen könnte.
    Und dieser bescheuerte Ort kam und
kam nicht.
    >Ich hätte einen Ingenieur
heiraten sollen<, sagte sie sich.
    Sie würde sich nie daran gewöhnen
können: Immer wieder ließ Paulo von einem Augenblick auf den anderen alles
stehen und liegen, jagte hinter heiligen Wegen, Schwertern, Gesprächen mit
Engeln her, tat alles nur Erdenkliche, um auf dem Weg der Magie weiterzukommen.
>Er hat schon immer diese Manie gehabt, alles stehen- und liegenzulassen , auch bevor er J. getroffen hat.<
     
    Sie erinnerte sich an den Tag, an
dem sie beide zum ersten Mal miteinander ausgegangen waren. Sie waren gleich im
Bett gelandet, und eine Woche später hatte sie ihr Reißbrett in seine Wohnung
gebracht. Ihre
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