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Coelho,Paul

Coelho,Paul

Titel: Coelho,Paul
Autoren: Schutzengel
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heiß. Took sagte, es ist gefährlich. Lass uns das morgen machen.«
    Paulo antwortete nicht. Er
versuchte, daraus, dass er in einem Hotelzimmer eingeschlossen war, eine Art
Lehrstunde zu machen. Er versuchte allem, was in seinem Leben geschah, einen
Sinn zu geben, und redete nur, um Spannungen abzubauen.
    Aber man konnte nicht ständig
allem einen Sinn geben und die ganze Zeit über wach und angespannt sein. Paulo
entspannte sich nie, und sie fragte sich, wann er das alles satt haben würde.
    »Wer ist dieser Took eigentlich?«
    »Sein Vater ist ein mächtiger
Magier, der die >Tradition< in der Familie erhalten möchte - so wie
Väter, die Ingenieure sind, möchten, dass der Sohn denselben Beruf ergreift.«
    »Er ist jung, tut aber so, als
wäre er ein reifer Mann«, meinte Chris. »Er vergeudet die besten Jahre seines
Lebens in der Wüste.«
    »Alles hat seinen Preis. Wenn Took dies alles hinter sich gebracht hat - und die
>Tradition< nicht aufgibt -, wird er der Erste in einer Reihe von jungen
Meistern sein, die in einer Welt zu Hause sind, die die Alten, obwohl sie sie
verstehen, nicht mehr erklären können.«
    Paulo legte sich aufs Bett und
blätterte in dem einzigen vorhandenen Buch: dem Mojave-Hotelführer .
Er wollte seiner Frau nicht erzählen, dass Took neben
den Gründen, die er aufgeführt hatte, noch aus einem anderen Grund hier war: Er
war ein Mensch mit ungewöhnlichen übersinnlichen Kräften, der von der
>Tradition< darauf vorbereitet worden war, in dem Augenblick zu handeln,
in dem sich die Pforten des Paradieses öffneten.
    Chris wollte sich unterhalten. In
einem Hotelzimmer festzusitzen vermittelte ihr ein Gefühl der Beklemmung, sie
war entschlossen, nicht »allem einen Sinn zu geben«, wie ihr Mann es tat. Sie
war nicht hier, weil sie einen Platz in einer Gemeinschaft von Erwählten
einnehmen wollte.
    »Ich verstehe nicht, was Took mir beibringen wollte«, sagte sie. »Die Einsamkeit und
die Wüste können den Kontakt zur unsichtbaren Welt intensivieren, aber auch
dazu führen, dass wir den Kontakt zu den anderen Menschen verlieren.«
    »Er wird hier schon auch eine oder
zwei Freundinnen haben«, meinte Paulo, der sich an eine Bemerkung seines
Meisters zum Thema >Magie und Frauen< erinnerte und das Gespräch hier
abschließen wollte.
    >Wenn ich noch weitere
neununddreißig Tage mit Paulo hier zusammen eingeschlossen verbringen muss,
bringe ich mich um<, schwor sich Chris.
     
    A m
Nachmittag gingen sie in eine Snack-Bar auf der anderen Straßenseite. Paulo
wählte einen Tisch am Fenster aus.
    Sie bestellten sich riesige
Eisbecher. Chris verbrachte ein paar Stunden damit, auf ihr >zweites
Bewusstsein< zu achten, und nach und nach gelang es ihr, es besser zu
kontrollieren. Ihr Appetit allerdings entzog sich jeder Kontrolle.
    »Ich möchte, dass du die Leute,
die vorbeikommen, genau anschaust.«
    Sie tat, worum Paulo sie gebeten
hatte. In nicht ganz einer halben Stunde waren fünf Leute am Fenster
vorbeigekommen.
    »Was hast du gesehen?«
    Sie beschrieb alle fünf Personen
eingehend - Kleidung, geschätztes Alter, was sie mit sich trugen. Aber es
schien nicht das zu sein, was er wissen wollte. Sosehr sich Chris auch bemühte,
eine bessere Antwort zu finden, es gelang ihr nicht.
    »Also gut«, sagte er schließlich.
»Ich werde dir sagen, was ich wollte, dass es dir auffiel. Alle Leute, die hier
vorbeigekommen sind, haben zu Boden geschaut.«
    Sie warteten eine Weile, bis
wieder jemand vorbeikam. Paulo hatte recht.
    » Took hat dich gebeten, zum Horizont zu blicken. Tu es!«
    »Was meinst du damit?«
    »Wir alle schaffen um uns herum
eine Art >magischen Raum<. Im Allgemeinen ist es ein Umkreis von fünf
Metern Durchmesser - und wir achten auf alles, was darin ist. Egal ob es sich
um Menschen, Tische, Telefone oder Schaufenster handelt: Wir versuchen, diese
kleine Welt, die wir selber geschaffen haben, unter Kontrolle zu halten.
    Die Magier hingegen blicken immer
in die Ferne. Sie erweitern diesen >magischen Raum< und versuchen sehr
viel mehr Dinge zu kontrollieren. Sie nennen das >zum Horizont blicken<.«
    »Und warum soll ich das machen?«
    »Weil du hier bist. Du wirst
sehen, wie sich die Dinge verändern.«
    Als sie aus der Snack-Bar traten,
achtete sie auf Dinge in der Ferne. Sie sah die Berge, die wenigen Wolken, die
erst auftauchten, wenn die Sonne unterging, und ihr war so - und es war ein
merkwürdiges Gefühl -, als sähe sie die Luft um sich herum.
    »Alles, was Took gesagt hat, ist
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