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TTB 106: Der dritte Planet

TTB 106: Der dritte Planet

Titel: TTB 106: Der dritte Planet
Autoren: Richard Matheson
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Das Ungeheuer
     
    Heute, als es hell war, hat Mutter mich »Ungeheuer« genannt. »Du Ungeheuer!« hat sie gesagt. Ich sah den Ärger in ihren Augen und möchte wissen, was ein Ungeheuer ist.
    Heute ist Wasser vom Himmel gefallen, überallhin. Ich habe es gesehen. Die Erde hinter dem Haus konnte ich von dem kleinen Fenster aus beobachten. Sie hat das Wasser aufgesaugt wie durstige Lippen. Sie trank zuviel, wurde ganz dunkelbraun und lief über, weil ihr schlecht wurde. Ich fand es nicht schön.
    Mutter ist eine schöne Frau; das weiß ich. In dem kleinen Raum mit den kalten Wänden, in dem mein Bett steht, habe ich Papiere versteckt, die ich hinter dem Heizkessel gefunden habe. Darüber steht FILMSTARS, und die Gesichter darin sind wie die von Vater und Mutter. Vater sagt, sie sind hübsch.
    Und auch Mutter ist hübsch – hat er gesagt. Mutter so hübsch, und ich ...?! »Sieh dich an!« sagte Vater und machte kein freundliches Gesicht dabei. »Du bist Gottes Strafe für unser Spiel mit den Atomen.« Ich berührte seinen Arm und sagte: »Es ist schon gut, Vater.« Er schüttelte sich und trat so weit von mir weg, daß ich ihn nicht mehr erreichen konnte.
    Heute hat Mutter mich ein bißchen von der Kette gelassen, so daß ich aus dem kleinen Fenster gucken konnte. Dabei habe ich das Wasser vom Himmel fallen sehen.
     
    *
     
    Heute war der Himmel golden. Als ich hinaufblickte, taten mir die Augen weh. Nachher sah der Keller ganz rot aus.
    Ich glaube, heute war Kirche. Sie sind oben weggegangen, in die große Maschine gestiegen und verschwunden. Hinten saß die kleine Mutter. Sie ist viel kleiner als ich. Aus dem kleinen Fenster kann ich alles sehen, was ich sehen möchte.
    Als es heute dunkel wurde, hatte ich mein Essen und ein paar Käfer gegessen. Oben hörte ich lachen und wollte gern wissen, weshalb sie lachten. Ich machte die Kette von der Wand los, wickelte sie um mich herum und ging schnell zur Treppe. Die Stufen knarren, wenn ich darauf trete. Meine Beine wollen unter mir wegrutschen, weil ich sonst nicht auf Treppen gehe. Meine Füße stoßen an die hölzernen Stufen.
    Ich ging nach oben und öffnete eine Tür. Dahinter war alles weiß, weiß wie die Juwelen, die manchmal von oben kommen. Ich trat durch die Tür, stand ruhig und hörte das Lachen jetzt lauter. Ich ging dem Geräusch nach und sah plötzlich Menschen, mehr Menschen, als ich gedacht hatte. Ich glaubte, ich müßte mit ihnen lachen.
    Mutter kam herein und stieß die Tür zu. Sie traf mich und tat mir weh. Ich fiel rücklings auf den Fußboden, und die Kette klirrte laut. Ich weinte. Mutter legte sich eine Hand auf den Mund. Ihre Augen wurden groß.
    Sie sah mich an. Ich hörte Vater rufen: »Ist etwas gefallen?« Mutter sagte: »Ein eisernes Brett. Komm – hilf mir es aufheben.«
    Er kam und sagte: »Ist das denn so schwer, daß du dazu Hilfe brauchst?« Er schien größer zu werden, und seine Augen funkelten wütend. Er schlug mich, und ein paar Blutstropfen fielen von meinem Arm auf den Fußboden. Es sah nicht hübsch aus. Sie machten häßliche grüne Flecke auf dem hellen Holz.
    Vater befahl mir, wieder in den Keller zu gehen, und ich mußte gehorchen. Jetzt tat das Licht meinen Augen weh. Es ist anders als das im Keller.
    Vater band meine Arme und Beine zusammen und legte mich auf das Bett. Oben hörte ich wieder lachen, während ich ruhig lag und eine schwarze Spinne beobachtete, die sich auf mein Bett herabließ. Ich dachte an das, was Vater gesagt hatte. »O Gott!
    Und erst acht Jahre!«
     
    *
     
    Heute machte Vater die Kette wieder fest, ehe es hell wurde. Ich muß versuchen, sie wieder herauszuziehen. Er sagte, es wäre ungezogen von mir gewesen, nach oben zu kommen, und ich sollte es nie wieder tun, oder er würde mich entsetzlich schlagen. Ich weiß, wie weh das tut.
    Ich hatte Schmerzen, legte meinen Kopf an die kalte Wand und versuchte zu schlafen, mußte aber an das weiße Zimmer oben denken.
    Dann bekam ich die Kette von der Wand los und blickte aus dem Fenster, weil ich draußen leises Lachen hörte. Ich sah lauter kleine Menschen wie meine Mutter und meinen Vater. Sie waren hübsch.
    Sie sprangen auf der Erde umher und machten dabei Geräusche, die sich nett anhörten. Ihre Beine bewegten sich schnell. Sie waren ganz wie Mutter und Vater. Mutter sagt, alle richtigen Menschen sehen so aus.
    Einer der kleinen Väter sah mich und zeigte auf das Fenster. Ich ließ mich los und rutschte an der Wand hinunter – in die
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