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Inkarnationen

Inkarnationen

Titel: Inkarnationen
Autoren: Vampira VA
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keuchen wie ein erschöpftes Schlachtroß. Laut knarrte der Klappstuhl, als er sich langsam erhob. Viel zu laut knarrte der Holzboden des Hochsitzes, als er sich ans Geländer stellte, um in die Dunkelheit der Lichtung hinauszuspähen.
    Seine Hand suchte nach dem Gewehr und packte den Lauf, als wäre es ein Rettungsanker.
    »Wen holen wir da runter von seinem Thron?« Die Stimme war tief. Ein einziges, an der Grenze zur Unverständlichkeit stehendes Brummen. Fast schon ein Knurren. »Niemand wildert in meinem Wald.«
    Ein letzter Knurrlaut. Kraftvoll. Irgendwie bedrohlich. Unmöglich für eine menschliche Kehle. Dann war wieder Stille. Absolutes Schweigen über der Lichtung.
    Sein Atem stieg vor seinen Augen hoch, als er den Schal und die Mütze abnahm.
    Dort ein Knacken. Brechen von Geäst. Leise nur, weit weg, auf der anderen Seite der Lichtung. Sofort griff er nach dem Feldstecher und ließ seinen Blick über die Baumreihen des gegenüberliegenden Waldrandes gleiten.
    Keinerlei Bewegung inmitten der schwarzen Wand. Rein gar nichts.
    Er nahm das Fernglas wieder herunter und sah sich um. Spähte in die Schwärze hinein.
    Finstere Wiese, von Buschwerk und Sträuchern durchsetzt. Genügend Deckungsmöglichkeiten. Kein Wunder, daß er nichts sehen konnte .
    Dort!
    Er hätte schwören können, daß er eine schnelle Bewegung ausgemacht hatte. Oder .?
    Erst nachdem er sicher war, daß er sich doch geirrt haben mußte, nahm er Notiz davon, daß er das Gewehr im Anschlag hielt. Verwirrt ließ er es wieder niedersinken.
    »Absolut niemand.«
    Augenblicklich wies der Lauf in die Richtung, aus der die Stimme erneut aufgeklungen war. Es hatte sich näher angehört als zuvor. Und tiefer. Viel tiefer .
    Der Wilderer leckte sich nervös über die Lippen, die Gefahr mißachtend, daß die nasse Haut in der kalten Luft aufspringen konnte, und räusperte sich die Kehle frei.
    »Wer ist da?«
    Auf eine Reaktion wartete er vergebens. Leise fluchte er vor sich hin und leckte sich wieder über die Lippen.
    Ein Knacken. Brechen von trockenen, kalten Ästen. Aus einer völlig anderen Richtung als das letzte Mal.
    Verwirrt ließ er seinen Blick nun über ein breiteres Gebiet schweifen. Irgendwo flatterte ein Vogel verschreckt über die Lichtung und lenkte ihn für einen Moment ab. Beinahe hätte er auf das Tier abgedrückt. In dieser verdammten Dunkelheit konnte man so gut wie nichts erkennen .
    Rascheln von Gezweig. Schritte auf vereistem Gras. Direkt unter ihm, am Fuß des Hochsitzes!
    Er beugte sich nach vorn und starrte sechs Meter tief in die Dunkelheit. Und erkannte dort unten - rein gar nichts. Wiederholt begann er, wüste Flüche auszustoßen.
    Er hörte erst damit auf, als er bemerkte, daß sich die Leiter hinter ihm in ihrer provisorischen Befestigung bewegte. Das Holz der Sprossen knarrte unter irgendeinem Gewicht.
    Er schob sich vorsichtig an das Geländer heran, darauf bedacht, kein verräterisches Geräusch zu verursachen. Schließlich hatte er die Grenze der Plattform erreicht und lugte zaghaft über den Rand in die Tiefe. Schwarz und schattenreich präsentierte sich ihm der Blick in den Abgrund. Er konnte die Umrisse der Leiter ausmachen und nahm jetzt, wo er direkt neben ihr stand, die Erschütterungen um so deutlicher wahr.
    Und dann entdeckte er das leuchtende Kugelpaar, das mitten in der Luft zu schweben schien und mit abgehackten Bewegungen auf ihn zustieß. Ein Knurren drang an sein Ohr, und wieder erzitterte das Holz der Leiter unter einem immensen Gewicht, das sich hastig in die Höhe zog.
    Was um alles in der Welt war das?
    Wie in einem Traum, aus dem er sich augenblicklich aufzutauchen wünschte, um sich im nächsten Moment naßgeschwitzt in einem zerwühlten Bett wiederzufinden, richtete der Wilderer den Lauf des Gewehres in die Tiefe und drückte ab.
    Der Schuß zerriß die Stille über der Lichtung, so wie das Aufblitzen vorne am Laufende die Dunkelheit. Irgendwo schreckten vereinzelte Vögel aus dem Schlaf hoch und flatterten verängstigt durch die beißend kalte Nachtluft.
    Die Nacht war plötzlich erfüllt von bisher erstorbenen Geräuschen. Rascheln in den Büschen. Brechen von Astwerk. Der von Panik erfüllte Ruf irgendeines Kleintieres. Aber das war alles bloß Hintergrund, bloß Kulisse.
    Über alles legte sich das infernalische Brüllen, das ihm aus der Tiefe entgegenklang. Er glaubte auch noch das Splittern der Leitersprossen unter sich hören zu können. Sicher, getroffen zu haben, war er aber erst, als
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