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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron
Autoren: Catherine Fisher
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gewesen, aber alle vom Abschaum trugen abgedunkelte Helme, und so konnte er sich nicht sicher sein.
    Und dann entdeckte er die Frau wieder. Sie schubste Kinder unter den ersten Wagen; ein kleiner Junge schluchzte, und sie griff nach ihm und riss ihn vor sich. Gas strömte zischend aus den kleinen Kugeln, die niederprasselten und wie Eier aufplatzten, sodass Finns Augen zu tränen begannen. Er zog seinen eigenen weichen Helm heraus und streifte ihn sich über. Die
durchweichten Schutzöffnungen vor Mund und Nase machten es schwieriger für ihn zu atmen. Das Infrarot-Gitter vor seinen Augen ließ die Halle rot werden, sodass er alles klar erkennen konnte.
    Die Maestra hatte eine Waffe und feuerte damit.
    Â»Finn!«
    Es war Keiro, doch Finn ignorierte den Ruf. Er rannte zum ersten Wagen, tauchte unter ihn und packte den Arm der jungen Frau. Als sie sich umdrehte, schlug er ihre Waffe zur Seite. Die Maestra schrie vor Zorn auf und hieb mit ihren dornenbesetzten Handschuhen nach seinem Gesicht; die Nägel blieben in seinem Helm stecken. Während Finn sie unter dem Wagen hervorzog, traten ihn Kinder und rangelten mit ihm. Rings um sie herum wurden in rasender Eile unaufhörlich Nahrungsmittel von den Wagen geworfen, aufgefangen und verstaut, indem sie rasch durch die Gitter in die Schächte geschoben wurden.
    Ein Alarm schrillte.
    Incarceron erwachte.
    Nahtlos ineinandergefügte Teile der Wände glitten zur Seite; mit einem Klicken sprangen gleißend helle Scheinwerfer an der unsichtbaren Decke an und suchten mit ihren Lichtkegeln den weit entfernt liegenden Boden ab. Gnadenlos machten die Lichter Jagd auf den Abschaum, der wie Ratten hin und her huschte, verfolgt von den eigenen riesenhaften Schatten.
    Â»Rückzug!«, brüllte Keiro.
    Finn gab der Frau einen Stoß. Neben ihnen wurde eine panikerfüllte, flüchtende Gestalt vom Lichtstrahl erfasst und verdampfte geräuschlos. Kinder kreischten.
    Die Frau drehte sich um, atemlos vor Entsetzen, und starrte auf den kümmerlichen Rest ihrer Leute. Dann zerrte Finn sie zum Schacht.
    Durch seinen Helm hindurch trafen sich ihre Blicke.

    Â»Dort hinunter«, keuchte er, »oder du wirst sterben.«
    Einen Moment lang glaubte er, sie würde nicht auf ihn hören.
    Dann spuckte sie nach ihm, riss sich aus seinem Griff los und sprang in den Schacht.
    Ein Funken weißen Feuers züngelte über die Steine, und sofort machte Finn einen Satz hinter ihr her.
    Der Schacht war aus weißer Seide, stark und fest. Atemlos rutschte er hinab und fiel am anderen Ende hinaus auf einen Haufen gestohlener Felle und angestoßener Metallteile.
    Die Maestra war bereits zur Seite gerissen worden, eine Waffe an ihrem Kopf, und voller Verachtung starrte sie ihm entgegen.
    Schwerfällig und unter Schmerzen rappelte Finn sich auf. Um ihn herum verschwand der Abschaum in den Gängen, beladen mit Teilen der Beute, einige hinkend, andere kaum noch bei Bewusstsein. Ganz am Schluss kam Keiro durch den Schacht, und er landete mühelos auf seinen Füßen.
    Krachend schlossen sich die Gitter.
    Die Seide der Schächte fiel herab.
    Verschwommene Gestalten um ihn herum keuchten und husteten und rissen die weichen Helme herunter.
    Keiro nahm seine Maske bedächtig ab und enthüllte sein schönes Gesicht, das dreckverschmiert war. Bebend vor Zorn fuhr Finn zu ihm herum.
    Â»Was war los? Ich bin da draußen in Panik geraten. Warum hat das denn so lange gedauert?«
    Keiro lächelte. »Beruhige dich. Aklo ist mit dem Gas nicht zurechtgekommen. Aber du hast sie ja mit deinem Gequatsche festgehalten.« Sein Blick wanderte zu der Frau. »Warum sollen wir uns mit der belasten?«
    Finn zuckte mit den Schultern, noch immer wütend. »Sie ist eine Geisel.«
    Keiro hob eine Augenbraue. »Viel zu kompliziert.« Dann
machte er eine Kopfbewegung in Richtung des Mannes, der die Waffe hielt, und dieser spannte den Abzug. Das Gesicht der Maestra war weiß.
    Â»Also bekomme ich keinen Extralohn dafür, dass ich mein Leben da oben aufs Spiel gesetzt habe.« Finns Stimme war fest. Er bewegte sich nicht, aber Keiro wandte ihm den Blick zu. Einen Moment lang starrten sich die beiden an. Dann erwiderte sein Eidbruder kühl: »Wenn sie es ist, die du als Lohn beanspruchst …«
    Â»So ist es.«
    Keiro musterte die Frau noch einmal, dann zuckte er mit den Achseln.
    Â»Die Geschmäcker sind verschieden.« Er nickte,
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