Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron
Autoren: Catherine Fisher
Vom Netzwerk:
!«
    Sie setzten ihren Weg fort.
    Der Lärm war unerträglich. Finn stieß einen gellenden Schrei aus, trat um sich und kämpfte gegen seine Fesseln an, denn der entsetzliche Schwung würde die vollbeladenen Wagen unaufhaltsam weiterschieben, bis sie über ihm aufragen und ihn in ihrem Schatten verschlucken würden, ehe sie seine Knochen und seinen ganzen Körper unter langsamen, unvermeidlichen Höllenqualen zermalmen würden.

    Und da fiel ihm die Taschenlampe ein .
    Sie war winzig, aber er hatte sie noch immer bei sich. Dafür hatte Keiro gesorgt. Er warf sich unter dem Gewicht der Kette hin und her und mühte sich, seine Hände in den Mantel zu schieben. Die Muskeln an seinen Unterarmen zuckten krampfartig, und endlich schlossen sich seine Finger um das dünne, kalte Gehäuse.
    Ein Beben durchlief seinen Körper. Mühsam zerrte er die Taschenlampe heraus, doch sie glitt ihm aus den Händen und rollte gerade so weit fort, dass er sie nicht mehr erreichen konnte. Er fluchte, kniff die Augen zusammen und presste sein Kinn auf die Lampe. Ein Lichtstrahl flammte auf.
    Er keuchte vor Erleichterung, doch die Wagen kamen unablässig näher.
    Sicherlich würden die Civitates ihn sehen. Sie mussten einfach in der Lage sein, ihn zu entdecken! Die Taschenlampe war ein Stern in der schier unermesslichen Dunkelheit des Tunnels. Und plötzlich wusste er, dass in diesem Augenblick Incarceron durch all die Treppen und Galerien und Tausende von labyrinthartigen Kammern seine Qualen gespürt hatte. Das Knirschen der Waggons war der Klang seiner grausamen Belustigung, denn das Gefängnis beobachtete ihn, griff aber nicht ein.
    Â» Ich weiß, dass ihr mich sehen könnt! «, schrie Finn.
    Die Wagen waren mannshoch. Sie quietschten auf den Schienen; Funken sprühten über den Boden. Ein Kind rief etwas mit seiner hohen Stimme, und Finn stöhnte und krümmte sich zusammen, denn er wusste, dass nichts gewirkt hatte. Er wusste, dass es zu Ende war. Und dann traf ihn das Kreischen der Bremsen und drang ihm durch die Knochen bis in die Fingerspitzen.
    Die Räder rückten bedrohlich näher.
    Sie waren so groß.
    Sie waren über ihm.

    Sie kamen zum Stillstand.
    Er konnte sich nicht bewegen. Sein Körper war vor Entsetzen gelähmt.
    Die Taschenlampe erhellte nichts außer einem faustdicken Niet in einem öligen Spurkranz.
    Dann ertönte von dahinter eine Stimme: »Wie lautet dein Name, Gefangener?«
    Sie hatten sich in der Dunkelheit zusammengedrängt. Es gelang ihm, seinen Kopf zu heben, und er sah Gesichter unter Kapuzen.
    Â»Finn. Mein Name ist Finn.« Seine Stimme war nur ein Flüstern; er musste schlucken. »Ich habe gedacht, ihr würdet nicht anhalten …«
    Ein Schnauben. Jemand anders sagte: »Für mich sieht er wie einer vom Abschaum aus.«
    Â»Nein! Bitte! Bitte helft mir hoch.« Sie schwiegen; niemand bewegte sich, und so holte Finn Luft und sagte mit fester Stimme: »Der Abschaum hat unseren Flügel heimgesucht. Er hat meinen Vater getötet und mich hier als Abschreckung für jeden, der vorbeikommt, zurückgelassen.« Er versuchte, den stechenden Schmerz in seiner Brust niederzukämpfen, und seine Finger klammerten sich um die rostige Kette. »Bitte. Ich flehe euch an.«
    Jemand näherte sich ihm. Die Spitze eines Stiefels erschien unmittelbar vor seinen Augen; der Schuh war schmutzig, und ein Loch war mit einem Flicken versehen worden.
    Â»Welche Sorte von Abschaum war es?«
    Â»Die Comitatus. Ihr Anführer nennt sich selbst Jormanric, Herr über diesen Flügel.«
    Der Mann spie aus, nur knapp neben Finns Ohr. »Der also! Dieser irre Schläger!«
    Warum passierte denn nichts? Verzweifelt presste Finn die Augen zusammen. »Bitte! Sie könnten zurückkommen!«

    Â»Ich sage, wir fahren über ihn hinweg. Warum sollen wir uns einmischen?«
    Â»Weil wir Civitates sind und kein Abschaum.« Finn war überrascht: eine Frau. Er hörte das Rascheln ihrer Seidenkleider unter dem groben Reisemantel. Sie kniete sich neben ihn, und er sah, wie sich eine behandschuhte Hand an den Ketten zu schaffen machte. Seine Handgelenke bluteten; Rost hinterließ pulvrige Flecken auf seiner vollgeschmierten Haut.
    Der Mann sagte voller Unbehagen: »Maestra, so hör doch …«
    Â»Hol einen Bolzenschneider, Sim. Sofort.«
    Ihr Gesicht war ganz nahe an seinem. »Keine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher