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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron
Autoren: Catherine Fisher
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vorbei. Die Dienerschaft versank in Knicksen und Verbeugungen und schlug vor ihm die Blicke nieder.
    Während Claudia entschlossen lächelte, rasten ihre Gedanken. Evian war ein Vertrauter der Königin. Die Hexe musste ihn geschickt haben, um die Braut in Augenschein zu nehmen. Nun, das sollte ihr recht sein. Sie hatte sich seit Jahren darauf vorbereitet.
    An der Tür blieb ihr Vater stehen. »Kein Jared?«, fragte er leichthin. »Ich hoffe, er ist wohlauf?«
    Â»Ich glaube, er ist mit einem sehr heiklen Experiment beschäftigt und hat wahrscheinlich deine Ankunft gar nicht bemerkt.« Es stimmte, aber es klang wie eine Ausrede. Sie ärgerte sich über das eisige Lächeln ihres Vaters, während sie ihn in den Salon führte. Ihre Röcke rauschten über den blanken Boden. Der Salon war ein holzgetäfelter Raum, den eine große Mahagonianrichte, geschnitzte Stühle und eine lange Tafel dunkel erscheinen ließen. Sie war erleichtert, als sie inmitten des Durcheinanders von Lavendel und Rosmarin Krüge mit Apfelwein und eine Platte mit Honigkuchen von der Köchin entdeckte.
    Lord Evian sog die süßen Düfte ein. »Wunderbar«, sagte er.
»Selbst der Hof kann mit diesem Maß an Echtheit nicht mithalten.«
    Was vermutlich daran lag, dass ein Großteil der Umgebung bei Hofe computergeneriert war, dachte Claudia und sagte: »Hier im Hüterhaus, Mylord, sind wir stolz darauf, dass alles äragetreu ist. Das Haus ist wahrhaftig alt. Es wurde nach den Jahren des Zorns vollständig restauriert.«
    Ihr Vater schwieg. Er saß auf einem mit Schnitzereien verzierten Stuhl am Kopf der Tafel und sah mit ernster Miene zu, wie Ralph den Apfelwein in silberne Kelche einschenkte. Die Hände des alten Mannes zitterten, als er das Tablett anhob.
    Â»Willkommen zu Hause, Sir.«
    Â»Gut, dich zu sehen, Ralph. Ein bisschen mehr Grau in den Augenbrauen, würde ich meinen. Und deine Perücke etwas voller und mit mehr Puder.«
    Ralph verbeugte sich. »Ich werde mich unverzüglich darum kümmern, Hüter.«
    Die Augen des Hüters suchten den Raum ab. Claudia wusste, dass ihnen die eine Plastikscheibe in der Ecke des Fensterflügels ebenso wenig entging wie die künstlichen Spinnweben an der Stuckdecke. Deshalb fragte sie hastig: »Wie geht es Ihrer Ehrwürdigen Majestät, Mylord?«
    Â»Die Königin erfreut sich ausgezeichneter Gesundheit.« Evian sprach, obwohl er den Mund voller Kuchen hatte. »Sie ist sehr damit beschäftigt, Vorbereitungen für Eure Hochzeit zu treffen. Es wird ein großartiges Spektakel werden.«
    Claudia runzelte die Stirn. »Aber sicherlich …«
    Er wedelte mit einer dicklichen Hand. »Natürlich hat Euer Vater noch keine Gelegenheit gehabt, Euch davon zu unterrichten, dass sich die Pläne geändert haben.«
    In Claudias Innerem gefror etwas zu Eis. »Dass sich die Pläne geändert haben?«

    Â»Nichts Schlimmes, mein Kind. Nichts, weswegen Ihr Euch sorgen solltet. Ein anderes Datum, das ist alles. Es hängt mit der Rückkehr des Earls von der Akademie zusammen.«
    Claudia versuchte, ein unbeteiligtes Gesicht aufzusetzen und zu verhindern, dass sich ihre Furcht allzu deutlich abzeichnete. Aber anscheinend hatte sie ihre Lippen zusammengepresst, oder ihre Knöchel waren weiß geworden, denn ihr Vater erhob sich geschmeidig und sagte: »Führe Seine Lordschaft in sein Zimmer, Ralph.«
    Der alte Dienstbote verbeugte sich; dann ging er zur Tür, die laut quietschte, als er sie öffnete. Evian stand mühsam auf, und ein Krümelregen ergoss sich von seinem Anzug. Als die Überreste des Kuchens auf dem Boden aufkamen, verpufften sie unter kurzen Lichtblitzen.
    Claudia fluchte leise. Noch etwas, das nicht zu übersehen gewesen war.
    Sie und ihr Vater lauschten den schweren Schritten, als Evian die knarrenden Stufen emporstieg, Ralphs respektvollem Murmeln und den dröhnenden Kommentaren des fetten Mannes, der sich von Herzen über das Treppenhaus, die Gemälde, die Vasen aus China und die Damastvorhänge freute. Als seine Stimme endlich in der sonnenbeschienenen Ferne des Hauses verklungen war, sah Claudia ihren Vater an und sagte: »Du hast die Hochzeit vorverlegt.«
    Er hob eine Augenbraue. »Nächstes Jahr, dieses Jahr, was macht das schon für einen Unterschied? Du wusstest, dass sie kommen würde.«
    Â»Ich bin noch nicht so
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