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Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Rita Falk
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Kapitel 1
    Die Beerdigung von der Oma ist an einem Donnerstag. Es ist nieselig und grau, und wir stehen bis zu den Knöcheln im Friedhofs-Baz. Trotzdem ist beinah die ganze Gemeinde gekommen. Aber sie war halt auch äußerst beliebt, die Oma, das muss man schon sagen. Einige weinen direkt Rotz und Wasser. Und da fragt man sich natürlich, wie man so derartig weinen kann, wenn jemand kurz vor seinem Hundertsten stirbt? Ist das nicht eher ein Grund zum Feiern? Erst recht, wo doch die Oma seit kurzem ein Pflegefall war. Wie hätte denn bitte schön ihre Zukunft ausgesehen? In einem Altenheim? Oh, Verzeihung, »Seniorenresidenz« nennt man das ja jetzt. Wobei ich mich ehrlich frage, welche Alten dort noch residieren. »Vegetieren« würd es wohl viel besser treffen. Und das … das hätte die Oma wirklich nicht verdient. Auf gar keinen Fall. Sie hatte ein langes und würdiges Leben und soll dann doch auch in Würde sterben, gell. Aber jetzt bin ich abgeschweift.
    Wie gesagt, es ist fast die ganze Gemeinde hier anwesend, und ich halte die Susi untergehakt. Pausenlos laufen ihr Tränen übers Gesicht, und weil sie natürlich wieder mal kein Taschentuch dabeihat, schnieft sie auch ständig mit der Nase. Was aber weiter niemanden stört, die meisten hüsteln und schnäuzen ohnehin.
    Der Sarg ist schön, Nussbaum natur, und auf dem Deckelliegt ein Kranz voller weißer und gelber Rosen. Dazwischen etwas Schleierkraut. Sehr schön. Auf der Schleife steht: »Für Oma, in Liebe«. Ja, das passt gut. Der Pfarrer tritt vor, und selbst er muss sich mehrmals räuspern, ehe er zu sprechen beginnt. Seine Worte sind ergreifend und steigern den Tempo-Verbrauch vor Ort gleich ganz enorm.
    Bei »Asche zu Asche, Staub zu Staub« beginnt’s wie aus Eimern zu schütten und Schirme schießen hoch – wie Schwammerl im Herbst. Die Susi und ich, wir teilen uns einen, weil sie halt so dermaßen eng neben mir steht, dass ein zweiter erst gar keinen Platz hätt. Und da ich praktisch ein Offizier und Gentleman bin, halt ich den Schirm großzügig so, dass die Susi im Trockenen steht. Ich selber steh linksseitig komplett im Regen. Und wie dann der Sarg endlich zur letzten Ruhe hinabgleitet, ist diese Seite meines Körpers nass bis runter auf die Haut. Na bravo.
    Nach dem ›Ave Maria‹ schaufeln wir schwarze Erde aufs offene Grab und werfen Blumen hinterher. Danach sucht uns die Trauergemeinde heim. Man kann sich schon ungefähr denken, wie lange das dauert, bei so vielen Leuten. Besonders, weil halt ein paar Kinderwägen und obendrein zwei Rollstühle auch den Weg zu uns suchen und stellenweise im Matsch versinken. Wie schließlich auch die Letzten ihr Beileid kundtun, läuft mir schon ein Rinnsal über die Wirbelsäule und mündet direkt in meine Arschfalte. Hämorrhoiden vorprogrammiert.
    »Mein Beileid«, sagt der Papa und schüttelt der Susi die Hand.
    »Mein Beileid«, schreit die winzige, wunderbare Oma in einer Lautstärke, die Tote wecken könnte. In all den Jahren, wo sie jetzt taub ist, hat sie immer noch nicht begriffen, dass sie auch nicht besser hört, wenn sie nur laut genug schreit.
    Auf dem Weg zum Leichenschmaus entweicht der Susiimmer noch der eine oder andere Seufzer. Ich leg den Arm um sie. Meinen trockenen natürlich.
    »Ach, Franz …«, sagt sie ganz leise. Und ich weiß freilich schon, dass sie sehr traurig ist. Schließlich war ihre Oma einer der wichtigsten Menschen für sie, seit die Eltern gestorben sind. Das eine oder andere Mal hat sie sogar gesagt: »Franz«, hat sie gesagt, »du und die Oma, ihr zwei seid mir die wichtigsten Menschen im Leben.«
    Ja, die eine Hälfte ist nun leider tot. Möge der liebe Gott die andere behüten! Ich persönlich kann mir schon vorstellen, wie es ihr jetzt so geht, der Susi. Weil: wenn nämlich meine eigene Oma einmal sterben und mich plötzlich nicht mehr anschreien würde … Nein, da mag ich gar nicht dran denken. Dann doch lieber Seniorenresidenz.
    »Du, Franz …«, sagt die Susi jetzt wieder und reißt mich aus meinen Gedanken heraus.
    »Ja, Susi?«, sag ich.
    »Meinst du nicht, wir sollten nun wirklich bald einmal heiraten? Du siehst ja, das Leben ist so schnell vorbei.«
    »Ach, so schnell jetzt auch wieder nicht. Immerhin war deine Oma vierundneunzig. Da haben wir schon noch ein bisschen Zeit«, sag ich und kratz mir den dämlichen Vollbart, den ich seit Wochen schon tragen muss. Wegen einer Wette, einer saudummen. Aber gut.
    Beim Eintreffen im Gasthof bekundet der Wirt sein
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