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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein
Autoren: Robert Silverberg
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Vorwort
    Dies ist ein Buch der Visionen und Wunder - elf exotische, handfeste neue Geschichten der bekanntesten und besten zeitgenössischen Schöpfer von Fantasy-Literatur, jede in dem speziellen Universum der Phantasie angesiedelt, das seinen Erfinder weltberühmt gemacht hat.
    Fantasy ist der älteste Zweig der Literatur - so alt wie die menschliche Phantasie selbst. Es ist durchaus vorstellbar, daß derselbe künstlerische Impuls, der vor fünfzehn-, zwanzig- und sogar dreißigtausend Jahren die außergewöhnlichen Höhlenmalereien von Altamira und Chauvet hervorgebracht hat, ebenfalls erstaunliche Geschichten von Göttern und Dämonen, Talismanen und Zaubersprüchen, Drachen und Werwölfen und wundersamen Ländern jenseits des Horizonts hervorgebracht hat - Geschichten, die in Tierfelle gekleidete Schamanen gebannten Zuhörern im Europa der Eiszeit an den Lagerfeuern erzählten. Und auch im heißen Afrika, im prähistorischen China, im alten Indien und in Nord- und Südamerika: im Grunde überall, und das über einen Zeitraum von Tausenden oder Hunderttausenden von Jahren. Mir gefällt der Gedanke, daß der Impuls, Geschichten zu erzählen, universell ist - daß es Geschichtenerzähler gibt, seit Wesen auf dieser Welt existieren, die man als »Menschen« bezeichnen kann - und daß diese Geschichtenerzähler ihre Fähigkeit und Energie und Begabung die ganze lange Evolution hindurch speziell der Schöpfung außerordentlicher Fabeln und Wunder gewidmet haben.
    Natürlich werden wir nie wissen, welche Märchen die Geschichtenerzähler der Cro-Magnon-Menschen ihrem faszinierten Publikum in den kalten Nächten im prähistorischen Frankreich erzählt haben. Aber ganz bestimmt haben sie ausgeprägte Elemente des Phantastischen enthalten. Die ältesten erhaltenen Geschichten sprechen dafür. Wenn man Fantasy als Literatur definieren kann, die eine Welt jenseits der gewöhnlichen Realität und den Kampf des Menschen beschreibt, sich der Herrschaft über jene Welt zu vergewissern, dann ist die älteste Geschichte, die uns überliefert wurde - das sumerische Epos vom Helden Gilgamesch, das ungefähr aus dem Jahr 2500 v. Chr. stammt -, in der Tat Fantasy, denn ihr Thema ist Gilgameschs Suche nach dem ewigen Leben.
    Homers Odyssee, in der es von Gestaltwandlern und Zauberern und Hexen und Zyklopen und menschenfressenden Kreaturen mit vielen Köpfen nur so wimmelt, quillt ebenfalls über von phantastischen Elementen, genau wie eine Vielzahl anderer griechischer und römischer Sagen. Tasten wir uns an unsere eigene Zeit heran, begegnen wir dem grauenhaften Ungeheuer Grendel aus dem angelsächsischen Beowulf, der Schlange von Midgard, dem Drachen Fafnir und dem apokalyptischen Fenriswolf der altnordischen Sagen, dem unglücklichen, nach Unsterblichkeit strebenden Dr. Faust aus dem deutschen Volksbuch, den Myriaden Zauberern aus Tausendundeine Nacht, den überlebensgroßen Helden des walisischen Mabinogion und des persischen Schah-name und einer unendlichen Vielzahl weiterer fremder und wunderbarer Schöpfungen.
    Auch in der modernen Zeit verschwand die Neigung zur Erschaffung des Phantastischen nicht, in der Zeit, in der Mikroskope und Teleskope, Dampfmaschinen und Eisenbahnen, Telegraphen und Phonographen und elektrisches Licht entstanden. Daß so vieles, das man zuvor für unmöglich gehalten hatte, nun Wirklichkeit geworden war, tat unserer Faszination gegenüber dem Unglaublichen und Unsichtbaren keinen Abbruch. Was ist schon phantastischer, als den Klang eines ganzen Symphonie-Orchesters von einer einzigen flachen Plastikscheibe aufsteigen zu hören? Oder in ein Gerät zu sprechen, das man in der Hand hält, und Zehntausende Meilen entfernt gehört und verstanden zu werden? Aber dasselbe Jahrhundert, das uns die Erfindungen von Thomas Alva Edison und Alexander Graham Bell gab, brachte uns auch Lewis Carrolls zwei unvergleichliche Geschichten über die Abenteuer von Alice in anderen Wirklichkeiten, H. Rider Haggards zahlreiche Romane über untergegangene Zivilisationen und Mary Wollstonecraft Shelleys Frankenstein.
    Auch im zwanzigsten Jahrhundert - dem Jahrhundert von Luftverkehr und Atomenergie, Fernsehen und Computern, chirurgischen Eingriffen am offenen Herzen und Geschlechtsumwandlungen - verloren wir den Geschmack an Geschichten vom Außergewöhnlichen nicht. Eine ganze Schar Phantasten des Maschinenzeitalters - James Branch Cabell und A. Merritt und Lord Dunsany, E. R. Eddison und Mervyn Peake und L. Frank Baum, H.
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