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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre
Autoren: Léo Malet
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unverkäuflich!
Deswegen meint dieser Idiot von Inspektor ja auch, er müsse den Täter unter
meinen Sammlerfreunden suchen, was beleidigend ist für meine Freunde und
obendrein absurd.“
    „Sehen Sie, Paul!“ rief Coulon triumphierend.
„Jetzt bezeichnen Sie selbst die Flics als Idioten!“
    „Waren die Figuren versichert?“ fragte ich.
„Selbstverständlich! Bei der Hémisphère, wenn Sie’s genau wissen
wollen.“
    „Kenne ich vom Namen her. Ein alter Laden, nicht
sehr modern eingestellt.“
    „Ach! Gibt es denn moderne und unmoderne
Versicherungsunternehmen?“ bemerkte Clarimont ironisch.
    „Ja.“
    „Hm... Ich weiß, was Sie damit sagen wollen. Die
altmodischen Unternehmen beschränken sich darauf, die Geschädigten zu...
entschädigen, während die modernen sich mit den Dieben in Verbindung setzen und
versuchen, das Diebesgut zurückzukaufen.“
    „Ganz genau. Offiziell halten sie sich raus.
Aber unter der Hand arbeiten Leute wie ich für diese Gesellschaften. Nicht ganz
legal, aber üblich. Also, Doktor, in welche Kategorie ist Ihre Hémisphère einzuordnen?“
    „Kategorie altmodisch. Sie haben einen
Angestellten zu mir geschickt, der die Höhe des Schadens feststellen sollte.
Einen ,Handel’ hat er mit keinem Wort erwähnt. Das gehört sicherlich nicht zu
deren Gepflogenheiten.“
    Er überlegte noch eine Weile, dann sagte er:
    „Nun gut, einverstanden! Jetzt sind Sie am Zug,
Monsieur Burma. Ich hoffe, ich kann mich beglückwünschen, Ihre Bekanntschaft
gemacht zu haben.“
    Er schien auf einmal von der Wendung, die die
Ereignisse genommen hatten, ganz begeistert zu sein.
    „Sie brauchen doch sicher eine Liste der
gestohlenen Gegenstände und ihre Beschreibung, nicht wahr? Ich werde sie Ihnen
im Laufe des Tages zukommen lassen... Es sei denn... Ja, genau, das wird das
Beste sein: Kommen Sie zu mir nach Sceaux, Rue Jean-Bouret 75. Sagen wir, so am
frühen Nachmittag. Geht das?“
    Es ging. Und es ging um so besser, da ich mir
auf diese Weise anhand der verbliebenen Stücke der Sammlung ein Bild von den
berühmten Jadefiguren machen konnte. In meinem bisherigen Leben hatte ich nicht
die Spur von so wertvollen Nippes gesehen.
    Vater Coulon drückte noch einmal seine große
Zufriedenheit aus und überreichte mir einen Scheck. Ich verabschiedete mich.
Dr. Clarimont blieb noch, für den Fall, daß Simone seine Hilfe benötigen würde.
    Der frühe, fahle Morgen tauchte die Rue Mogador
in ein unwirkliches Licht, als ich nach Hause kam. Mit der Filmrolle unter dem
Arm, betrat ich zunächst das Büro, wo ich für Hélène, meine Sekretärin, ein
paar Zeilen hinkritzelte. Ich bat sie, mich nicht vor elf Uhr zu stören. Dann
suchte ich meine eigenen vier Wände auf, zog mich aus, und in genau demselben
Augenblick kam ich auf die Idee, bei dem verstorbenen Prunier anzurufen. Nach
dem ersten Klingelzeichen wurde abgehoben.
    „Hallo!“
    Auch wenn es noch so verführerisch, gewinnend
und liebenswürdig klingen sollte, es war und blieb die bärbeißige Stimme eines
bärbeißigen Polizisten. Sie befanden sich also am Tatort mit ihren schweren
Schuhen, und das schon seit einigen Stunden, meiner Meinung nach. Ich hatte mich
nicht geirrt, als ich in der Nacht die Polizeisirene gehört hatte. Sie hatten
mich in der Rue des Mariniers um ein Haar verfehlt!

Ausflug
nach Sceaux
     
     
    Der Crépuscule berichtete in seiner
Mittagsausgabe auf der dritten Seite von dem Mord an Prunier, mit einem Foto
des Opfers aus der Zeit, als der Mann noch keinen Anspruch auf diese wenig
beneidenswerte Bezeichnung gehabt hatte. Trotz seines bösen Blicks war Prunier
kein böser Bube gewesen.
     
    Heute nacht informierte ein anonymer Anrufer das
Kommissariat von Plaisance über eine Tragödie in der Rue des Mariniers 10a. Die
Beamten fuhren zu der angegebenen Adresse, wo sie die Leiche des Kameramanns
Emile Prunier fanden. Monsieur Prunier wurde zwischen 22 und 2 Uhr morgens mit
zwei Kugeln aus einem 22er Revolver getötet. Die Waffe, die am Tatort gefunden
wurde, wies keinerlei Fingerabdrücke auf. Da das Haus von Monsieur Prunier
relativ gut schallisoliert ist, haben die Nachbarn nichts gehört; doch muß man
sich fragen, ob der geheimnisvolle Anrufer nicht doch in ihren Reihen gesucht
werden muß. Denn daß der Mörder selbst die Polizei alarmiert haben könnte,
erscheint wenig wahrscheinlich...
     
    „Irrtum, Kumpel“, sagte ich laut. „Es war sehr
wohl der Mörder.“
    „Was war der Mörder?“ fragte Hélène
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