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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre
Autoren: Léo Malet
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wissen, also praktisch nichts: Ihre Tochter ist
ausgerissen, Sie haben mich ihr hinterhergeschickt, ich habe sie zu Ihnen
zurückgebracht. Und in der Zwischenzeit denke ich mir eine Geschichte aus, die
ich den Flics servieren werde, um den Schaden so gering wie möglich zu halten.
Sollte ich deswegen im Knast landen, bitte ich Sie, mir Apfelsinen zu bringen.“
    Vater Coulon stürzte zu mir, ergriff meine Hand
und schüttelte meinen Arm so heftig, als pumpe er Benzin in den Tank eines
seiner Lastwagen.
    „Großer Gott, Burma! Ich hoffe, das wird nicht
geschehen! Wenn Sie Scherereien bekommen, werde ich Sie nicht hängenlassen...
Vielen Dank, Monsieur Burma! Sie sind ein Pfundskerl, verdammt tätig... äh, ich
meine tatkräftig. Toll, einfach Klasse!“
    Ich ließ ihn reden, aber es war wirklich zum
Totlachen. Wenn man es genau betrachtete, war ich nicht grade eine Mischung aus
Luchsauge und Alleswisser, als die mich Coulon hinstellte. In seiner
Begeisterung und Erleichterung darüber, daß er seine Tochter wiederhatte,
vergaß er — um so besser für mich und meine Position! — , daß ich Simone nicht
eigentlich gefunden hatte. Man hatte sie mir auf einem Tablett präsentiert.
Dazu war eine übermäßige intellektuelle Anstrengung meinerseits nicht nötig
gewesen.
    „Sie sollten ihn engagieren, Paul“, wandte sich
der dicke Spediteur an den Arzt. „Er wird Ihnen im Handumdrehen Ihre
Jadefiguren wiederbeschaffen.“
    „Die Polizei kümmert sich bereits darum“,
erwiderte Clarimont und fügte lächelnd hinzu: „Manchmal ist man trotz allem gut
beraten, sich an die Behörden zu wenden.“
    „Sie wissen doch, worum es geht, nicht wahr,
Burma?“ fragte mich Coulon.
    Für ihn verstand sich das von selbst. Ich war
der Mann der Stunde.
    „So ungefähr“, antwortete ich. „Hab’s in der
Zeitung gelesen.“
    „Sie werden seine Schätze im Handumdrehen
wiederfinden, nicht wahr, und...“
    „Moment!“ unterbrach Clarimont ihn lachend.
„Noch habe ich ihn nicht engagiert.“
    „Aber ich!“ rief der Dicke. Offensichtlich war
er ein tyrannischer Freund. „Ihre Flics werden gar nichts finden. Die finden
nämlich nie was!“
    Sich über die Unfähigkeit der Polizei zu
verbreiten, ließ die mögliche Gefahr, in der seine Tochter schwebte, in den
Hintergrund treten.
    „Ich werde Monsieur Burma engagieren!“ bekräftigte
Coulon. „Das bin ich Ihnen schuldig, Ihnen beiden. Sie würden es sicherlich
ablehnen, daß ich Sie für Ihren Besuch, die Mühe und die Störung, bezahle,
nicht wahr, Paul? Schön, dann lassen Sie mich das auf meine Weise begleichen.
Und was Monsieur Burma betrifft... Er hat Simone zu mir zurückgebracht. Sein
Auftrag ist damit beendet. Das wenigste, was ich für ihn tun kann, ist, ihm
einen neuen zu verschaffen...“
    Ein prima Kerl, dieser Coulon, wenn auch etwas
plump und grobschlächtig, ich habe es bereits gesagt... Wie immer hatte ich Ärger
mit dem Finanzamt. Darüber hinaus hatten die Städteplaner, die Paris einen
Kahlschlag verordnet hatten, das Haus in der Rue des Petits-Champs abgerissen,
das bisher die Büroräume meiner Agentur beherbergt hatte. Ich war in die Rue
Mogador umgezogen, wo ich zwei Etagen gemietet hatte, eine für meine Agentur,
die andere für meine Privatwohnung. Die Monatsmiete war gesalzen. Eine
zusätzliche Einnahme, die so einfach vom Himmel fiel, kam mir deshalb gerade
recht. Blieb nur noch abzuwarten, ob Clarimont sich sein Verhalten von einem
Kerl wie Coulon, der seiner Welt nicht angehörte, diktieren lassen wollte. Zu
meiner großen Überraschung wollte er, wenn auch widerwillig. Aber die Zeit
verging, und ihm mußte daran gelegen sein, die schleppenden Untersuchungen der
Polizei ein wenig voranzutreiben.
    „Meinetwegen“, sagte er. „Wenn es Ihnen so eine
große Freude macht, mein lieber Victor, dann will ich es Ihnen nicht
abschlagen. Allerdings... Ohne Monsieur Burmas Fähigkeiten in Zweifel zu
ziehen, sehe ich nicht, wie er in diesem speziellen Fall mehr ausrichten könnte
als die Polizei!“
    „Was den Tod Ihres Butlers betrifft, könnte ich
es in der Tat nicht“, sagte ich, da ich den Moment für gekommen hielt, ein
wenig Reklame in eigener Sache zu machen. „Aber um Ihre Nippsachen
wiederzufinden — sicher doch Ihre vornehmliche Sorge — , könnte ich Ihnen schon
sehr viel nützlicher sein.“
    „Ach! Und wie, bitte schön?“
    „Ich nehme an, daß die Objekte schwer
verkäuflich sind, oder?“
    „Sie sind sogar ganz und gar
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