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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre
Autoren: Léo Malet
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den Kopf
gejagt. Jemand anders — oder derselbe — hat mich um zwei Uhr früh angerufen, um
mich an den Tatort zu locken. Hat sich als Simone ausgegeben und war
offensichtlich besoffen. Als ich in der Rue des Mariniers aufkreuze, finde ich
Mademoiselle Coulon ganz in der Nähe von Pruniers Leiche, einen Revolver in der
Hand.“
    „Paul!“ wimmerte der stämmige Kerl mit Tränen in
den Augen. „Paul, sagen Sie... Sie haben doch Eliane beigestanden... Kann es
sein... Simone... Ich meine... In ihrem Zustand „Hören Sie auf, sich zu
quälen“, unterbrach ich das Gestammel. „Ihre Tochter ist unschuldig... äh...
Ich meine, sie ist nicht die Täterin. Alles war so arrangiert, daß dieser
Eindruck entstehen konnte, aber es beweist genau das Gegenteil. Vergessen Sie
nicht, daß mich jemand von dort aus angerufen hat! Eine Frau, die nicht Ihre
Tochter war, auch wenn sie sich mit ihrem Namen gemeldet hat.“
    „Dann ist diese andere Frau bestimmt die
Mörderin“, stieß Coulon erleichtert hervor.
    „Wenn es sich denn um eine Frau handelt. Mann
oder Frau, das ändert nichts an den Tatsachen.“
    „Sie sind sich nicht sicher, ob es eine Frau
war?“ fragte der Arzt. „Aber Sie haben doch gesagt..
    „Die Stimme klang weiblich, ja. ,Ich bin Simone
Coulon usw.’ Im ersten Augenblick hab ich allerdings gedacht, daß es eine Frau
war. Zumal ich noch halb geschlafen habe. Aber wenn ich’s mir richtig
überlege... Es kann genausogut ein Mann gewesen sein.“
    „Trotzdem, die Stimme... der Klang...“
    „Eben, die Stimme klang besoffen, schwer zu
klassifizieren. Eine verstellte Säuferstimme, würde ich sagen.“
    „Herrgott nochmal!“ polterte Coulon los. „Es ist
doch wohl schnurzegal, ob es eine Frau oder ein Mann war! Wie Sie schon sagten,
Burma, es ändert nichts. Wichtig ist alleine, daß Simone unschuldig ist. Der
Rest...“ Hopp! Er wischte ihn mit einer großzügigen Geste zur Seite. „Sollen
die Flics sich damit rumschlagen... Oh! Um Himmels willen!“
    Er sprang beinahe in die Luft. Ihm war soeben
ein Gedanke gekommen.
    „Die Flics! An die hab ich gar nicht mehr
gedacht! Haben Sie sie benachrichtigt, Burma?“
    „Wenn ich die Flics benachrichtigt hätte, wären
weder ich noch Ihre Tochter hier bei Ihnen im Hause“, antwortete ich. „Nein,
ich habe sie nicht benachrichtigt. Hab erst mal das getan, was am dringendsten
war.“
    „Und was wollen Sie als nächstes tun?“
erkundigte sich der Arzt.
    „Berufsgeheimnis, Doktor.“
    „Glückwunsch zu Ihrer Diskretion“, lachte
Clarimont, „aber ich kann von Berufs wegen Antworten interpretieren. Deutlicher
hätten Sie mir nicht zu verstehen geben können, daß Sie die Absicht haben,
Stillschweigen zu bewahren. Nun, runzeln Sie nicht die Stirn! Hat Monsieur
Coulon Sie nicht ermächtigt, offen vor mir zu reden? Vielleicht überrascht es
Sie bei einem ehemaligen Mitarbeiter des Gerichts, aber ich bin mit Ihnen
vollkommen einer Meinung. Ich glaube, wir haben alle nur Simones Interesse im
Auge, nicht wahr? Nun, im Moment ist es ganz und gar nicht in Simones
Interesse, von der Polizei mit Fragen bedrängt zu werden, Monsieur Burma.“
    „Danke für Ihre Zustimmung, Doktor. Nein, ich
habe nicht die Absicht, die Flics zu informieren. Sollen die sich alleine
rumschlagen, wie es Monsieur Coulon ausdrückt. Aber ich kann nicht garantieren,
daß Sie es nicht trotzdem mit ihnen zu tun bekommen. Prunier hat zahlreiche
Fotos von Ihrer Tochter gemacht...“
    Sein Gesicht verdüsterte sich.
    „Was für Fotos?“
    Auch Coulon dachte an... ja, wie soll ich sagen?
... an eine spezielle Art von Fotos. Doch ich konnte ihn beruhigen:
    „Die Fotos sind harmlos. Hier, urteilen Sie
selbst...“
    Ich reichte ihm den Umschlag, den ich aus
Pruniers Haus mitgenommen hatte. Während er ihn öffnete, fuhr ich mit meinem
Bericht fort. Dabei überging ich die Filmrolle, die ich absichtlich in meinem
Wagen gelassen hatte, mit Stillschweigen.
    „Ich habe mein Bestes getan, um alle Spuren
Ihrer Tochter in der Rue des Mariniers zu verwischen. Aber möglicherweise habe
ich etwas vergessen, zum Beispiel weitere Fotos. Auch können Sie sich darauf
verlassen, daß sich die Flics im Bekanntenkreis des Toten umhören. Ein Freund —
vielleicht der, welcher den Brief in Cannes aufgegeben hat — könnte über
Simones Aufenthalt bei Prunier Bescheid wissen. Kurz und gut, bereiten Sie sich
auf einen Besuch der Polizei vor. Überlassen Sie mir das weitere Vorgehen.
Sagen Sie den Flics, was Sie
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