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Der Lilith Code - Thriller

Der Lilith Code - Thriller

Titel: Der Lilith Code - Thriller
Autoren: Martin Calsow
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Sematar, Türkei, 02. 02., 6.35 Uhr
    Und so bekleid’ ich meine nackte Bosheit
    Mit alten Fetzen, aus der Schrift gestohlen,
    Und schein’ ein Heil’ger, wo ich Teufel bin.
    Aus: William Shakespeare »Richard III«,
     
    Der Frau war der Bauch aufgerissen worden. Sie lehnte an einem warmen Felsen in einer Höhle, als sie aus der Ohnmacht erwachte. Langsam schlich das Bewusstsein zurück. Ihr Gesicht war geschwollen. Die Augenlider waren verklebt, so dass sie nur mühsam den Ort erkennen konnte, an dem sie sich befand. Sie versuchte, die Hände zu bewegen, als der Schmerz aus dem Bauch sie erfasste. Sie blickte an sich herab, sah etwas Grauweißes, Pulsierendes aus ihrem Bauch herausquellen und wollte schreien. Nur ein wimmerndes »Neiiiiin« kam aus ihrem Mund, unwillkürlich presste sie ihre Hände auf die Wunde, versuchte, das glitschige Innere wieder zurückzudrücken. Die Wunde selbst war kaum eine Handbreit groß, aber der Schnitt hatte die Bauchdecke komplett durchtrennt.
    In diesem Moment wusste sie, dass sie sterben sollte. Erinnerungsblitze tauchten auf. Mit einer großen Kraft, die ihr angesichts ihrer Lage fast überirdisch erschien, riss sie sich zusammen und dachte nach: Ich sitze in einer Höhle. Ich habe eine lebensbedrohliche Verletzung. Was ist in dieser Höhle? Wer bedroht mich? Wie komme ich hier raus?
    Das Entsetzen packte sie, und ohne dass sie etwas davon bemerkte, entleerte sich ihre Blase. Die warme Flüssigkeit rann an ihren Oberschenkeln herab. Tränen quollen aus ihren Augen. Dann kehrte ihr Wille zurück. Sie schaute nach rechts oben. Schwaches Licht fiel dort herein. Mit ihrer linkenHand drückte sie sich hoch, hielt inne, ließ den Schmerz durchfluten, bemühte sich, ruhig und flach zu atmen. Sie konnte gerade noch stehen, ehe sie an die Decke stieß. Der Fels der Wände war glatt, als ob ihn seit Jahrhunderten Hände abgetastet hätten. Die Öffnung lag auf ihrer Augenhöhe, beschrieb einen senkrechten Schlauch, der geradewegs nach außen führte. Sie schaute an sich herab. Sie trug ihren Slip noch, sonst war sie nackt. Aber um den Hals hatte sie ihren weißen Schal. Für die Flucht brauchte sie beide Hände. Zitternd wickelte sie das Tuch vom Hals, bedacht, es nicht auf den Boden fallen zu lassen. Sie kniff die Augen zusammen, presste die Lippen aufeinander, versuchte, erst ihre Hand von der Wunde zu heben und sofort das Tuch um ihren Bauch zu wickeln.
    Ihr Atem ging stoßweise. Es funktionierte. Nichts quoll mehr heraus. Doch das weiße Tuch färbte sich sofort rot. Sie wusste, dass der Blutverlust sie bald in die Bewusstlosigkeit fallen lassen würde. Doch der Schmerz, der jetzt dauerhaft war, hielt sie wach. Sie tastete sich an den Wänden entlang, einen Einstieg zur Öffnung suchend. Dumpf entfernt hörte sie eine Stimme. Sie erstarrte, drückte sich noch näher an die Wand. Atmete nicht. Und betete. Die Stimme kam nicht näher. Ihre Hände tasteten und fanden tatsächlich eine Einbuchtung. Sie wand sich hoch und erreichte nach quälenden Minuten die Öffnung. Sie spürte nicht, wie der Fels ihre Haut aufriss, sie wollte zum Licht.
    Einen halben Meter vor dem Höhleneingang hielt sie inne. Das Licht, das milchig-fahl herabschien, stammte vom Mond – ihrem Mond. Eine neue Kraft, dachte sie. Bis sie den Mann am Feuer sah. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und murmelte unverständliche Worte. Neben ihm lag ein Messer. Ihr Messer, ein französisches »Opinel«. Sachte drehte sie sich, streckte ihren Arm aus. Ihre Finger streckten sich, berührten das Griffholz, umklammerten es, als der Mann sich umdrehte. Das Gesicht eines alten Mannes, eines Nomaden, eingehüllt in den rotweißen Stoff des Kufiyas, des Kopftuchsder Araber, sah sie überrascht an. Ächzend stand er auf, wollte ihre Beine packen und sie zurückzerren. Sie strampelte verzweifelt, und tatsächlich geriet der Alte über ihren umherwirbelnden Beinen ins Stolpern, fiel auf sie herab. Sie hob das Messer und schrie. Der Nomade hatte nicht mit der Waffe gerechnet, so konnte er nicht mehr rechtzeitig seine Lider schließen, ehe die zwölf Zentimeter lange Klinge erst in seinen Augapfel und dann in sein Vorderhirn drang.
    Almut drehte den im Todeskampf zuckenden Körper zur Seite. Sie versuchte aufzustehen, fiel. Jetzt wusste sie, wo sie war. Und der Gedanke raubte ihr fast den Verstand.

Incirlik Air Base, Türkei, 11. 06., 14.12 Uhr
    The mission of the United States Air Force is to fly, fight and win … in air, space and
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