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Im Profil des Todes

Im Profil des Todes

Titel: Im Profil des Todes
Autoren: Iris Johansen
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Leben würde Logan ihr am liebsten auf Dauer bieten, immer in der Sonne, weit weg von jeder Düsternis. Warum sollte sie ihn nicht gewähren lassen?
    Der Schmerz würde nachlassen. Die Erinnerung an
    Bonnie würde irgendwann verblassen. Jemand anders würde all den Kindern helfen, die irgendwo da draußen verschwunden waren.
    Unmöglich. Niemals. Bonnie und die anderen Ver-
    schwundenen waren zu sehr mit ihrem Leben und ih-
    ren Träumen verwoben. Sie machten einen großen
    Teil ihrer Identität aus, vielleicht den größten.
    Logan kannte sie so gut, es war kaum denkbar, dass er diese Wahrheit nicht längst akzeptiert hatte.
    Dass sie und die Dunkelheit zusammengehörten.

    PHOENIX, ARIZONA

    Dunkelheit.
    Dom hatte die Nacht immer gemocht. Nicht weil man sich in ihr verbergen konnte, sondern weil ihn das Unbekannte erregte. Nachts wirkte die Welt anders und dennoch wurde für ihn alles umso deutlicher. Hatte nicht Saint-Exupery etwas darüber geschrieben?
    0 ja, er erinnerte sich ...
    Die heiß geliebte Nacht. Nachts, da schläft der menschliche Verstand und die Dinge sind nur noch ganz einfach da. Alles was wirklich wichtig ist, gewinnt wieder Gestalt, ersteht neu aus der zerstörenden Zergliederung des Tages. Der Mensch setzt seine Bruchstücke aneinander und wird wieder geruhsam, einem Baume gleich.
    Er hatte nicht das Gefühl, aus Bruchstücken zu bestehen, die er wieder aneinander setzen musste, aber die Nacht machte ihn ruhig und stark. Bald würde die Ruhe vorbei sein, aber die Kraft würde in ihm an-schwellen wie ein tausendstimmiger Chor.
    Chor. Er musste lächeln, als ihm auffiel, wie ein Gedanke den nächsten ergab.
    Er richtete sich auf dem Fahrersitz auf. Sie verließ das Haus. Er hatte sie ausgesucht, weil er mal wieder eine besondere Herausforderung brauchte; er war sicher, dass sie ihn mehr stimulieren würde als sein letztes Opfer. Debby Jordan, blond, einunddreißig, verheiratet, zwei Kinder. Sie war Kassenwartin des Eltern-Lehrer-Ausschusses, hatte eine hübsche Sopranstimme und
    sang im Chor der Hill Street Methodist Church. Sie war gerade auf dem Weg zur Chorprobe.
    Sie würde nie dort ankommen.

Kapitel 2
    Joe und Logan bemühten sich während des
    Abendessens um einen höflichen Umgangston, aber
    Eve konnte die Spannung zwischen ihnen spüren.
    Es ging ihr auf die Nerven. Sie war stets für klare, offene Verhältnisse. Die beiden waren wie zwei
    Eisberge, die aufeinander zutrieben; man konnte nie wissen, wann sie zusammenstoßen würden, weil der
    größte Teil unter der Oberfläche verborgen war.
    Sie hielt es nicht länger aus. Der Nachtisch konnte ihr gestohlen bleiben.
    Abrupt erhob sie sich. »Komm, Joe. Lass uns einen Spaziergang machen. «
    »Und ich bin nicht eingeladen?«, murmelte Logan.
    »Wie unhöflich, außerdem haben wir noch gar nicht zu Ende gegessen. «
    » Ich bin satt.« Joe stand auf und warf seine Serviette auf den Tisch. »Und es stimmt, Sie sind nicht eingeladen. «
    »Na gut, ich würde mich vermutlich nur langweilen. Ich denke, ich weiß ohnehin, was Sie Eve zu sagen haben.« Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück. »Nur zu.
    Tun Sie das, weswegen Sie hergekommen sind. Ich
    werde mit ihr reden, wenn sie zurückkommt. «
    » Sie würden sich garantiert nicht langweilen. « Joe ging zur Tür. »Ich glaube eher, dass Sie sich vor Angst in die Hosen machen.«
    Eve eilte ihm nach in den Flur. »Verdammt noch mal, war das nötig? «
    »Ja.« Er lächelte. »Es musste raus. Den ganzen
    Abend war ich viel zu freundlich. Gar nicht gut für die Verdauung.«
    »Du bist hier Gast.«
    »Das allein verursacht mir schon Bauchschmerzen.«
    Er steuerte die Verandatür an. »Lass uns am Strand spazieren gehen. «
    Sie war auch froh, aus dem Haus und an die frische Luft zu kommen. Die spannungsgeladene Atmosphäre
    nahm ihr die Luft zum Atmen.
    Auf der Veranda streifte sie ihre Schuhe ab und sah zu, wie auch Joe Schuhe und Strümpfe auszog und die Hosenbeine aufkrempelte. Das erinnerte sie an das letzte Mal, als sie ihn auf seinem Schnellboot gesehen hatte, mit nacktem Oberkörper, die Kakihose bis zu den Waden hochgerollt. Er hatte Eve und Diane über die Schulter angelacht, während er mit dem Boot auf dem See kreuzte. »Hast du die Hütte am See noch?«
    Er nickte. »Aber das Haus in Buckhead habe ich Diane überlassen, das war Teil der Vermögensregelung.«
    »Und wo wohnst du jetzt?«
    »In einer Wohnung in der Nähe.« Er folgte ihr auf dem Fußweg zum Strand. »Eine schöne
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