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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes
Autoren: Peter Probst
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wieder ausatmete. »Wie du meinst.«
    Es klang wie eine Drohung.
    Schwarz wollte noch etwas sagen, aber Eva hatte bereits aufgelegt.
    Er lag noch eine ganze Weile auf dem Bett, aber dadurch wurde seine Laune nicht besser. Also stand er auf, schlurfte zur Küche und setzte Teewasser auf. Er war noch immer wütend – allerdings nur noch auf sich selbst. Er suchte nach der israelischen Minze, die Eva ihm geschenkt hatte. Vielleicht wirkte sie ja beruhigend. Er fand das Tütchen, aber es war leer. Da hatte seine Mutter sich wohl bedient. Seufzend öffnete Schwarz den Kühlschrank.
    Am Ende lande ich doch immer beim Bier, dachte er, und in meinem Deckchair. Er versuchte, an gar nichts mehr zu denken. Nicht an den erhängten Priester, nicht an Frau Sass und nicht mal an Eva. Er schaute zu, wie der Himmel langsam dunkler wurde, und nahm ab und zu einen Schluck. Es roch nach Autoabgasen und verbranntem Fleisch. Vor einer Woche war eine der absurden Bronzeskulpturen, die auf der anderen Seite der Kreuzung zum Verkauf angeboten wurden, mit Graffitis verziert worden. Nun gab es dort einen libanesischen Nachtwächter, der zwischen Hirsch und Nashorn eine Zeltplane gespannt hatte, um mit seinen Freunden bei jedem Wetter grillen zu können.
     
    Schwarz reckte sich. Die dämliche King-Kong-Skulptur verschwand fast völlig hinter Rauchschwaden. Das war aber auch das einzig Gute. Er hasste Grillen – den Gestank verbrennenden Fetts, die verschwitzten Männer in Unterhemden, die Bier in die Glut spritzten, und danach das vertrocknete, nach Kohle schmeckende Fleisch. Ekelhaft.
    Er stand auf, um sich die nächste Halbe Dunkles zu holen. Vor dem Haus hupte es, aber er bezog es nicht auf sich. Er öffnete die Bierflasche und kehrte zu seinem Deckchair zurück. Als er sich gerade setzen wollte, stellte er fest, dass es immer noch hupte. Aber es war nicht der typische Alarm einer Diebstahlsicherung, sondern eine unregelmäßige Folge von Signalen. In seinen Ohren klang es fast so, als würde jemand nach ihm rufen: ›Hal-lo, Anton, schau doch mal ra-haus! ‹ Ah, jetzt werde ich endlich verrückt, dachte er. Das ist gut, dann verlangt wenigstens keiner mehr, dass ich mir Gedanken über rätselhafte Botschaften auf Heiligenbildchen mache.
    Als es unverdrossen weiterhupte, trat er doch ans Fenster, um nachzusehen.
    Er hatte es schon einmal geschafft, aber irgendwie war die Treppe steiler und höher geworden. Und Eva, die auf seinem Rücken saß und sich an seinen Schultern festklammerte, war eindeutig schwerer heute.
    »Mach keine Pausen«, sagte sie, »sonst schaffst du’s nicht.«
    Schwarz begann mit dem linken Fuß, setzte ihn auf die erste Stufe und zog sich am Handlauf hoch. Dann kam der rechte. Und wieder der linke. Er hatte das Gefühl, dass Eva rutschte, und machte einen Buckel.
    »He, willst du mich abwerfen?«
    »Erst weiter oben, sonst lohnt es sich nicht.«
    Sie kicherte.
    Die nächste Stufe, die übernächste. Beim letzten Mal hatte Eva an dieser Stelle ihre Wange auf seine Schulter gelegt. »Du bist ja richtig stark«, hatte sie gesagt. Diesmal sagte sie nur: »Geht’s noch?«
    Schwarz hielt lieber den Mund. Als er Eva schließlich glücklich auf seinem Bett absetzte und japsend zu Boden ging, waren kaum fünf Minuten vergangen, aber sie kamen ihm wie eine halbe Stunde vor. »Das war das letzte Mal, das schwöre ich dir.«
    Eva lächelte ungerührt. »Du hast jetzt zwei Möglichkeiten, um dich zu erholen. Entweder du holst mir meinen Rollstuhl aus dem Wagen oder ein Bier aus dem Kühlschrank.«
    »Ein Bier? Du musst doch noch fahren.«
    »Heute nicht mehr.«
    Er warf ihr einen überraschten Blick zu und stand erstaunlich beweglich auf. Als er Eva die Flasche reichte, trafen sich ihre Blicke. »Setz dich zu mir«, sagte sie. »Wir müssen reden.«
    »Stimmt.«
    Aber dann wusste keiner, was er sagen sollte. Sie lehnte sich an seine Schulter, er zog sie an sich und hielt sie fest. Er erinnerte sich sofort wieder an ihren Duft und an die Nacht mit ihr. Warum bloß war hinterher so eine Distanz zwischen ihnen entstanden?
    »Wir müssen reden«, sagte Eva noch mal, doch statt einer Antwort gab er ihr einen Kuss. Sie zog sich die Bluse aus. Ihre Brüste waren klein und fest. Er konnte gar nicht anders, als sie zu streicheln. »Zieh mich ganz aus«, flüsterte sie atemlos. Schwarz kniete sich vor das Bett und begann.
    »Lass dir nicht zu viel Zeit, sonst überlege ich’s mir noch anders.«
    »Du bist die wunderbarste …«
    Sie
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