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Das geschwaerzte Medaillon

Das geschwaerzte Medaillon

Titel: Das geschwaerzte Medaillon
Autoren: Laura Jane Arnold
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Eine ganz normale Nacht

Ich spürte den kühlen Nachtwind ganz deutlich über meine Haut streifen, aber nicht er verursachte mir einen unheimlichen Schauer, der meinen ganzen Körper schüttelte. Die Nacht, die sonst so klar und undurchdringlich war, wurde von grünen Blitzen erschüttert. Sie zuckten über den Himmel und brannten sich in meine Augen. Wo ihr Schimmer noch Sekunden, nachdem er erloschen war, zurückblieb. Das, was ich sah, war nicht normal. Magie, soviel hatte ich im letzten Jahr gelernt, existierte. Sie existierte in der Welt und sie existierte in mir. Das, was ich erblickte, war Magie. Magie der finsteren Sorte. Magie, die das Amulett der Seelentropfen auf meiner Brust unheilverkündend zum Vibrieren brachte. Es zuckte mit jedem Blitz, der unweit von meinem Anwesen aus der Erde zu sprießen schien. Grüne Blitze. Noch nie hatte ich etwas Derartiges gesehen. Und in diesem Moment war ich die Einzige, die sie sah. Die Einwohner Amalens lagen alle in ihren Betten und ahnten nicht, wovon diese Nacht verkündete. Ich wusste, dass sie schliefen, weil ich eine Alverra war. Genauer gesagt war ich Janlan Alverra, Oberhaupt des Ordens von Alverra, Hüterin des Amuletts der Seelentropfen und vor allem war ich eine Seelenseherin. Ich konnte genau sehen, wie die Menschen, die ich als meine Nachbarn kannte, ruhig schliefen oder von Albträumen geplagt wurden. Ich sah ihre Seelenenergie leise und sachte pulsieren oder wild rasen. Ich konnte jeder Seelenergie einen Namen zuordnen, ein Gesicht und eine Lebensgeschichte. Heute Nacht konnte ich sagen, dass niemand von ihnen die grünen Blitze erspähte oder das Gefühl wahrnahm, das sich in mir aufstockte. Es fühlte sich an, als würde ich beobachten, wie der Tod aus der Erde wuchs und sich nach dem Himmel streckte. Unwillkürlich schüttelte ich mich in der Hoffnung, dass diese Bewegung auch meine Gedanken vertreiben würde. Eine ganz andere Berührung verursachte einen erneuten Schauer, der meinen Körper überfiel: Wärme. Ich spürte, wie sich ein Arm um meine Taille legte und der andere mir sachte mein Pony aus der Stirn strich, die ohne, dass ich es bemerkt hatte, schweißgebadet war.
    »Janlan, was machst du hier draußen?«
    Mein Magen zog sich zusammen, als ich seine Stimme hörte und seine Berührung fühlte. Immer noch erschien es mir jedes Mal wie ein Traum. Ich erzitterte erneut, als ich seine warmen Lippen an meinem Hals spürte. Sie strichen sanft über meine Haut und verweilten dort für einen viel zu kurzen Moment. Noch vor wenigen Monaten hätte jede seiner Berührungen meinen Tod bedeutet. Craig war ein Seelengeist gewesen, als ich ihn in meinen Träumen das erste Mal traf. Schon damals dachte ich, welch ein schlechter Abklatsch einer Hollywood Teeniekomödie es gewesen war. Im wirklichen Leben kam so etwas nicht vor. Durch ihn war ich für eine kurze Zeit selbst zu einem Seelengeist geworden. Ein Zustand, der schlimmer als der Tod war. Es war so viel geschehen. So vieles, das so unvorstellbar schien, dass ich manchmal selbst nicht glaubte, dass es Wirklichkeit war. Dass ich Spuren davon zurückbehalten hatte. Spuren, die jeder sehen konnte und Spuren, die einen im tiefsten Innern verändern. Wie meistens glitten meine Augen an mir herab, ohne dass ich mich aus Craigs Umarmung löste. Sein Hemd, das ich trug, verbarg nur einen Teil dieser Überbleibsel. Rote Narben zogen sich immer noch über meinen Körper und berichteten von den Qualen, die ich während meiner Gefangenschaft beim Zirkel der Seelensammler erlitten hatte. Sie waren stumme Zeugen des Unwirklichen. Noch immer sah ich sie ungern an. Es war jedes Mal, als würde ein Teil von ihnen erneut aufbrechen und meinen Körper wieder mit diesen unerträglichen Schmerzen quälen, die nun alleine aus meinen Erinnerungen entstanden.
    Eine Träne hatte sich aus meinem rechten Auge geschlichen und schimmerte in dem fahlen Mondlicht. Die grünen Blitze waren erloschen und nichts bewies, dass es sie jemals gegeben hatte.
    Craigs Hand wischte mir die Träne so sachte weg, dass ich mir nicht sicher war, ob er mich dabei überhaupt berührte. Als er sprach, flüsterte er so leise, als wolle er nicht, dass die Welt mitbekam, was er mir zu sagen hatte.
    »Janlan, es ist vorbei. Sie können dir oder Keira nichts mehr tun. Sie können niemandem mehr etwas tun. Du und Keira, ihr habt den Zirkel zerschlagen. Dank euch sind alle am Leben. Dank euch wird Alanien schon bald wieder Teil der Weltgeschichte
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