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Zwölf tödliche Gaben Elf spielende Dudelsackpfeifer

Zwölf tödliche Gaben Elf spielende Dudelsackpfeifer

Titel: Zwölf tödliche Gaben Elf spielende Dudelsackpfeifer
Autoren: Stuart MacBride
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Elf spielende Dudelsackpfeifer
    Dieses Schwein. Dieses miese, dreckige Schwein . Craig saß im Auto, starrte finster durch die Windschutzscheibe und knirschte mit den Zähnen, während er immer wieder aus einer Flasche Highland Park trank. Der Whisky brannte in seinen Eingeweiden, fachte das Feuer an.
    Das Lied im Radio wurde ausgeblendet. »Ha, ha! Sie hören Sensational Steves wahnsinnige Weihnachts-Wundertüte. Na, wart ihr auch alle nett zu Santa?«
    Idiot.
    Dann drang ein höllisches Heulen und Kreischen aus den Lautsprechern – die Oldcastle Military Pipe Band machte mit ihren Dudelsäcken »Stille Nacht« den Garaus.
    Craig richtete seinen finsteren Blick auf das Autoradio. Und dann schlug er mit der Faust rein. Ein jäher Schmerz durchzuckte seine Hand – die Haut an den Knöcheln war aufgerissen, er blutete. Craig schrie und fluchte, rammte seinen Sitz so weit nach hinten, wie es nur ging, und trat mit dem Absatz gegen die Plastikabdeckung. Immer und immer wieder. Die Musik brach ab.
    Noch ein letzter Schluck Highland Park, und Craig drückte den Korken wieder rein, schob die Flasche in eine Tasche seiner langen Barbour-Wachsjacke und hievte sich aus dem Auto. Er hatte total schief eingeparkt, diagonal über zwei Stellplätze hinweg, aber das war ihm egal.
    Er öffnete den Kofferraum und nahm die Schrotflinte heraus.
    Nach dem heutigen Tag war nichts mehr wichtig.
    Er zog nicht einmal ein Parkticket.
    »Ho, ho, ho …« Santa strahlte und beugte sich herab, um auf gleicher Augenhöhe mit dem kleinen Mädchen zu sein. Ein süßes Ding mit roten Haaren und Sommersprossen, das am Daumen lutschte und sich hinter dem Bein seiner Mama versteckte. Wahrscheinlich hatte sie schon viele Geschichten über den Weihnachtsmann gehört, aber jetzt saß er zum ersten Mal leibhaftig vor ihr.
    »Wie heißt du denn, kleines Mädchen?« Er versuchte seine Stimme weich und knuddlig klingen zu lassen, nicht zu laut, weil die kleinen Bälger dazu neigten, sich in die Hose zu machen, wenn sie sich erschreckten.
    Sie nahm den Daumen aus dem Mund. »Thara.« Und steckte ihn wieder rein.
    Der Weihnachtsmann alias Stephen Wilson strahlte sie an.
    Der Job war gar nicht so übel, wenn man sich einmal an die popelige Grotte aus Spanplatten gewöhnt hatte, an den unbequemen »Thron«, von dem einem der Hintern einschlief, und den gefütterten Anzug, in dem einem der Schweiß in die Arschfalte lief. An den Bart, der wie die Hölle juckte, an das Endlosband mit Weihnachtsliedern, das einen in den Wahnsinn trieb, und an die rotznäsigen kleinen Bengel, die Geschenke forderten. Davon abgesehen waren sechs Wochen als Kaufhaus-Weihnachtsmann nicht allzu anstrengend.
    Man musste nur »Ho-ho-ho« sagen, lächeln und zwinkern, man durfte sie sich nicht aufs Knie setzen, damit niemand auf die Idee kam, man wäre ein perverser Kinderschänder, und man durfte die Mutter nicht nach ihrer Telefonnummer fragen, auch wenn sie eine totale MILF war. Es war ja auch nicht sehr wahrscheinlich, dass sie sie einem fetten Kerl mit Bart geben würde.
    »Und bist du denn auch ein braves Mädchen gewesen, Sarah?« Ein paar Sprüche loslassen: immer schön beten, brav die Zähne putzen, in der Schule fleißig sein, und hier hast du dein Geschenk – irgendein billiges Plastikspielzeug, eingewickelt in Weihnachtspapier mit Schneemännern.
    Die Mutter des rothaarigen Mädchens war definitiv eine MILF . »Wie sagen wir zu Santa, Sarah?«
    »Danke, Thanta!«
    »Braves Mädchen.« Sie nahm die Hand ihrer Tochter und führte sie aus der Grotte.
    Thanta starrte auf Mamas Hintern – es war, als ob Gott zwei vollkommen geformte Grapefruits in eine Socke gesteckt hätte. Seufz …
    Der Nächste, bitte!
    Eine Schrotflinte unter einer langen Jacke zu verstecken war längst nicht so einfach, wie es in den Filmen immer aussah. Es war fast unmöglich, das Ding auf diese Weise zu halten, zumal mit einer dermaßen geschwollenen und blutenden Hand. Auf dem Weg vom Auto zum Aufzug ließ er sie ein halbes Dutzend Mal fallen, ehe er den Bogen raushatte. Craig zog den linken Arm aus dem Ärmel und hielt die Flinte mit der Mündung nach unten unter der Jacke. Er hätte den Lauf mit einer Bügelsäge absägen sollen. Und der viele Whisky war auch nicht gerade hilfreich; dauernd verschwamm alles vor seinen Augen. Ein Wunder, dass er es überhaupt bis hierher geschafft hatte, ohne einen Unfall zu bauen.
    Er musste ein Auge zukneifen, um den Knopf zu treffen, der den Aufzug herholte.
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