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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes
Autoren: Peter Probst
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Moment angerufen worden, als seiner Mutter, Eva und ihm in einem kleinen Landgasthof wunderbar saftige Forellen aufgetischt wurden.
    »Er hat sich umgebracht.«
    »Wer denn, Frau Sass?«
    »Pfarrer Heimeran.«
    Schwarz hatte kurz über eine Ausrede nachgedacht, dann aber doch versprochen, auf schnellstem Weg nach München zu kommen. Natürlich war seine Mutter sauer gewesen und Eva hätte gern wenigstens zu Ende gegessen. Aber er hatte sie zur Eile angetrieben. »Wenn ich nicht gleich fahre, kann ich es auch ganz sein lassen.«
    Er hatte Eva beim Abschied in der August-Exter-Straße nur einen schnellen Kuss auf den Mund gedrückt und war gerade noch rechtzeitig zur Dachbrücke an der Würm gekommen, bevor die Leiche des Priesters in einem Blechsarg verschwand.
    »Jetzt hat er sich also selbst gerichtet«, sagte Frau Sass. Der vom Wind aufgeblähte Schirm verdeckte ihr Gesicht.
    Schwarz trat ein Stück zur Seite, um ihr in die Augen sehen zu können. »Haben Sie noch mit Pfarrer Heimeran sprechen können?«
    »Gestern war er nicht da, aber heute Morgen habe ich ihn erreicht. Ich habe ihm gesagt, dass ich mit ihm über Matthias reden muss. Er war dazu bereit …«
    »Wann wollten Sie sich denn treffen?«
    »Heute, zum Kaffeetrinken. Ich habe gedeckte Apfeltorte gebacken, seinen Lieblingskuchen. Ich dachte immer, er kommt deswegen und auch ein bisschen wegen mir – aber er wollte nur Matthias sehen.«
    »Das ist aber nur eine Vermutung«, sagte Schwarz. »Auch sein Selbstmord muss nichts mit dem Tod Ihres Sohns zu tun haben.«
    »Womit denn sonst?«
    »Ich weiß es nicht, Frau Sass.«
    »Dann helfen Sie mir, die Wahrheit rauszufinden.«
    Schwarz ertrug ihren flehenden Blick nicht. »Ich denke drüber nach.«
    »Ich kann Sie auch bezahlen. Jetzt, da Matthias nicht mehr lebt, muss ich nicht mehr sparen.«
    »Lassen Sie mir ein bisschen Zeit, Frau Sass.«
    »Wissen Sie, dass Selbstmord eine Todsünde ist?«
    »Ich bin nicht gläubig, das habe ich Ihnen schon gesagt.«
    »Es ist noch nicht lang her, da durften Selbstmörder nicht in geweihter Erde bestattet werden.«
    »Und wieso nicht?«
    »Du sollst nicht töten, fünftes Gebot.«
    »Gilt das auch für eine Selbsttötung?«
    »Natürlich. Wir dürfen das Leben, das Gott uns geschenkt hat, nicht zerstören – weil es nicht uns gehört, sondern ihm.«
    »Und da wurde so ein armes Schwein, das keinen anderen Ausweg mehr sah, außerhalb der Friedhofsmauern begraben?«
    Sie nickte. »Es gibt einige Pfarrer, die da heute noch streng sind. Dann muss der Tote zu einer anderen Gemeinde gebracht werden.«
    Das ist ja besonders sensibel den Angehörigen gegenüber, dachte Schwarz. Bin ich froh, dass ich nicht zu diesem Verein gehöre.
    Da sah er den Jungen. Er stieg aus dem Bus des Kriseninterventionsteams. Offenbar ging es ihm besser als den beiden anderen Zeugen, und man hatte ihn nach Hause geschickt.
    Schwarz verabschiedete sich eilig von Frau Sass und lief dem Jungen hinterher. Dabei rutschte er auf dem schlammigen Pfad aus und landete im Dreck. Er rappelte sich wieder hoch, die Hose konnte er vergessen. Der Junge zog sein Fahrrad hinter einem Busch hervor. »Warte!«, rief Schwarz.
    Der Junge blickte misstrauisch zu ihm hinunter. Schwarz kletterte die Böschung hoch und kam außer Atem bei ihm an.
    »Hallo, kann ich dich was fragen?«
    »Sind Sie von der Polizei?«
    »Ich war bei der Polizei. Man hat mich rausgeworfen.«
    Der Junge grinste. Das schien ihm zu gefallen. »Weil Sie sich immer im Schlamm gewälzt haben?«
    »Genau.«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Hast du den Priester gekannt?«
    Er schluckte. »Ich war bei ihm im Firmunterricht. War ziemlich cool, der Heimeran.«
    »Cool?«
    »Ja, mit dem konnte man echt gut quatschen. Wenn’s einem richtig dreckig ging, hat er einen sogar zu sich nach Hause eingeladen.«
    »Dich auch mal?«
    »Nee, aber ’nen Kumpel von mir.« Er sah Schwarz an. »Haben Sie eine Ahnung, wieso er sich …?« Er fasste sich an den Hals und streckte die Zunge heraus.
    Schwarz wunderte sich, wie seltsam unbeeindruckt der Selbstmord des Priesters den Jungen ließ.
    »Wahrscheinlich ’ne Beziehungskiste«, sagte der Junge altklug.
    »Du glaubst, er hatte eine Freundin?«, fragte Schwarz.
    Der Junge lachte. »Ich glaube, das war nicht sein Problem.«
    »Sondern?«
    »Na, das andere.«
    »Dass er keine hatte?«
    »Sie haben schon verstanden, was ich meine.«
    »Und woher weißt du das? Hat er sich dir mal … genähert?«
    Der Junge
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