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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
Autoren: Ian Rankin
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Abend«, bemerkte Rebus. Sie antwortete mit einem Kopfschütteln. »Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, es ist Cafferty.«
    Sie funkelte ihn wütend an. »Und wenn er es tatsächlich ist?«
    »Sie könnten vielleicht Ihre Nummer ändern.«
    Sie nickte zustimmend. »Aber erst, wenn ich ihm eine nette lange SMS geschickt habe, in der ich ihm ganz deutlich sage, was ich von ihm halte.« Sie ließ ihren Blick über den Tisch schweifen. »Ist das meine Runde?«, fragte sie.
    »Ich dachte, vielleicht essen wir was …«
    »Sind Sie von Pennens Austern nicht satt geworden?«
    »Ein nahrhaftes Mahl war das ja nicht gerade.«
    »Weiter oben in der Straße ist ein Curryhaus.«
    »Ich weiß.«
    »Na klar, Sie haben ja Ihr ganzes Leben hier verbracht.«
    »Den größten Teil davon«, pflichtete er ihr bei.
    »Eine Woche wie diese haben Sie aber auch noch nicht erlebt«, sagte sie provozierend.
    »Nein«, gestand er. »Jetzt trinken Sie aus, und dann gehen wir zu dem Curryhaus.«
    Sie nickte, während sie ihr Glas fest umklammert hielt. »Meine Eltern waren Mittwochabend bei diesem Inder. Ich kam gerade noch rechtzeitig zum Kaffee …«
    »Sie können sie jederzeit in London besuchen.«
    »Ich weiß aber gar nicht, wie lange es sie überhaupt noch geben wird.« Ihre Augen glänzten. »Ist das typisch schottisch, John? Ein paar Drinks, und schon wird man sentimental?«
    »Wir scheinen wirklich damit gestraft zu sein«, gab er zu, »dass wir immer nach hinten schauen.«
    »Und dann gehen Sie zum CID, was alles nur noch schlimmer macht. Menschen sterben, und wir schauen zurück in ihr Leben … und können überhaupt nichts mehr ändern.« Sie versuchte, ihr Glas zu heben, musste sich aber ob dessen Gewicht geschlagen geben.
    »Wir könnten Keith Carberry einen Tritt versetzen«, schlug Rebus vor.
    Sie nickte bedächtig.
    »Oder Big Ger Cafferty, wo wir schon dabei sind … oder irgendjemandem sonst, bei dem uns schon mal danach war. Wir sind zu zweit.« Er beugte sich ein wenig vor, suchte ihren Blick. »Two against nature.«
    Sie sah ihn verschmitzt an. »Songtext?«, riet sie.
    »Albumtitel: Steely Dan.«
    »Wissen Sie, was ich mich immer gefragt habe?« Sie lehnte sich an die Rückwand der Nische. »Wie sind die zu ihrem Namen gekommen?«
    »Das erzähle ich Ihnen, wenn Sie nüchtern sind«, versprach Rebus ihr, bevor er sein Glas leerte.
    Er spürte die Blicke, die ihnen folgten, als er ihr auf die Füße und zur Bar hinaushalf. Sie wurden von einem scharfen Wind und vereinzelten Regentropfen empfangen. »Vielleicht sollten wir zu Ihnen gehen«, schlug er vor. »Wir können uns Essen kommen lassen.«
    »So betrunken bin ich auch wieder nicht!«
    »Na gut.« Sie machten sich auf den Weg den steilen Hügel hinauf, ohne ein Wort zu sagen. Samstagabend, die Stadt war wieder zum Alltag zurückgekehrt: hochfrisierte Teenager in hochfrisierten Autos; Geld, das nach einem Ort Ausschau hielt, um an den Mann gebracht zu werden; das typische Dieseltuckern der Taxis. Irgendwann hakte Siobhan sich bei ihm unter und sagte etwas, was er nicht verstand.
    »Es genügt nicht, oder?«, wiederholte sie. »Nur … symbolisch … weil man sonst nichts tun kann.«
    »Wovon reden Sie?«, fragte er lächelnd.
    »Vom Aufzählen der Toten«, erklärte sie, den Kopf an seine Schulter gelehnt.

Epilog
29
    Am Montagmorgen saß er im ersten Zug Richtung Süden. Fuhr um sechs in Waverley ab, sollte kurz nach zehn in King’s Cross eintreffen. Um acht rief er am Gayfield Square an und sagte, ihm sei schlecht, was gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war. Hätte man ihn nach dem Grund gefragt, hätte er Schwierigkeiten bekommen.
    »Die Überstunden abfeiern«, war alles, was der diensthabende Sergeant sagte.
    Rebus setzte sich in den Speisewagen und aß sich am Frühstück satt. Wieder an seinem Platz, las er Zeitung und versuchte, den Kontakt mit seinen Mitreisenden zu vermeiden. Auf der anderen Seite des Tisches saß ein missmutig dreinschauender Jugendlicher, der zu den Gitarrenklängen aus seinen Ohrhörern rhythmisch mit dem Kopf wackelte. Neben ihm eine Geschäftsfrau, die sich darüber ärgerte, dass sie nicht genug Platz hatte, um den Inhalt ihres Büros um sich herum auszubreiten. Niemand auf dem Platz neben Rebus – bis York jedenfalls. Er war seit Jahren nicht mehr Zug gefahren. Voll mit Touristen und ihrem Gepäck, wimmernden Säuglingen, Urlaubern, Arbeitern, die wieder zu ihrem Job nach London fuhren. Nach York folgten Doncaster und
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