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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
Autoren: Ian Rankin
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bereits in einen anderen Teil des Krematoriums geschoben worden. Er dachte an seine Jugend zurück, zwei Brüder, die in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer Singles aus dem Laden unten in der Kirkcaldy High Street hören. »My Generation« und »Substitute«, und Mickey fragt, warum Daltrey bei dem ersten Titel stottert, worauf Rebus antwortet, er habe irgendwo gelesen, dass es von den Drogen komme. Die einzige Droge, die die Brüder sich damals genehmigten, war Alkohol, den sie schluckweise aus den Flaschen in der Speisekammer stibitzten, eine Dose mit widerlichem Stout, die sie öffneten und nach dem Lichtausmachen zusammen tranken. Er erinnerte sich, wie sie an der Kirkcaldy-Promenade stehen, aufs Meer hinausschauen und Mickey »I Can See For Miles« singt. Aber konnte das überhaupt sein? Die Platte kam 1966 oder 1967 raus, als Rebus Soldat war. Musste wohl bei einem Urlaub zu Hause gewesen sein. Ja, Mickey mit seinen schulterlangen Haaren, der versuchte, wie Daltrey auszusehen, und Rebus mit seinem Armeekurzhaarschnitt, der Geschichten erfand, um das Soldatenleben aufregend erscheinen zu lassen, Nordirland noch vor sich …
    Damals waren sie einander nah gewesen. Rebus hatte immer Briefe und Postkarten geschickt, und sein Vater war stolz auf ihn gewesen, stolz auf seine beiden Jungs.
    Eurer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Er trat hinaus, die Zigarettenschachtel schon geöffnet in der Hand. Um ihn herum standen andere Raucher. Sie nickten ihm zu, scharrten mit den Füßen. Trauergäste studierten die verschiedenen Kränze und Karten, die man neben der Tür aufgereiht hatte. Darauf waren bestimmt die üblichen Wörter wie »Anteilnahme«, »Verlust« und »Trauer« zu lesen, die Familie »immer in unseren Gedanken«. Keine namentliche Erwähnung von Michael. Der Tod hatte sein eigenes Protokoll. Die jüngeren Trauergäste sahen auf ihren Handys nach, ob sie SMS bekommen hatten. Rebus holte seins aus der Tasche und schaltete es an. Fünf entgangene Anrufe, alle von derselben Nummer. Rebus kannte sie auswendig, drückte die Knöpfe und hielt sich das Handy ans Ohr. Detective Sergeant Siobhan Clarke ging sofort ran.
    »Ich habe den ganzen Morgen versucht, Sie zu erreichen«, beschwerte sie sich.
    »Ich hatte es ausgeschaltet.«
    »Wo sind Sie überhaupt?«
    »Immer noch in Kirkcaldy.«
    Ein tiefer Atemzug am anderen Ende. »Verdammt, das hatte ich total vergessen, John!«
    »Kein Problem.« Er beobachtete, wie Kenny seiner Mutter die Autotür aufhielt. Lesley gab Rebus mit einer Geste zu verstehen, dass sie sich auf den Weg zum Hotel machten. Das Auto war ein BMW, offenbar ging es Kenny als Maschinenbauingenieur nicht schlecht. Er war nicht verheiratet; hatte eine Freundin, die es aber nicht geschafft hatte, zur Beerdigung zu kommen. Lesley war geschieden, Sohn und Tochter machten gerade mit ihrem Vater Ferien. Rebus nickte ihr zu, als sie hinten einstieg.
    »Ich dachte, das wäre erst nächste Woche«, sagte Siobhan gerade.
    »Rufen Sie vielleicht an, um ein bisschen zu prahlen?« Rebus steuerte auf seinen Saab zu. Siobhan war die letzten zwei Tage zusammen mit Macrae in Perthshire gewesen, wo sie sich über die Sicherheitsvorkehrungen für den Gipfel informieren ließen. Macrae und der Assistant Chief Constable von Tayside waren alte Kumpel. Alles, was Macrae wollte, war, sich einmal richtig umzuschauen, und den Wunsch erfüllte sein Freund ihm gern. Die Regierungschefs der G8 würden im Gleneagles Hotel am Rand von Auchterarder zusammenkommen, mit nichts als endloser Wildnis und kilometerlangen Sicherheitsabsperrungen um sich herum. Die Medien hatten die schauerlichsten Geschichten verbreitet. Berichte über dreitausend US-Marines, die zum Schutz ihres Präsidenten in Schottland einträfen. Geheimpläne von Anarchisten, wonach Straßen und Brücken mit entwendeten Lastwagen blockiert werden sollten. Bob Geldof hatte zur Belagerung Edinburghs durch eine Million Demonstranten aufgerufen. Sie würden, wie er versicherte, in den Gästezimmern, Garagen und Gärten der Einwohner unterkommen. Boote würden nach Frankreich geschickt, um Protestierende herbeizuschaffen. Gruppen mit Namen wie Ya Basta und Black Bloc hätten es darauf abgesehen, Chaos zu verbreiten, während die People’s Golfing Association den Kordon durchbrechen wolle, um auf dem berühmten Golfplatz von Gleneagles ein paar Löcher zu spielen.
    »Ich verbringe zwei Tage mit DCI Macrae«, erwiderte Siobhan. »Womit sollte ich da prahlen?«
    Rebus
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