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Im Mond des Raben

Im Mond des Raben

Titel: Im Mond des Raben
Autoren: Lucy Monroe
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nicht.«
    »Wer bist du?« Ihre Stimme war ein wenig kräftiger geworden, wenn auch nicht sehr viel.
    Barr konnte sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass sie es gewöhnt war, ihre Fragen schnell und vollständig beantwortet zu sehen. Falls sie nicht eine Königin war, was er stark bezweifelte, war das sehr eigenartig für eine menschliche Frau in ihrer Welt. Ob es der Instinkt des Mannes oder des Tieres war, der es ihm sagte, wusste Barr nicht, aber er war sich dennoch sicher, dass er richtiglag.
    »Ich bin Barr, der Clan-Chef der Donegals, auf deren Land Ihr Euch befindet.«
    »Barr?« Ihre Pupillen weiteten sich vor Schreck und ließen ihre dunkelbraunen Augen fast so schwarz erscheinen wie die eines ausgewachsenen Raben. »Clan-Chef?«
    Offenbar konnte er an nichts anderes mehr als an Vögel denken. »So ist es«, sagte er, konnte sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, warum die Auskunft sie schockierte. Es war ja schließlich nicht so, als sähe er nicht wie ein Clan-Chef aus. Kein Mann im Donegal-Clan wirkte auch nur annähernd so einschüchternd wie er, doch das konnte sie ja nicht wissen.
    »Ich …« Ihr Mund blieb geöffnet, als drängten die Worte nur so aus ihm heraus, und trotzdem kam keins über ihre Lippen.
    Das Geräusch sehr schneller Schritte in der Nähe zog Barrs Aufmerksamkeit auf sich und machte ihm bewusst, wie beschäftigt er mit der Frau gewesen war. Er hätte den sich nähernden Mann schon viel eher hören müssen.
    Es war Muin, der auf sie zugerannt kam und erst innehielt, als er kaum noch einen Schritt von der Frau entfernt war. Der junge Mann machte große Augen und wurde schon zum zweiten Mal an diesem Nachmittag puterrot, und trotzdem konnte er den Blick nicht von der unerklärlicherweise völlig nackten Frau lösen.
    »Earc und die anderen jagen noch den Keiler. Earc schickte mich zu Euch, für den Fall, dass Ihr Hilfe brauchtet. Braucht Ihr Hilfe, Herr?«
    Barrs Wolf knurrte angesichts des offensichtlichen Interesses Muins an der Nacktheit der Verwundeten. Barr kaschierte sein besitzergreifendes Verhalten allerdings sehr schnell, indem er den jungen Mann anherrschte: »Sieh gefälligst deinen Laird an, wenn du mit ihm redest, Muin!«
    Der Soldat fuhr zurück, obwohl die Worte viel zu leise waren für menschliche Ohren, und löste sofort den Blick von der Frau mit dem rabenschwarzen Haar.
    Sie wurde sogar noch bleicher und zuckte zusammen, was Barr sofort wieder mit Sorge um sie erfüllte. Sie musste große Schmerzen haben.
    »Wer ist sie, Herr?«, fragte Muin mit einem verstohlenen Blick auf sie.
    »Du sollst woandershin sehen, sagte ich!« Das erboste Knurren in Barrs Stimme ließ den jungen Jäger erneut zusammenfahren und einen Schritt zurücktreten. »Hol mein Plaid und pass auf, dass du nicht überall deinen Geruch darauf hinterlässt!«
    »Wo …«
    »Folge meiner Witterung, falls du dazu imstande bist!«, wies Barr ihn zähneknirschend an.
    »Ja, Herr.« Der Junge rannte los.
    In einem etwas verspäteten Anfall von Sittsamkeit zog die Frau ihr langes Haar über ihre Schulter, sodass nun beide Brüste bedeckt waren, und legte ein Bein über das andere, um ihm die Sicht auf das verführerische Dreieck schwarzer Locken zwischen ihren Schenkeln zu nehmen. »Ihr müsst der Laird sein, so widerspruchslos, wie er Euch gehorcht.«
    »Dachtet Ihr, ich würde Euch belügen?« Menschen konnten seltsam sein, und obwohl er diese Frau erst wenige Minuten kannte, vermutete Barr, dass sie sich sogar als noch rätselhafter erweisen würde als die meisten.
    »Vielleicht.«
    »Warum?«
    Ein Ausdruck des Abscheus huschte über ihr Gesicht, aber er war so schnell wieder verschwunden, dass Barr nicht sicher war, ob das schwache nachmittägliche Licht ihn nicht getäuscht hatte. »Weil die Faol unter den Chrechten das manchmal tun.«
    Bei ihren Worten fuhr ihm der Schreck in die Glieder und wollte nicht mehr von ihm weichen. Sie wusste, dass er ein Wolf war? Und warum hatte sie den uralten Begriff Faol benutzt, an den sich nur so wenige noch erinnerten, dass er selbst in ihren mündlichen Überlieferungen kaum noch vorkam?
    »Ihr seid überrascht«, bemerkte sie und legte den Kopf zur Seite wie ein Vogel. »Warum?«
    Es war eine lächerliche Frage, und trotzdem beantwortete er sie. »Weil nur die Chrechten und einige der mit ihnen verwandten Menschen von unseren Wolfsnaturen wissen.«
    »Aber Ihr habt Eure Wolfsgestalt vor meinen Augen abgelegt.«
    »Ihr wart bewusstlos.«
    Sie murmelte
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