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Im Mond des Raben

Im Mond des Raben

Titel: Im Mond des Raben
Autoren: Lucy Monroe
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der sanften Biegung ihrer Schulter und allem, was dazwischenlag, war sie perfekt genug gebaut, um fleischliche Begierden in Barr und seinem Wolf hervorzurufen.
    Die weichen, schwarzen Locken zwischen ihren Schenkeln hatten den gleichen bläulichen Glanz im Sonnenschein wie das lange schwarze Haar, das ihr bis weit über die Schultern fiel. Es ähnelte wirklich sehr dem blauschwarz glänzenden Gefieder der Raben, die die Luft beherrschten. Sie mochten zwar Aasfresser sein, doch sie besaßen eine nicht zu übersehende Eleganz, was Gestalt und Farbe anbetraf.
    Barr hoffte aufrichtig, dass Muin mit seinem dummen Pfeil sein Ziel verfehlt hatte. Die Vorstellung, dass etwas derart Schönes, und wenn auch nur in Gestalt eines Vogels, aus bloßem Aberglauben vernichtet wurde, machte ihn ganz krank.
    Die nackte Frau blieb weiterhin bewusstlos auf dem Waldboden liegen. Ihre fragile Schönheit weckte Barrs Beschützerinstinkte und rührte an einen Teil seines Wolfs, der noch nie zuvor an die Oberfläche getreten war. Obwohl sie recht groß war für eine Frau, würde sie noch immer zart und zerbrechlich wirken neben seiner imposanten menschlichen Gestalt, und er wollte sich zwischen sie und alle nur denkbaren Bedrohungen stellen.
    Es war ein Gefühl, das er normalerweise für niemand anderen als für Angehörige seines Clans empfand, und er hatte es auch noch nie zuvor in seiner ganzen Tiefe erfahren.
    Der gegenwärtige Zustand dieser Frau verstärkte nur noch Barrs Bedürfnis, sie zu beschützen, bis es seinen Wolf zum Knurren brachte. Ihre schöne helle Haut war von unzähligen kleinen Kratzern übersät, als wäre sie durch Gebüsch gerannt. Vielleicht hatte ein anderes Wildschwein sie beim Baden überrascht und sie nackt, wie sie war, in die Flucht geschlagen?
    Barr lief auf sie zu und beschnüffelte sie mit seinen geschärften Sinnen. Verwirrt und nicht nur von seinem Verstand, sondern auch von seinem instinktiven Erinnerungsvermögen im Stich gelassen, wurde er jedoch auch weiterhin von einem schwer definierbaren Gefühl der Andersartigkeit gequält. Doch da war auch noch etwas anderes, was er roch. Blut. Größere Mengen, als die Kratzer verursacht haben könnten. Er hatte es vorher nicht bemerkt, weil der andere Geruch ihn so verwirrt hatte. Aber es war eindeutig Blut, was er jetzt wahrnahm.
    Ihr Blut.
    Eine mörderische Wut ließ die sonst so scharfen Bilder verschwimmen, die die Augen seines Wolfes sahen. Die Kleine war verletzt, ihre makellose, milchweiße Haut entstellt von einer hässlichen Wunde an ihrem Oberarm, aus der noch immer kleine rote Rinnsale sickerten.
    Barr unterzog ihre nähere Umgebung einer schnellen Prüfung, sah aber nichts, was die Verletzung verursacht haben könnte. Sie sah jedoch definitiv nicht so aus, als rührte sie von einem hervorstehenden Ast oder dergleichen her. Die Wunde hatte nicht die zerfetzten Ränder einer Verletzung, die man sich durch etwas so Harmloses wie einen übersehenen Ast zuziehen konnte. Barr stieß mit der Schnauze gegen den Arm der Frau, um ihn genauer betrachten zu können.
    Was immer sie getroffen hatte, war auf der anderen Seite wieder ausgetreten und hatte auch dort eine ähnlich hässliche Verletzung hinterlassen.
    War die Frau geflohen, weil etwas viel Gefährlicheres als ein wildes Tier sie angegriffen hatte? Ein Mensch?
    Nördlich von ihnen und jenseits der Donegal’schen Ländereien lebten keine Clans. Dort war nur noch Wildnis, und Barr hätte nicht bestimmen können, woher die Frau – oder auch ihr Angreifer – gekommen war.
    Ein leises Stöhnen entschlüpfte ihren schönen, sanft geschwungenen Lippen, und die Hand ihres unverletzten Armes bewegte sich so unruhig, als griffe sie nach Barr. Er befand sich längst wieder in seiner menschlichen Gestalt, als die Frau zwei betörende dunkelbraune Augen aufschlug.
    Sie weiteten sich vor Verwirrung, als sie zu ihm aufblickte, und ein paar Mal blinzelte sie schnell hintereinander. Dann versuchte sie stirnrunzelnd, sich aufzurichten, fiel jedoch gleich wieder aufstöhnend zurück, und ihre schönen Züge verzerrten sich vor Schmerz.
    »Was ist passiert?« Ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, als fiele ihr das Sprechen schwer.
    Der Eindruck der Andersartigkeit verschwand, als wäre er niemals da gewesen. Barr war so verblüfft darüber – und über die Tatsache, dass sie die Frage stellte, die er von ihr beantwortet haben wollte –, dass er einen Moment lang zögerte, bevor er sprach. »Ich weiß es
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