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192 - Das Monster in mir

192 - Das Monster in mir

Titel: 192 - Das Monster in mir
Autoren: A.F.Morland
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31. August…
    Bill Lancaster war ein Tyrann. Seine ganze Familie hatte Angst vor ihm und zitterte, wenn er betrunken war – und das war er oft. Obwohl er nach vielen Brutal-Exzessen seiner leidgeprüften Frau immer wieder versprach, kein Glas mehr anzurühren, wurde er doch jedesmal aufs neue wortbrüchig.
    Nüchtern war er ein friedfertiger Mensch, der ab und zu sogar in die Kirche reinschaute, aber der Dämon Alkohol bekam ihn immer wieder in seine Krallen und verwandelte ihn in einen streitsüchtigen, aggressiven Teufel, der in blinder Wut alles kurz und klein schlug.
    Lancaster lebte mit seiner Frau Lissy, seinem achtjährigen Sohn Pete und seiner siebenjährigen Tochter Debbie in den Slums von New York.
    Eine bessere Wohngegend konnten sie sich nicht leisten, denn der trunksüchtige Mann war zumeist ohne Job. Sie lebten von der Wohlfahrt – und von der Hand in den Mund.
    Oft war nichts zu essen da. Aber zu trinken gab es immer was, darauf achtete Bill Lancaster.
    Gestern hatten sie ihren Wohlfahrtsscheck bekommen und eingelöst.
    Lissy Lancaster fürchtete sich vor jedem Monatsersten, denn den mußte ihr Mann stets groß feiern.
    Und »feiern« war bei ihm mit »schlucken« gleichzusetzen.
    Wenn es Lissy einrichten konnte, begab sie sich mit den Kindern in dieser Zeit zu ihren Eltern und kam erst wieder, wenn sich der Sturm gelegt hatte.
    Zumeist war die Wohnung dann ziemlich verwüstet, aber das konnte man wieder in Ordnung bringen. Es gab immer weniger, was Bill kaputtschlagen konnte.
    Diesmal waren Lissys Eltern verreist. Sie weilten in Chicago.
    Ein Verwandter war gestorben, und sie wollten ihm das letzte Geleit geben.
    So kam es, daß Lissy mit ihrem gewalttätigen Mann wieder einmal zurechtkommen mußte.
    Er nörgelte schon den ganzen Abend an ihr herum. Die Luft knisterte. Alles störte ihn. Das Essen hatte ihm nicht geschmeckt.
    »Den Fraß rühren selbst ausgehungerte Ratten nicht an!«
    hatte er geknurrt und den Teller zornig von sich geschoben.
    »Was bist du nur für eine miserable Köchin. Alles ist so lustlos zubereitet. Es ist dir eine Last, für deine Familie zu kochen. Du würdest lieber den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen, was?«
    Er tat ihr unrecht, denn sie war eine fleißige Frau.
    Ihr war klar, daß es nicht nur ihr so schlecht ging, aber das war ein schwacher Trost für sie.
    Dabei hatten sie und Bill aus Liebe geheiratet. Wenn sie heute die Hochzeitsfotos betrachtete, kamen ihr die Tränen, und sie konnte nicht begreifen, daß sie damals so glücklich gewesen waren.
    Alle hatten gestrahlt. Es war eine Hochzeit gewesen, mit der alle einverstanden gewesen waren. Ja, Bill und Lissy hatten damals großartig zusammengepaßt.
    Damals… vor neun Jahren.
    In einem anderen Leben.
    Kurz nachdem Pete zur Welt gekommen war, hatte Bill angefangen mit Freunden zu trinken. Lissy hatte sich nichts dabei gedacht. Bill war immer sehr liebeshungrig nach Hause gekommen, und sie hatte ihm eine Zeitlang seine Wünsche erfüllt, aber als er ihr zum erstenmal wehgetan hatte, hatte sie sich ihm verweigert.
    Wahrscheinlich hätte sie das nicht tun sollen. Damals war es zum Riß gekommen, der in der Folge immer tiefer wurde und heute nicht mehr gekittet werden konnte.
    Angst und Verzweiflung beherrschten die Familie heute.
    Und Bill Lancaster hatte keinen Vater mehr. Das heißt, eigentlich hatte er schon noch einen Vater, einen ziemlich bekannten sogar, aber der wollte nichts mehr von ihm wissen.
    Professor Dr. Jordan Lancaster – ein allseits geschätzter Chirurg – hatte seinen Sohn fallenlassen, als dieser im Vollrausch die Hand gegen ihn erhob und ihn so schwer zusammenschlug, daß er mehrere Wochen nicht arbeiten konnte.
    Von diesem Tag an war Bill für den Professor gestorben.
    Er hatte Lissy heimlich Geld geschickt, aber Bill war dahintergekommen und hatte seinem Vater klargemacht, daß sie keine Almosen brauchten. Er wurde kein Geld von ihm nehmen.
    Lieber wollte er mit seiner Familie verhungern.
    Er drohte seiner Frau mit Prügel, wenn sie noch einmal Geld von ihrem Schwiegervater annehmen sollte. Einmal tat sie es dennoch. Bill kam dahinter – und machte seine Drohung wahr.
    Lissy brachte die Kinder zu Bett und kehrte ins Wohnzimmer zurück, obwohl sie lieber auch schlafen gegangen wäre, aber sie mußte sich zur Verfügung halten.
    Bill glotzte zwar in den Fernsehapparat, aber er wollte es nicht allein tun. Er brauchte Gesellschaft, um jemandem sagen zu können, was für ein beschissenes
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