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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten
Autoren: Veit Heinichen
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Lorusso steckte sich vor der Kamera die Lorbeeren an. Wollte er jetzt doch Karriere machen oder nur ein gutes Bild bei seiner Frau abgeben? »Die Steuerfahndung ist bereits damit beschäftigt, die finanziellen Verstrickungen der Unternehmungen des Ermordeten wie auch der Anwaltssozietät des Verdächtigen offenzulegen.«
    Laurenti konnte sich nur mit Mühe dazu zwingen, die Augen nicht zu verdrehen; der Staatsanwalt hatte den Befehl noch nicht einmal zu Papier gebracht und vom zuständigen Untersuchungrichter genehmigen lassen.
    Der Nachrichtensprecher fasste die Details zusammen, während eine Luftaufnahme Triests über den Bildschirm flimmerte, dann vom Bild des Toten abgelöst wurde, dem Aufnahmen von den Tatorten auf der Autobahn folgten. Der Untersuchungsrichter griff nach der Fernbedienung, doch zögerte er einen Augenblick, bevor er das Gerät abschaltete, da Laurenti im Hinausgehen von einem Reporter nach seiner Meinung gefragt wurde.
    »Der Fall macht deutlich, dass der Übergang von vorbildlichem bürgerlichen Leben zur Schwerkriminalität ein schmaler Grat ist«, kommentierte der Commissario trocken und ging aus dem Blickfeld der Kamera.
    »Staatsanwalt Lorusso ist auch Autor erfolgreicher Kriminalromane«, sagte der Sprecher, bevor er zur nächsten Meldung überging.
    »Mit Ihrer Kollegin aus Grado habe ich das Hühnchen bereits gerupft, Commissario«, sagte der Untersuchungsrichter und warf den anderen Beamten, die um den Tisch herumstanden, einen furiosen Blick zu, worauf diese an ihre Schreibtische zurückkehrten. »Die mangelnde Kooperationsbereitschaft von gleich zwei untergeordneten Dienststellen hat unsere Ermittlungen unnötig verzögert. Wenn nicht sogar gefährdet. Den Bericht für das Ministerium habe ich bereits diktiert und darin ein Disziplinarverfahren beantragt.«
    »Danke schön, Herr Untersuchungsrichter«, sagte Laurenti. »Ein wirklich weiser Schritt. Ordnung und Disziplin kann man nie genug haben. Ich hoffe, Sie haben darin festgehalten, dass Commissario Zannier Ihnen zwei Hauptverdächtige auf dem Silbertablett serviert hat und ich Mimmo Oberdan.«
    »Und vom Gold keine Spur. Keiner der drei hat bisher damit rausgerückt, wo die Beute ist. Sechzig Millionen, Commissario!«
    »Wer sagt das? Ich sehe, Sie stochern im Nebel. Knapp die Hälfte davon liegt am Bestimmungsort unversehrt im Tresorraum, Malannino. Als wäre sie nie gestohlen worden.« Laurentis Antwort war ein Tiefschlag, den er sichtlich genoss.
    »Wo?«, brüllte der Untersuchungsrichter mit hochrotem Gesicht und sprang auf. Der Stuhl fiel hinter ihm mit lautem Knall zu Boden. Die Beamten im Hangar schauten neugierig herüber. »Wo ist dieses verdammte Gold?«, schrie Malannino.
    »Kein Schrei ohne Not«, kommentierte Laurenti unbeeindruckt, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    »Wo, habe ich gefragt.«
    »Im Tresorraum der Aurum d.o.o. in Vodnjan.«
    »Ich warne Sie, Commissario. Keine Scherze.«
    »Es ist kein Scherz, Richter. Die kroatischen Kollegen haben es vor drei Stunden gefunden.«
    »Und weshalb wissen Sie das und nicht ich?« Malannino stapfte einmal um den Tisch herum.
    »Ermittlungsarbeit in einem Mordfall, Malannino.«
    »Sie kooperieren nicht, Commissario. Und Sie stecken Ihre Nase hinter meinem Rücken in meinen Fall. Dem organisierten Verbrechen wird man nur Herr, wenn …«
    »Worüber regen Sie sich eigentlich auf, Herr Untersuchungsrichter?«, unterbrach ihn Xenia milde. »Wir arbeiten doch alle nur für Sie.«
    »Und wo ist dann der zweite Teil?«
    »Finden Sie ihn«, fauchte Laurenti. »Das wissen die beiden, die Sie dank des couragierten Einsatzes der Kollegin in Gewahrsam haben. Aber wie geht es eigentlich Mimmo Oberdan?«
    »Fragen Sie ihn doch selbst.« Wütend zeigte Malannino auf den Gefangenentransporter.
    »Wartest du auf mich, Xenia?«, fragte Laurenti lächelnd, als er sich erhob, um dem Erzengel einen Besuch abzustatten.
     
    »Mein Gott, du hast mich ja ewig warten lassen«, beschwerte sich Kommissarin Xenia Ylenia Zannier. Sechs Stummel ihrer Selbstgedrehten lagen im Aschenbecher auf dem Tischchen vor der einfachen Bar an der Hauptstraße, die Ronchi dei Legionari wie eine Operationsnarbe durchzog.
    »Malannino mag Verdienste haben, so viel er mag, aber mit den Dickschädeln aus unserer Gegend hat er seine liebe Not. Ich habe ein bisschen vermittelt.«
    »Ich dachte, er platzt jeden Moment, so wie er sich aufgeregt hat. Als ich mit ihm in Rom zu tun hatte, ist
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