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Schmerzspuren

Titel: Schmerzspuren
Autoren: C. Bertelsmann
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Ich lege mich auf den Rücken. Auf dem Rücken kann ich nämlich nicht schlafen und ich habe überhaupt noch keine Lust zu pennen. Was für eine geile Party. Der Mond grinst mir fett ins Gesicht. Ich grinse fett zurück. 1.27 Uhr leuchtet der Radiowecker neben mir und ich bin hellwach. Meine Hand tut noch ein bisschen weh. Morgen habe ich bestimmt eine dicke Brandblase. Dabei hat meine Mutter drei Zentimeter ihres »Alles-wird-gute«-Arnika-Gels draufgeschmiert. Aber so ein glühender Baumstamm ist eben einfach irre heiß. Dass meine Eltern uns überhaupt erlaubt haben, zum Abschluss noch ein kleines Lagerfeuer zu machen. Die beiden waren echt cool heute Abend. Sogar als die Polizisten plötzlich im Garten standen, war mein Dad ganz gelassen. Irgendein Nachbar hatte sich wohl über den Lärm beschwert. Spießergegend! Aber wer kann schon behaupten, dass bei seinem 14. Geburtstag sogar die Bullen da waren? Nicht ganz schlecht! Auf dem Schreibtisch kann ich meine neuen Schlagzeugstöcke sehen. Erstens weil der Mond in mein Zimmer knallt. Und zweitens: Die Sticks leuchten im Dunkeln. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass ich die wirklich geschenkt bekomme. Tom und Benny haben mit ein paar andern Jungs zusammengeworfen und mir die Stöcke gekauft. Wahrscheinlich habe ich Tom und Benny einfach zu oft vorgejammert, dass ich
die unbedingt haben will. Schade, dass Philipp heute nicht dabei war. Mit dem hätte ich jetzt vielleicht noch im Garten zelten können. Das wäre echt total cool. Ich lasse ein Bein aus dem Bett baumeln und taste mit dem Fuß nach meinem neuen Skateboard, das ich direkt vors Bett gestellt habe. Sofort setzen sich die Rollen in Bewegung. Als ob sie es gar nicht abwarten könnten. So wie ich.
     
    Offenbar kann ich doch auf dem Rücken schlafen. 9.46 Uhr behauptet der Wecker. Von der Terrasse höre ich Kaffeetassengeklapper. Ich möchte am liebsten sofort mit dem neuen Board los. Oder doch lieber erst in den Keller, um ein bisschen mit den neuen Sticks zu trommeln?
    »Ben? Schläfst du immer noch? Wir frühstücken.«
    Meine Mutter steht unten an der Treppe.
    »Komme.«
    Board und Schlagzeug müssen warten.
    Ziemlich lange. Die Party hat Spuren hinterlassen. Überall im Garten liegen Becher. Der Grillrost ist total verkokelt. Irgendjemand hat ein angebissenes Würstchen mit viel Senf aufs Fußballtor gelegt. Außerdem müssen die Bänke und Tische abgebaut werden. Ich lasse mir die gute Laune nicht verderben. Dafür ist gestern bei mir die Party des Jahres gestiegen.
    Meine Mutter kommt mit einer Hose in der Hand raus.
    »Ist wieder trocken. Kannst du Benny morgen mit in die Schule nehmen.«
    Das hatte ich ja ganz vergessen. Bei seinem Luftgitarrensolo ist Benny rücklings in den Pool gefallen. Mein Vater hatte mein altes Planschbecken aufgepumpt, um die
Cola zu kühlen. Plötzlich saß Benny zwischen den Flaschen. Noch witziger sah er allerdings danach in einer von meinen Hosen aus. Ein bisschen wie ein Bockwürstchen kurz vom Platzen. Er ist echt etwas speckig.
     
    Meine erste Fahrt auf dem neuen Board endet fast nach sechs Metern. Nur mit Mühe kriege ich die Kurve vor unserer Einfahrt. Das Teil ist der Hammer! Geht ab wie ein Zäpfchen. Überhaupt nicht zu vergleichen mit dem ausgelullten Ding, mit dem ich vorher gefahren bin. Das war so aggressiv wie ein Bügelbrett auf Rollschuhen. Als ich völlig verschwitzt nach Hause komme, hat meine Mutter schon wieder eine Hose in der Hand. Die ist allerdings von mir und hat Bügelfalten! Es ist die »Oma-kommt-zum-Kaffee«-Hose.
    Ganz kurz überlege ich zu streiken. Meiner Mutter mitzuteilen, dass ich diese »helle Hose« nie wieder anziehen werde. Allein schon der Begriff! Die »helle Hose«. Als sei Hell eine Farbe.
    Ben, pass auf, du hast die helle Hose an.
    Ben, ich habe deine helle Hose gebügelt.
    Ben, häng die helle Hose bitte wieder auf einen Bügel. Die knubbelt so schnell.
     
    Ich nehme sie wortlos.
    Meine Oma ist wie immer unpünktlich. Sie kommt zu früh. Während meine Mutter Kuchen und Sahne und Würfelzucker und Kaffeesahne rausschleppt, stehe ich mit Oma auf derTerrasse.Wir starren ins Blaue. Sie streicht über meine Haare und ich rieche sofort nach Alte-Frauen-Parfüm.

    »Du siehst immer mehr aus wie ein Mädchen. Geh mal zum Friseur.«
    Meine Mutter antwortet.
    »Lass ihn doch, Mutter.«
    Sie zischt richtig. Der Satz schnellt aus ihrem Mund wie die Zunge bei einer Schlange.
    Meine Patentante kommt wie immer zu spät. Die Hälfte der
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