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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell
Autoren: Fred Vargas
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Buch
     
    An einer Metro-Station in Paris Montparnasse stellt der bretonische Seemann Joss Le Guern, hinter sich ein paar Jahre Knast, vor sich eine Menschenmenge, und verliest Lokalnachrichten. Zweimal am Tag. für 5 Francs das Stück: gebrauchte Möbel, frische Gartenbohnen, Liebesbriefe, anonyme Drohungen, junge Katzen. Sein Urahn. ›Ausrufer‹ unter dem Zweiten Kaiserreich, ist ihm in einer weinseligen Nacht erschienen und hat ihn dazu inspiriert. Seit kurzem aber linden sich unter Joss' Nachrichten Texte in einem sehr alten Französisch, gelegentlich mit Latein durchsetzt. Von kleinem Getier ist darin die Rede, das auf die Erde zurückkehren und Schrecken und Fäulnis über die Menschheit bringen werde.
    Zur gleichen Zeit erscheint am anderen finde der Stadt, auf Wohnungstüren im 18. Arrondissement, eine seitenverkehrte 4. Und als die Vieren sich mehren, und als eines Morgens der erste Tote, und dann ein zweiter, in seiner Wohnung liegt, mit Flohbissen übersät und schwarz, wie die Legende von den Pesttoten des Mittelalters berichtet, erfaßt Panik die Pariser Bevölkerung, Die Flöhe kamen mit der Post, und die Medien stürzen sich auf die sensationelle Nachricht. Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg hat zwar bald festgestellt, daß die Opfer nicht an den Flöhen pestinfizierter Ratten starben, sondern erdrosselt wurden. Um so mehr fragt er sich, ob die geheimnisvollen Vieren auf den Wohnungstüren und die immer bedrohlicheren Texte dieses Bretonen etwas miteinander zu tun haben könnten. Denn schon liegt der dritte Tote auf dem Pflaster, schwarz.
     
Autor
     
     
    Fred Vargas, hauptberuflich als Archäologin in einem Forschungsinstitut tätig, lebt in Paris. Ihre Kriminalromane, die sie ›rom.pols‹ nennt, schreibt sie fast ausschließlich in den Ferien. Dieser in deutscher Übersetzung sechste Roman der Autorin verkaufte sich in Frankreich 250.000 mal innerhalb eines Jahres. »Es gibt eine Magie Vargas«, schrieb LE MONDE schon nach ihrem dritten Buch.
     

1
     
    Und dann, wenn Schlangen, Fledermäuse, Dachse und all die anderen Tiere, die in den Tiefen unterirdischer Gänge hausen, in Massen auf die Felder strömen und ihren angestammten Lebensraum verlassen; wenn Obst und Gemüse zu faulen beginnt und von Würmern befallen wird (...)
     
     

2
    Die Leute in Paris laufen viel schneller als in Le Guilvinec, das hatte Joss schon lange festgestellt. Jeden Morgen strömten die Fußgänger mit einer Geschwindigkeit von drei Knoten durch die Avenue du Maine. An diesem Montag machte Joss fast dreieinhalb Knoten, um eine zwanzigminütige Verspätung aufzuholen. Das lag daran, daß sich der gesamte Kaffeesatz über den Küchenboden verteilt hatte.
    Das hatte ihn nicht weiter überrascht. Schon lange hatte Joss begriffen, daß den Dingen ein geheimes, bösartiges Leben innewohnte. Abgesehen vielleicht von bestimmten Deckaufbauten, die ihn noch nie angegriffen hatten, war die Welt der Dinge seit bretonischem Seemannsgedenken ganz offensichtlich von einer Kraft erfüllt, die auf nichts anderes abzielte, als den Menschen zur Weißglut zu treiben. Jeder kleinste Fehler bei der Handhabung löste - indem er dem Ding eine wenn auch noch so unbedeutende plötzliche Freiheit bot - automatisch eine Kettenreaktion von Vorfällen aus, die sich von einer bloßen Unannehmlichkeit bis zur Tragödie steigern konnten. Der Korken, der den Fingern entgleitet, war dabei das Grundmodell in kleiner Form. Denn ein fallengelassener Korken rollt nicht einfach vor die Füße des Menschen zurück, der ihn fallen läßt, keineswegs. Wie eine Spinne, die an einen unzugänglichen Ort flüchtet, zieht er sich bösartig hinter den Herd zurück und stellt seinen Verfolger, den Menschen, vor eine Reihe unterschiedlichster Bewährungsproben - Verschieben des Herdes, Lösen des Anschlusses, Hinunterfallen des Werkzeugs, Verbrennung. Der Fall heute morgen war eine etwas komplexere Verkettung mehrerer Elemente, ausgelöst durch einen harmlosen Fehlwurf, der zur Destabilisierung des Abfalleimers sowie seinem seitlichen Kippen und zur Verteilung des Kaffeefilters samt Inhalt auf dem Fußboden geführt hatte. Auf diese Weise gelang es den Dingen, getrieben von legitimen Rachegelüsten, die sich aus ihrem Sklavendasein speisten, für kurze, aber intensive Augenblicke dem Menschen ihrerseits ihre geheimnisvolle Macht aufzuzwingen, ihn dazu zu bringen, sich zu winden und zu kriechen wie ein Hund, wobei sie weder Frauen noch Kinder verschonten. Nein, um
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