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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten
Autoren: Veit Heinichen
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sein Partner werden würde.«
    »Das sind Taschenspielertricks, Proteo.«
    »Sie funktionieren oft genug. Sobald Unterberger auspackt, wird es eng. Nicht nur für Galimberti. Das Gold muss in Umlauf gebracht werden, sonst hat niemand etwas davon. Agim kann das über die Aurum versuchen.«
    Die Staatsanwältin hatte sich erst nach achtzehn Uhr bei Laurenti gemeldet, als die Ergebnisse der Inventur feststanden und sie die beiden Geschäftsführer des Unternehmens noch einmal verhört hatte. Ein Gutachter der Deutschen Bundesbank war am Morgen aus Frankfurt über den Flughafen Triest eingeflogen, wo er von Goran Ivanić abgeholt wurde, der von Zagreb herübergefahren war. In Vodnjan hatte der deutsche Gutachter sogleich die Lagerbestände in Augenschein genommen und anhand der Listen eine erste vorsichtige Bewertung abgegeben, die nach dem Abgleich durch die kroatischen Finanzbeamten keine wesentliche Diskrepanz zu den Büchern aufwies.
    Beim Mittagessen mit Ivanić hatte sich der rotgesichtige und leicht übergewichtige, hochgewachsene Mittvierziger namens Bernhard Heeker als Gourmet und Weinkenner geoutet, der Istrien auf der Speisekarte noch nicht für sich entdeckt hatte. Er kritisierte, dass die Pasta mit dem Sommertrüffel von einer Sahnesoße erstickt wurde, der Trüffel selbst geraspelt und nicht gehobelt worden war, was zwar das Volumen der Knolle erhöhte, dafür aber das Aroma vernichtete. Außerdem hatte ein schlauer Koch synthetisches Trüffelöl als Geschmacksverstärker darübergegossen, das ihm die nächsten Stunden aufstoßen werde. Hingegen gefiel ihm das Glas istrischer Malvasia, von dem er sich entgegen seiner Vorsätze sogar nachschenken ließ. Ivanić sagte, er bevorzuge die Weine Dalmatiens, vor allem die körperreichen, tanninhaltigen Roten Dingač und Plavac mali.
    »Übrigens«, sagte Heeker plötzlich. »Weshalb lagern die eigentlich Wein im Tresorraum?«
    »Welchen Wein?«, fragte Ivanić.
    »Beim Rundgang ist mir ein überschaubarer Stapel Holzkistchen auf einer Palette ins Auge gefallen. Ribolla Gialla aus dem Friaul«, sagte Heeker. »Mir ist er zu trocken und zu lebhaft im Geschmack. Aber das Logo kenne ich aus Südtirol. Ein Buntspecht an seinem Nistkasten. Gewürztraminer ist mehr nach meinem Geschmack.«
    »Zu aromatisch«, sagte Ivanić und unterbrach sich. Er runzelte die Stirn und zögerte einen Augenblick, bevor er zum Telefon griff und seine Chefin anrief, die sich selbst so wenig wie den Geschäftsführern der Aurum d.o.o. während des Verhörs eine Pause gönnte. Ihre Stimme klang anfangs ärgerlich, aufgrund einer derartigen Lappalie gestört zu werden. Gemeinhin werde Wein in Kellern gelagert, sagte sie spitz. Erst nachdem Goran Ivanić gemeint hatte, dass man aber nur seltenste und außergewöhnlich wertvolle Tropfen im Tresor aufbewahrte, lenkte sie ein.
    Als er mit Heeker zur Aurum zurückkehrte, lag das Ergebnis bereits vor. Der Gutachter der Bundesbank überprüfte die Vierhundert-Feinunzen-Barren anhand der Stempel und Prägezeichen mit der aus Italien vorliegenden Liste. Sie machten knapp die Hälfte des Raubgoldes aus.
    »Du glaubst also wirklich, dass Galimberti seinen Chef hintergangen hat?«, fragte Živa Ravno.
    »Ich bin fest davon überzeugt, dass Spechtenhauser dem Anwalt den Auftrag gegeben hat, seinen letzten Coup von Unterberger, Cassara und deren Männer ausführen zu lassen. Warte bitte einen Augenblick.« Laurenti hatte das Mobiltelefon kurz von der Schulter genommen, als er vor der Schranke der Zahlstelle der Autobahnabfahrt hielt und in seiner Hosentasche nach Münzen kramte; als er auf dem Zubringer zum Flughafen war, konnte er das Gespräch fortsetzen. »Unterberger und Cassara hatten nicht die geringste Ahnung, wer der wirkliche Auftraggeber war. Spechtenhauser hat die Sache üppig vorfinanziert. Alle bisher Verhafteten trugen große Summen Bargeld mit sich. Die erste Rate vermutlich. Jeder um die fünfzigtausend. Als der Transporttermin feststand, wurde Galimberti übermütig. Erledigte er Spechtenhauser, wäre er es, der abkassierte.«
    »Weil kein anderer davon wissen konnte«, stimmte Živa zu.
    »Das würde ich nicht beschwören. Galimberti hat vorher diesen Agim eingeweiht, allein konnte er eine solche Menge Gold unmöglich in Geld umwandeln. Nach Spechtenhausers Tod war ein Machtvakuum in der Firma abzusehen, das Agim nutzen sollte, bevor die Erben sich einarbeiteten. Es geht schließlich nicht um Kleingeld.«
    »Denkbar ist das. Und
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